SZ-Pflegekolumne: Auf Station, Folge 125:Corona ist zurück

Lesezeit: 2 min

Nach dem Rosenheimer Herbstfest und der Münchner Wiesn haben sich die Fälle mit einer Corona-Nebendiagnose in der Ebersberger Kreisklinik gehäuft. (Foto: Martin Schutt/dpa)

Seit einer Weile häufen sich auf der Intensivstation von Pola Gülberg wieder die Covid-Fälle - vor allem solche, bei denen das Virus eine Nebendiagnose ist. Isoliert müssen sie trotzdem behandelt werden, das hat Konsequenzen für die Pflege.

Protokoll: Johanna Feckl, Ebersberg

Neulich habe ich gerade einen meiner Patienten versorgt, als eine Putzkraft die Zimmertür aufschob. Sie blieb im Türrahmen starr stehen, ihr Gesicht sah erschrocken aus. "Oh", entfuhr es ihr schließlich, "muss ich auch wieder eine Maske tragen?" Da erst wurde mir klar, dass sie mein begrüßendes Lächeln gar nicht sehen konnte - das war unter einer Maske verborgen.

Nachdem im Frühjahr die Maskenpflicht auch in Gesundheitseinrichtungen gefallen war, haben meine Kolleginnen und ich im Sommer, als kaum jemand Corona hatte, sie nur noch zu speziellen Tätigkeiten getragen, zum Beispiel bei der Mundpflege. Oder wenn der eigene Urlaub kurz bevorstand und eine Corona-Erkrankung kaum unpassender hätte sein können. Und bei Isolationspatienten natürlich, da ist unter anderem eine Maske Pflicht - das war sie auch schon vor Corona.

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Seit ein paar Wochen aber greifen wir wieder vermehrt zur Maske, ganz egal welche Patienten wir versorgen. Weil Corona auf unserer Station wieder zu spüren ist.

Vor kurzem lagen insgesamt fünf positive Patienten bei uns, nur einer von ihnen tatsächlich wegen seiner Covid-Erkrankung. Bei den übrigen war Corona eine Nebendiagnose. Das Problem bei solchen Fällen ist: Auf den meisten Stationen gibt es keine Möglichkeit, die Betroffenen zu isolieren. Also kommen sie eben zu uns. Zum Beispiel der Mann, der einen Schlaganfall erlitten hat. Oder der, bei dem ein operativer Routineeingriff vorgenommen werden musste. Sowohl auf der Stroke-Station als auch im Aufwachraum stehen nur Mehrbettzimmer zu Verfügung.

Patienten mit einem positiven Befund müssen wir in jedem Fall isolieren, das wäre sonst wie Roulette: Ja, viele Menschen haben harmlose Verläufe. Doch es gibt eben auch die anderen, bei denen Corona alles andere als ein Zuckerschlecken ist. Woher sollen wir wissen, wer zu welcher Gruppe gehört? Das Risiko will niemand auf sich nehmen.

Intensivfachpflegerin Pola Gülberg von der Ebersberger Kreisklinik. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

An jenem Tag kamen zu den zwei Corona-Einzelzimmern und einem Corona-Cohortenzimmer zwei weitere Iso-Zimmer hinzu - bei beiden ging es um Keime, die auf Intensivstation isolierpflichtig sind. Also: Fünf Zimmer, die wir nur mit Schutzausrüstung betreten konnten.

Ich habe das Gefühl, dass die Existenz von Corona bei vielen Menschen völlig in Vergessenheit geraten ist. Schon ein paar Mal habe ich im privaten Umfeld bei entsprechenden Symptomen gefragt "Und, hast du dich schon getestet?" - und wurde irritiert angeschaut, "Nö, wieso?" lautete dann die Antwort.

Corona ist nicht mehr so wie vor drei Jahren. Zum Glück. Aber es ist eben auch nicht weg, und hat nach wie vor negative Auswirkungen - sei es auf manche Erkrankte selbst, sei es auf die Kapazitäten in der Gesundheitsversorgung. Denn isolationspflichtige Patienten haben einen viel höheren Versorgungsaufwand. Ich würde mir wünschen, dass das mehr in den Köpfen präsent ist. Und dass sich die Leute bei Symptomen einfach kurz testen, zu Hause bleiben oder mit Maske aus dem Haus gehen, um das Virus möglichst nicht zu verbreiten.

Pola Gülberg ist Intensivfachpflegerin. In dieser Kolumne erzählt die 39-Jährige jede Woche von ihrer Arbeit an der Kreisklinik in Ebersberg. Die gesammelten Texte sind unter sueddeutsche.de/thema/Auf Station zu finden.

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