Verkehr in Bayern:Kirchseeoner wehren sich gegen Brenner-Nordzulauf

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Der Brenner-Nordzulauf im Landkreis Ebersberg soll ein Teilstück einer großen Güterverkehrsachse quer durch Europa werden. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Bei einer Informationsveranstaltung in der ATSV-Halle sollen Schritte besprochen werden, wie sich das Mega-Projekt möglichst anwohnerfreundlich umsetzen lässt.

Von Andreas Junkmann, Kirchseeon

Wenn der Verkehr durchs heimische Wohnzimmer rollt, ist das zumeist eine Metapher für störende Lärmbelästigung. In Kirchseeon könnte dieses Szenario nun aber quasi zur Realität werden: Im Zuge der Planungen für den Zulauf zum Brenner-Basistunnel will die Deutsche Bahn unter anderem ein rund 8,5 Meter hohes "Überwerfungsbauwerk" im Süden der Marktgemeinde errichten. Was für den Schienenkonzern einen Beitrag zum Naturschutz darstellt, wird für unmittelbaren Anlieger hingegen eine große Belastung sein. Um diese Konstruktion, aber auch um andere offene Fragen rund um den Brenner-Nordzulauf soll es bei einem Infoabend am Donnerstag, 19. Mai, in der Kirchseeoner ATSV-Halle gehen.

Dazu eingeladen hat die Marktgemeinde zusammen mit dem örtlichen Arbeitskreis Bahnlärm, der - wie der Name bereits sagt - immer wieder auf die zu erwartende Lautstärke verweist, wenn die Züge nach Fertigstellung der Trasse von der österreichischen Grenze in Richtung München rollen. Die genaue Streckenführung steht zwar noch nicht fest, klar ist aber, dass die Schienen auch durch den südlichen Landkreis Ebersberg verlaufen werden. Ab Grafing sollen dann nach derzeitigem Planungsstand die bereits vorhandenen Gleise genutzt werden.

In zahlreichen Landkreis-Gemeinden gab es bereits Proteste gegen den Brenner-Nordzulauf. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Das wirft beim Kirchseeoner Arbeitskreis allerdings mehrere Fragen auf. "Für uns ist es nur sehr schwer vorstellbar, wie vier voll ausgebaute Gleise ab Kirchseeon bis nach München ohne weitere Einschränkungen über nur zwei Gleise geführt werden sollen", schreiben die Initiatoren in der Ankündigung zur Infoveranstaltung. Man sehe durch die geplante Blockverdichtung - beim Arbeitskreis geht man etwa von einer Verdoppelung der Zugzahlen aus - den geregelten S-Bahn-Verkehr in Gefahr.

Doch auch der Lärm bereitet den Kritikern des Mega-Projekts Sorgen. "Kirchseeon ist bereits heute eingekesselt zwischen der B304 und dem Schienenstrang", heißt es vom Arbeitskreis. Nach heutiger Prognose sei nach dem Bau des Brenner-Nordzulaufs mit etwa mit 428 Güter- und Personenzügen pro Tag zu rechnen, also theoretisch alle 3,5 Minuten ein Zug. "Sobald der eine Zug am Lärmhorizont verschwindet, nähert sich der nächste Zug bereits an. Dies wird eine Dauerbelastung sein, und S-Bahnen sind hier noch nicht einmal eingerechnet", so die Initiatoren.

In Kirchseeon ist die Lärmbelastung bereits jetzt auf gesundheitsschädlichem Niveau

Tatsächlich sind die Kirchseeoner bereits jetzt erheblich vom Zugverkehr geplagt, wie ein aktuelles Lärmgutachten zeigt, das der Gemeinderat kürzlich in Auftrag gegeben hat. Demnach erreicht der Geräuschpegel in den Wohngebieten zwischen Schienen und Bundesstraße teils sogar ein gesundheitsschädliches Niveau. Beim Arbeitskreis fordert man deshalb bereits seit langem ein Entgegenkommen der Bahn in Sachen Lärmschutz. Bisher gebe es aber keinerlei Zusagen, da im Bereich Kirchseeon eben keine neuen Gleise verlegt würden. "Diese Ungleichbehandlung sollten wir nicht hinnehmen", heißt es im Schreiben des Arbeitskreises.

Diesem ist auch das eingangs erwähnte "Überwerfungsbauwerk" ein Dorn im Auge - ein insgesamt rund zwei Kilometer langer Abschnitt im Süden von Osterseeon mit zwei Rampen. Etwa 400 Meter davon werden die Züge in luftiger Höhe von 8,5 Meter passieren. Hintergrund dieser Planung ist neben dem Aspekt der geringeren Flächenversiegelung auch eine bessere Taktung des Schienenverkehrs, der sozusagen in zwei Etagen übereinander fahren kann. Dieses Bauwerk habe die Gesamthöhe eines zweistöckigen Wohnhauses, kritisiert dagegen der Arbeitskreis, außerdem werde die dadurch entstehende Lärmemission Auswirkungen auf große Bereiche des Ortes haben.

Für die Mitglieder des Arbeitskreises ist deshalb klar, dass man die Planungen der Deutschen Bahn nicht einfach so hinnehmen will. Bei der Informationsveranstaltung sollen deshalb auch Schritte besprochen werden, wie sich die Bürger gegen das Projekt wehren können. Zwar werde der Brenner-Basistunnel voraussichtlich erst im Jahr 2030 eröffnet, grundlegende Entscheidungen müssten dem Arbeitskreis zufolge aber bereits in den kommen Monaten getroffen werden - "mit deutlichen Auswirkungen auf Wohnqualität und Gesundheit für uns und nachfolgende Generationen".

Informationsveranstaltung zum Brenner-Nordzulauf am Donnerstag, 19. Mai, um 19 Uhr in der ATSV-Halle Kirchseeon, Sportplatzweg 7.

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