Energiepolitik:Die Deutschen wollten diese Russlandpolitik

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So schön war's. Angela Merkel, Russlands damaliger Präsident Dmitri Medwedew und viele andere bei der Inbetriebnahme von Nord Stream vor elf Jahren. (Foto: Sean Gallup/Getty Images)

Fast überall heißt es nun, die Politiker hätten gegenüber Putin versagt. Doch wer ihnen allein die Schuld für Russlands Angriffskrieg zuschieben will, macht es sich zu einfach.

Kolumne von Norbert Frei

Führt man sich den publizistischen Dauerbeschuss vor Augen, der derzeit auf die politischen Eliten dieses Landes niedergeht, so kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, es solle die Eindeutigkeit der Schuldverhältnisse hinsichtlich des Krieges in der Ukraine auf die Bundesrepublik übertragen werden. Dagegen darf daran erinnert werden: Weder Scholz noch Merkel noch irgendein anderer deutscher Politiker, nicht einmal der grausam verpeilte Zyniker Schröder, tragen eine Schuld, die mit jener Putins sinnvoll zu vergleichen wäre. Gewiss, mittlerweile hat die gesamte westliche Welt begriffen, dass die jahrzehntelangen Bemühungen, mit Putin mehr hinzubekommen als eine Fortsetzung jener "friedlichen Koexistenz", die im Verhältnis zur Sowjetunion einst eine Errungenschaft darstellte, schrecklich gescheitert sind. Und ja, es war falsch, den politischen Dialog mit Russland unverändert fortzuführen, an wirtschaftlicher Zusammenarbeit und kulturellem Austausch unverbrüchlich festzuhalten, obwohl sich die autoritären Entwicklungen im Innern und die hegemonialen Ansprüche gegenüber den postsowjetischen Nachbarn seit eineinhalb Jahrzehnten immer weiter zuspitzten. Aber es war, um Napoleons Außenminister Talleyrand abzuwandeln, ein Fehler, kein Verbrechen.

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