Bahnverkehr in Bayern:Die wichtigsten Fragen zum Brenner-Nordzulauf

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Das Mega-Projekt Brenner-Basistunnel hat unmittelbare Auswirkungen für den Landkreis Ebersberg, denn durch diesen soll die geplante Zugstrecke nach München führen. (Foto: Matthias Arnold/dpa)

Die Deutsche Bahn hat einen umfassenden Antwortenkatalog zur möglichen Neubaustrecke im Landkreis Ebersberg vorgelegt. Darin erklärt sie auch, warum ein Ausbau der bestehenden Trasse keine Option ist.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Mit Unverständnis haben die Projektplaner der Deutschen Bahn auf den Boykott des jüngsten Dialogforums durch mehrere Vertreter aus dem Landkreis Ebersberg reagiert. Politiker, Mitglieder von Bürgerinitiativen und Verantwortliche des Bauernverbands hatten dem Schienenkonzern in einem offenen Brief vorgeworfen, bei der Planung der Ausbaustrecke für den Brenner-Nordzulauf im südlichen Landkreis keine Kompromisse einzugehen und Fragen unbeantwortet zu lassen. Nun hat die Bahn mit einem umfassenden Antwortkatalog auf das Schreiben aus Ebersberg reagiert, der als Grundlage für weitere Gespräche zwischen den Parteien dienen soll. Hier die wichtigsten Antworten der DB Netz AG zum Großprojekt.

Ist es richtig, dass aufgrund fahrdynamischer Prozesse wie Beschleunigungs- und Bremswege die Trassierungsgeschwindigkeit zwischen Grafing und Kufstein nicht überall 230 Stundenkilometer betragen kann?

DB Netz AG: Als einzige Ausnahme von der Geschwindigkeitsvorgabe ist die Einbindung der Neubaustrecke in den Bestand nördlich von Grafing anzusehen. Nur in diesem Bereich, in dem Züge beschleunigen und bremsen, kann die Geschwindigkeit niedriger als 230 Kilometer in der Stunde liegen. Außerhalb dieses Bereichs wird die Strecke zwischen Grafing und Kufstein durchgehend für eine maximale Streckengeschwindigkeit von 230 Stundenkilometer geplant.

Welche Züge sollen auf einer Neubaustrecke fahren?

Die Neubaustrecke ist als Hochleistungsstrecke mit geringen Neigungen für den Mischverkehr konzipiert. Das Betriebsprogramm sieht vor, dass etwa 80 Prozent der Züge auf der Neubaustrecke dem Güterverkehr dienen, rund 20 Prozent sollen Personenfernverkehrszüge sein. Auf der Bestandsstrecke verbleiben dann überwiegend der Nahverkehr sowie einige Güterzüge. Der überwiegende Teil des Güterverkehrs soll künftig auf der neuen Strecke außerhalb der Ortschaften fahren.

Wann wird über die vorliegenden Trassenentwürfe entschieden?

Derzeit werden die vier Grobtrassen vertieft geplant. Für jede Trasse werden die Kosten ermittelt, im Anschluss kommt der Kriterienkatalog zur Anwendung. Mit Hilfe des Kriterienkataloges werden die Trassen verglichen. Daraus ergibt sich die Auswahltrasse. Wir gehen derzeit davon aus, dass wir das Ergebnis noch im ersten Halbjahr 2022 vorstellen können.

Zuletzt gab es im südlichen Landkreis immer wieder Demonstration gegen eine Neubaustrecke. Die Gegner fordern stattdessen, die bestehende Trasse auszubauen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Warum wird nicht zuerst jegliche Kapazität und Möglichkeit an und neben bestehenden Gleisen detailliert überprüft, bevor andere Trassen vorgeschlagen werden?

Grundsätzlich sind bei derartigen Infrastrukturprojekten alle möglichen Varianten im Planungsraum zu prüfen. Teil dieser Prüfung sind auch die technische Machbarkeit, die Genehmigungsfähigkeit sowie die Erfüllbarkeit der verkehrlichen Ziele. In diesem Rahmen wurden auch Lösungen für eine Neubaustrecke neben den bestehenden Gleisen untersucht.

Auf welchen Grundlagen fußt die Aussage, "ein Ausbau der Bestandsstrecke ist technisch nicht möglich"?

Mit Beginn der Planungen wurde der gesamte Planungsraum intensiv untersucht. Die durchgeführte Raumanalyse zeigt, dass entlang der Bestandsstrecke sehr hohe Raumwiderstände in Form von Siedlungen und besonders geschützten Naturräumen liegen. Die Streckenführung wäre aus diesen Gründen mit erheblichen Belastungen für Mensch und Natur verbunden und stellt daher keine tragbare Lösung dar.

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In der Debatte um die Neubaustrecke südlich von Grafing fordert der Schienenkonzern eine Rückkehr an den Gesprächstisch. Den Boykott der Trassen-Gegner halte man für "kontraproduktiv".

Von Andreas Junkmann

Welche Vorgaben vom Auftraggeber wären nötig, um eine Bestandsvariante umsetzen zu können?

Der Deutsche Bundestag hat in seiner Sitzung am 2. Dezember 2016 die Ausbaugesetze zum Bundesverkehrswegeplan 2030 verabschiedet. Eine Änderung der Aufgabenstellung von der Planung einer zweigleisigen Neubaustrecke in die Planung einer Ausbaustrecke würde eine Änderung der Maßnahmenbeschreibung im Bedarfsplan voraussetzen. Nach dem Abschluss der Bedarfsplanüberprüfung wird das Bundesministerium für Digitales und Verkehr den Deutschen Bundestag über die Ergebnisse informieren. Der Deutsche Bundestag entscheidet dann auf dieser Grundlage über etwaige nächste Schritte. Des Weiteren müssen die Planungen den geltenden Gesetzen und Richtlinien entsprechen. Die DB kann nur im Rahmen dieser Vorgaben planen.

Kann der Verlauf der Bestandstrasse geändert werden?

Eine Änderung des Verlaufs der Bestandsstrecke in örtlich begrenztem Umfang kann unter Beachtung von Zwangspunkten bei der Trassenentwicklung betrachtet werden. Eine vollständige oder großräumige Verlegung der Bestandsstrecke zur Bündelung mit einer der vorgestellten Grobtrassen wäre auf Grund der erforderlichen Anbindung der Bahnhöfe, der zusätzlichen Infrastruktur und des zusätzlichen Flächenverbrauchs sowie aus Gründen der Wirtschaftlichkeit keine tragfähige Lösung.

Nach derzeitigem Planungsstand einer bestandsnahen Trasse werden elf Anwesen am Bahnhof Aßling von der wegemäßigen Erschließung komplett abgeschnitten. Ist sichergestellt, dass es hierfür eine annehmbare Ersatzlösung gibt?

Alle vorhandenen Wegebeziehungen werden wieder hergestellt. Erste Lösungsvorschläge sind bereits Bestandteil der derzeit in Ausarbeitung befindlichen vertieften Planung und gehen in das Trassenauswahlverfahren mit ein.

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Ein weiteres Anwesen liegt unmittelbar südlich des Bahnhofes Aßling. Muss dieses Anwesen entfernt werden und ist sichergestellt, dass es für diese Menschen eine verträgliche Lösung gibt?

Nach dem derzeitigen Stand der Planungen ist nicht ersichtlich, dass die Wohnbebauung für die Trassenführung einer der vorliegenden vier Grobtrassen weichen muss.

Werden die vorhandenen S-Bahn-Gleise auch für den Brenner-Nordzulauf verwendet?

Aus dem Projekt heraus ist keine Nutzung der S-Bahn-Gleise für Fern- oder Güterverkehr vorgesehen. Prämisse für die Planungen des Brenner-Nordzulaufs ist, dass der derzeitige S-Bahn-Verkehr und auch seine zukünftige Entwicklung nicht beeinträchtigt werden dürfen.

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