Amtsgericht Ebersberg:Mann kauft Waffe bei "Reichsbürgern"

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Eine Schreckschusspistole wird geladen: Solche Waffen sind in München immer weiter verbreitet (Symbolfoto). (Foto: Oliver Killig/dpa)

Ein 53-Jähriger aus dem Landkreis Ebersberg hat sich eine halbautomatische Pistole besorgt und in seinem Auto versteckt. Teil der radikalen Staatenleugner-Szene zu sein, streitet er vor Gericht ab.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Es war eine großangelegte Razzia, die die bayerische Polizei im Sommer 2020 gegen die sogenannte Reichsbürger-Szene geführt hat. Unter anderem wurden Wohnungen in der Gemeinde Tuntenhausen im Nachbarlandkreis Rosenheim durchsucht und dort auch Waffen, Munition und Drogen sichergestellt. Die nachfolgenden Ermittlungen führten die Beamten auch zu einem Mann aus dem mittleren Landkreis Ebersberg, der sich am Donnerstagnachmittag vor dem Amtsgericht zu verantworten hatte. Der 53-Jährige soll sich bereits vor Jahren am Rande einer "Reichsbürger"-Veranstaltung eine halbautomatische Waffe gekauft und diese seither in seinem Auto mitgeführt haben.

Laut Staatsanwaltschaft soll die Übergabe auf einem Parkplatz vor einer Gaststätte bereits im August 2016 stattgefunden haben. Für rund 350 Euro habe sich der selbständige Handwerker dort eine Pistole besorgt, die er anschließend vier Jahre lang in einer Plastiktüte unter seinem Autositz versteckt habe. Zudem fanden Polizeibeamte bei einer Wohnungsdurchsuchung knapp 230 Schuss Munition. Für all das hatte der Angeklagte keine Besitzerlaubnis - aber vor Gericht eine recht banale Erklärung: "Waffen interessieren mich eben", sagte er zu Richterin Vera Hörauf. Er selbst sei Mitglied im Schützenverein, als ihm dann die Pistole angeboten worden sei, habe sie ihm sofort gefallen. "Die war nur so groß wie eine Hand. Sowas hab' ich noch nie gesehen", so der Mann. Er habe die Waffe allerdings nie verwendet, sondern lediglich in sein Auto gelegt.

In der Gaststätte finden regelmäßig Reichsbürger-Veranstaltungen statt

Warum er sie dann überhaupt gekauft habe, wollte die Richterin wissen. "Wenn man's hat, dann hat man's", antwortete der Angeklagte, der auch genauere Angaben zu den Hintergründen machte. Er habe sich eine Zeitlang in einer Gaststätte bei Tuntenhausen immer wieder Vorträge angehört, unter anderem sei es dabei um den sogenannten "Gelben Schein" gegangen. Dieser gilt in der "Reichsbürger"-Szene als einzig gültiges Ausweisdokument. Einen solchen habe der Angeklagte eigenen Angaben zufolge zeitweise auch besessen, zu den Staatenleugnern fühle er sich aber nicht zugehörig. "Das macht ja keinen Sinn", sagte der 53-Jährige. Deshalb habe er das Dokument inzwischen auch wieder zurückgegeben.

Hinweise darauf, dass der Mann tatsächlich ein aktives Mitglied der "Reichsbürger"-Szene ist, fanden die Ermittler bei ihren Durchsuchungen nicht. Allerdings tauchte dabei eine Bedienungsanleitung für eine weitere Schusswaffe auf, von der bislang aber jede Spur fehlt. Der Angeklagte jedenfalls bestritt vor Gericht, eine weitere illegale Pistole zu besitzen.

Der Mann könnte noch ein wichtiger Zeuge in anderen Verfahren werden

Dass er sich überhaupt eine Waffe besorgt hatte, war für die anwesenden Juristen nicht nachvollziehbar. "Das macht für mich null Sinn", sagte etwa der Staatsanwalt in seinem Plädoyer. Der Verteidiger hingegen verwies darauf, dass sein Mandant im Vergleich zu den anderen Beschuldigten der bayerischen "Reichsbürger"-Prozesse von Beginn an geständig war. "Er ist damals auf die schiefe Bahn geraten und hat sich einlullen lassen", so der Rechtsanwalt. In den anderen Verfahren werde sein Mandant aber noch ein wichtiger Zeuge werden. Richterin Hörauf verurteilte den 53-Jährigen schließlich zu einer Bewährungsstrafe von neun Monaten und einer Geldauflage von 2100 Euro.

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