Flugblatt-Affäre:Freie Wähler kehren ihrer Partei den Rücken

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Die Zornedinger Gemeinderatsfraktion will nicht länger die Fahne der Freien Wähler hochhalten und kehrt der Partei geschlossen den Rücken. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Die Zornedinger Gemeinderatsfraktion tritt künftig wieder als unabhängige Freie Wählergemeinschaft auf. Hintergrund ist unter anderem die Flugblatt-Affäre um den Parteivorsitzenden Hubert Aiwanger.

Von Andreas Junkmann, Zorneding

Paukenschlag im Zornedinger Gemeinderat: Die Fraktion der Freien Wähler kehrt ihrer Partei geschlossen den Rücken und tritt künftig wieder als unabhängige Freie Wählergemeinschaft Zorneding-Pöring (FWG) auf. Das gab Fraktionssprecher Wilhelm Ficker in der Gemeinderatssitzung am Donnerstagabend bekannt. Zusammen mit den Mitgliedern der FWG hat die Fraktion in einer Sondersitzung beschlossen, eine klare Abgrenzung zur Partei der Freien Wähler zu ziehen, wie Ficker sagte. "Anlass ist die aktuelle Situation und bereits frühere Äußerungen aus der Partei Freie Wähler", so der Fraktionssprecher. Den Namen Hubert Aiwanger nahm Ficker in seinem Statement zwar nicht in den Mund, zwischen den Zeilen war aber klar ersichtlich, dass die zuletzt immer populistischer werdenden Auftritte des Parteichefs sowie die Flugblatt-Affäre und deren Nachwirkungen ausschlaggebend für diesen Schritt waren.

Der Freie-Wähler-Chef und stellvertretende bayerische Ministerpräsident wurde SZ-Recherchen zufolge als Schüler mit einem antisemitischen Pamphlet in der Tasche erwischt, dafür wurde er vom Disziplinarausschuss der Schule auch bestraft. Aiwanger bestritt alle Vorwürfe zunächst pauschal und präsentierte schließlich seinen Bruder Helmut als Verfasser des Flugblatts. In der Folge meldeten sich weitere Personen bei der SZ, die erklärten, der heutige bayerische Wirtschaftsminister sei während seiner Gymnasialzeit wiederholt mit rechtsextremem Gedankengut aufgefallen. Dieser wiederum versucht sich seither als Opfer einer "Schmutzkampagne" zu inszenieren, wahlweise losgetreten durch die Grünen, die SPD, einen ehemaligen Lehrer oder die Süddeutsche Zeitung.

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Zumindest in den sozialen Medien folgen viele Mitglieder und Funktionsträger der Freien Wähler der Auffassung ihres Chefs und lassen kaum eine Gelegenheit verstreichen, Misstrauen gegen Medien und die anderen Parteien zu streuen. Von all dem wollen die Mitglieder der Zornedinger Gemeinderatsfraktion, zu der neben Wilhelm Ficker auch der ehemalige Kreisobmann des Bayerischen Bauerverbands und Bio-Landwirt Franz Lenz sowie dessen Sohn Martin gehören, offenbar nichts wissen. "Wir sehen unsere Arbeit darin, parteipolitische freie und gute Entscheidungen zum Wohl unserer Gemeinde Zorneding gemäß der Satzung unseres Vereins zu leisten", sagte Ficker in seiner Stellungnahme.

Konsequenzen für den Zornedinger Gemeinderat bringt diese Entscheidung nicht mit sich. Alle drei Mitglieder werden dem Gremium weiterhin angehören und auch ihre Sitze in den Ausschüssen behalten. Eine Veränderung könnte es allerdings noch beim Namen der neuen FWG-Fraktion geben, wie Ficker ankündigte: Da eine Abgrenzung zwischen dem Vereinsnamen Freie Wählergemeinschaft zur Partei der Freien Wähler schwierig sei, soll bei der nächsten Hauptversammlung eine Namensänderung beschlossen werden. Damit hätte sich die Fraktion dann auch für jeden sofort ersichtlich von der Aiwanger-Partei losgelöst.

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