Energiewende:Wer rettet die Welt?

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Die öffentlichen Gebäude in Zorneding werden nach und nach mit PV-Anlagen ausgestattet. Die örtliche SPD wollte nun auch die Bürger in die Pflicht nehmen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Mehr Verantwortung für die Bürger in Sachen Klimaschutz: Die Zornedinger SPD will ein entsprechendes Sofortprogramm initiieren. Andere Fraktionen sehen darin eine Gängelei der Bevölkerung.

Von Andreas Junkmann, Zorneding

Krieg in der Ukraine, fortschreitender Klimawandel, exorbitante Preise - es gibt viele Gründe, in Sachen Energiewende nun endlich ernst zu machen. Besonders im Landkreis Ebersberg drängt die Zeit, hat man sich doch zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 frei von fossilen Energieträgern zu werden. Das hat nun die Zornedinger SPD zum Anlass genommen, ein "Sofortprogramm Energieprojekte" aufzulegen, in dem sie unter anderem den Bürgerinnen und Bürgern Wege aufzeigen will, wie sie den Klimaschutz vorantreiben können. Die Gemeinde Zorneding behandele die Energiewende "nicht weiter als freiwillige Leistung, sondern macht sie zur Pflichtaufgabe der Daseinsvorsorge", heißt es in dem Schreiben der Sozialdemokraten. Dieses jedoch kommt bei den meisten anderen Fraktionen im Gemeinderat nicht gut an: Sie sehen darin nicht weniger als eine Gängelei der Bevölkerung.

Dabei hatte SPD-Gemeinderätin und Zweite Bürgermeisterin Bianka Poschenrieder zuvor noch ein flammendes Plädoyer gehalten, um Werbung für das Sofortprogramm zu betreiben. "Wir wissen, der Einzelne kann nicht die Welt retten. Aber jeder Beitrag zählt, und wir tun viel zu wenig", so Poschenrieder. Es sei an der Zeit, nun endlich zu handeln, schließlich seien bis 2030 lediglich acht Jahre übrig. "Wenn ein Haus brennt, geht man auch nicht mit der Gießkanne her, sondern ruft die Feuerwehr und legt voll los", sagte die SPD-Politikerin mit Blick auf den fortschreitenden Klimawandel. Der Maßnahmenkatalog sollte nun dazu beitragen, Energieprojekte im privaten und öffentlichen Bereich ohne weiteren Zeitverlust umzusetzen.

Weniger Dachgauben, dafür mehr Photovoltaikanlagen

So sollen etwa alle Hausbesitzer in der Gemeinde, auf deren Dächern noch Platz für Photovoltaik ist, schriftlich aufgefordert werden, die Installation einer Anlage zu prüfen. Im Straßenverkehr fordert die SPD, dass Fußgänger und Radfahrer auf Basis eines Gutachten "bevorzugte Berücksichtigung" erfahren, außerdem soll die E-Ladeinfrastruktur für Tiefgaragen bei Hausverwaltungen aktiv beworben werden. Im Bereich Bauen sprechen sich die Sozialdemokraten für eine Solarpflicht auf allen neuen Gebäuden aus, zudem sollen etwa Dachgauben beschränkt und dafür PV-freundliche Dachneigungen sowie die Ausrichtung der Firstlinie vorgeschrieben werden.

Eine Gemeinde könne nur im eigenen Wirkungsbereich direkt handeln, sie könne aber in vielen Bereichen als Vorbild und Ideengeberin dienen, heißt es in der Begründung des Antrags. "Sie sollte regulierend und unterstützend mit konkreten Angeboten das Handeln privater Bürger anregen sowie die zukunftsfähige Ausrichtung von Unternehmen unterstützen", so die SPD.

Die SPD wolle "Daumenschrauben bei Hauseigentümern ansetzen"

Besonders der letzte Satz ließ bei dem ein oder anderen Gemeinderat in Reihen von CSU und FDP die Gesichtszüge entgleisen. Die SPD wolle hier "Daumenschrauben bei Hauseigentümern ansetzen", sagte etwa Siad-Matthias Abdin-Bey. Die vorgebrachten Ideen seien zwar "nett", allerdings hätte viele Bürger die Vorschläge bereits auf dem Schirm. Außerdem könne sich nicht jeder eine PV-Anlage auf dem Dach leisten. "Ich finde den Antrag teilweise ein bisschen drüber", so Abdin-Bey. Noch etwas deutlicher wurde Ferdinand Glasl (CSU), der gar von einer "amtlichen Gängelei" der Bürger sprach. Statt dieser "Vorschriften-Ansammlung" solle man lieber auf Aufklärung setzen und darauf vertrauen, dass die Bürger von selbst bei der Energiewende mitmachen.

Unterstützung bekam die SPD dagegen von Linken-Gemeinderätin Ramona Baumgartner, die vor allem Hausverwaltungen und größere Eigentümergemeinschaften im Blick hatte. "Bei den Tiefgaragen-Ladeplätzen haben wir ein Förderprogramm aufgelegt. Aber wenn wir das keinem sagen, dann nutzt es auch keiner", so Baumgartner. Moritz Dietz (Grüne) forderte in dem Zusammenhang, die Stelle der Klimaschutzmanagerin auf Vollzeit aufzustocken. "Wir haben nicht viel Zeit. 2030 ist schneller da, als man denkt", sagte der Dritte Bürgermeister.

Landwirte leiden bereits jetzt unter den Folgen des Klimawandels

Ähnlich sah das Franz Lenz (Freie Wähler), der noch einen Schritt weiter ging und eine Petition des Gemeinderates an die Staatsregierung forderte. Darin sollten alle Bauherren zur Installation einer PV-Anlage verpflichtet werden. "Wir als Landwirte spüren den Klimawandel jetzt schon", so Lenz, der in Sachen Energiewende vor allem Bund und Länder in der Pflicht sieht. Das wird auch der weitere Weg in der Gemeinde Zorneding sein, denn der SPD-Vorstoß, den Bürgern mehr Verantwortung zu übertragen, scheiterte am Veto von CSU, FDP und den Freien Wählern.

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