SZ-Pflegekolumne: Auf Station, Folge 117:Konsil per Video

Lesezeit: 2 min

Als das Telemedizin-Netzwerk "Tempis" 2003 an den Start ging, kooperierten zwölf Kliniken. Mittlerweile sind es doppelt so viele. (Foto: Sebastian Gollnow/dpa)

Obwohl es in der Ebersberger Kreisklinik, wie in vielen kleineren Krankenhäusern, keine Neurologie gibt, können Schlaganfall-Patienten bestens versorgt werden - dank Telemedizin. Pola Gülberg erklärt, wie das funktioniert.

Protokoll: Johanna Feckl, Ebersberg

Wenn jemand einen Schlaganfall erleidet, rennt die Zeit: Je länger es dauert, bis eine entsprechende medizinische Behandlung begonnen wird, desto größer das Risiko für bleibende Schäden - typischerweise sind das Lähmungen bestimmter Körperteile oder sogar einer kompletten Körperhälfte oder Sprachstörungen und -schwierigkeiten. Wenn also jemand in Baiern am südlichsten Zipfel des Landkreises Ebersberg einen Schlaganfall bekommt, die Symptome zunächst nicht richtig deuten kann und sich erst nach zwei oder drei Stunden auf dem Weg in die fast 20 Kilometer entfernte Ebersberger Kreisklinik macht, wo es aber keine Neurologie gibt und er also entweder nicht von entsprechenden Fachärzten versorgt werden kann oder sogar gleich weiter nach München in eine neurologische Klinik geschickt wird - dann ist es ziemlich sicher zu spät.

Sollte der Betroffene also lieber gleich die 40 Kilometer nach München in eine Klinik mit Neurologie fahren? Oder etwas spitzer formuliert: Hat der Betroffene aus Baiern dann halt einfach Pech gehabt?

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Nein, auf gar keinen Fall. Denn zum Glück würde ein solches Szenario gar nicht eintreten: Niemand würde in der Ebersberger Klinik einfach weitergeschickt werden, ebenso wenig wie dort dann Ärzte, die keine Neurologen sind, irgendwie an einem Schlaganfall-Patienten vor sich dahinwursteln.

Für solche Fälle gibt es "Tempis", abgekürzt für "Telemedizinisches Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung" - Telemedizin also. Mittlerweile sind 25 Kooperationskliniken aus der Region daran angeschlossen, die Ebersberger Kreisklinik ist eine davon. Besteht bei einem Patienten der Verdacht auf einen Schlaganfall, erhalten die Ebersberger Ärzte per Videokonferenz Unterstützung durch einen Arzt aus zwei neurologischen Spezialkliniken. Eines dieser Zentren ist in München ansässig, das andere in Regensburg.

Klar gibt es bei Schlaganfällen eine Standardtherapie und unsere Internisten sind bestens qualifiziert, diese durchzuführen. Aber nicht alle Patienten entsprechen dem Standardpatienten. Deshalb braucht es die Verantwortung von den Spezialisten über Tempis.

Intensivfachpflegerin Pola Gülberg von der Ebersberger Kreisklinik. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

In Ebersberg gibt es seit Herbst 2021 eine eigene Station für Schlaganfall-Patienten, die "Stroke-Unit" - alles möglich durch Telemedizin. Dort gibt es einen Tempis-Behandlungsraum, der technisch entsprechend ausgestattet ist, um die Videokonferenzen durchzuführen. Bei uns auf der Intensivstation landen die Patienten nur dann, wenn die Betten auf der Stroke allesamt belegt sind, oder wenn andere Komplikationen zum Schlaganfall hinzukommen, die die Versorgung bei uns notwendig machen. Ich selbst war deshalb noch nie bei einer solchen Tempis-Vorstellung dabei.

Tempis ist eine ziemlich tolle Sache, mit deren Hilfe jedes Jahr mehr als 10 000 Schlaganfallkonsile in den kooperierenden Kliniken in ganz Süd-Ost-Bayern durchgeführt werden können - und zwar rechtzeitig.

Pola Gülberg ist Intensivfachpflegerin. In dieser Kolumne erzählt die 39-Jährige jede Woche von ihrer Arbeit an der Kreisklinik in Ebersberg. Die gesammelten Texte sind unter sueddeutsche.de/thema/Auf Station zu finden.

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