Arbeitslosigkeit:"Wir sind keine Sanktionsbehörde"

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"Ich habe das Jobcenter Ebersberg nie als Sanktionsbehörde verstanden", unterstreicht Geschäftsführer Benedikt Hoigt. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Von Juli an werden die Leistungskürzungen gegen Hartz-IV-Empfänger auch im Landkreis Ebersberg für ein Jahr ausgesetzt. Ist das nun ein Freifahrtschein für Arbeitsmuffel?

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Arbeitssuchende, die sich weigern einen Job anzunehmen, können von Juli an dafür nicht mehr sanktioniert werden. Diese Entscheidung hatte zunächst der Bundestag getroffen, nun billigte auch der Bundesrat den Beschluss. Für ein Jahr sollen demnach die Sanktionen für Hartz-IV-Empfänger weitestgehend ausgesetzt werden. Nur bei außergewöhnlichen Verstößen sei es weiterhin möglich, die Leistungen zu kürzen. Hat die Politik damit also einen Freifahrtschein für Arbeitsmuffel ausgestellt?

Nein, sagt Benedikt Hoigt, Geschäftsführer des Ebersberger Jobcenters. "Wir versuchen mit unseren Kunden auf Augenhöhe zu interagieren", so der Behördenleiter, der den Wegfall der Sanktionen deshalb nicht überbewerten will. Im vergangenen Jahr seien deutschlandweit lediglich rund drei Prozent der Leistungsempfänger mit einer Sanktion belegt worden und auch in Ebersberg gehe man mit dieser Maßnahme recht sparsam um. "Für uns spielt das eine untergeordnete Rolle", sagt Benedikt Hoigt über die Entscheidung aus Berlin. In seiner Behörde habe man bereits in der Vergangenheit viel auf die Eigenmotivation der Arbeitssuchenden gesetzt. "Die harte Hand bringt niemanden weiter", ist der Jobcenter-Chef überzeugt.

In Ebersberg setzt man auf Gespräche statt Sanktionen

Ganz ohne Sanktionen ging es in Ebersberg bisher allerdings auch nicht. So seien vereinzelt Leistungskürzungen bei Meldeversäumnissen ausgesprochen worden, wie Hoigt erzählt. Das Mittel der Wahl sei diese Art der Maßregelung aber nie gewesen, "wir sind schließlich keine Sanktionsbehörde", so der Geschäftsführer des Jobcenters. Dort setzt man seit jeher lieber auf "niederschwellige Angebote", wie Hoigt sagt. Gemeint sind etwa Sozialarbeiter, die Leistungsempfänger bei Problemen auch zu Hause besuchen, um gemeinsam eine Lösung zu finden.

Denn die Gründe, warum etwa jemand seinen vereinbarten Termin in der Ebersberger Behörde verpasst, seien vielfältig, wie Hoigt erzählt. "Das reicht von vergessen, bis hin, dass jemand gar nicht mehr auffindbar ist." Manchmal sei aber auch eine Erkrankung wie etwa eine Depression die Ursache dafür, dass ein Arbeitssuchender seinen Pflichten nicht nachkomme. In solchen Fällen seien Sanktionen ohnehin nur bedingt sinnvoll. "Bei uns spielt sich ganz viel im individuellen Bereich ab", sagt Hoigt. Pauschale Druckmittel, wie sie die Sanktionen sind, seien deshalb in den wenigsten Fällen zielführend.

Die Aussetzung der Leistungskürzungen kommt Benedikt Hoigt und seinen Mitarbeitern deshalb sogar entgegen. Nun können sie mit politischer Rückendeckung den Weg weiterverfolgen, den sie zuvor ohnehin bereits eingeschlagen haben, oder wie der Jobcenter-Chef sagt: "Wir haben auch zuvor schon versucht, Probleme im Gespräch zu klären." Und so soll es in der Ebersberger Behörde auch weiterhin gehandhabt werden.

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