Ermittlungen gegen ZPS:Politische Profiteure

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Björn Höcke, Vorsitzender der AfD in Thüringen, beim politischen Aschermittwoch der sächsischen AfD. (Foto: dpa)

Lilienthal, Dercon, Brönner - und jetzt das Zentrum für politische Schönheit: Die Politik profiliert sich auf Kosten der Kunst und überschreitet dabei Grenze um Grenze.

Kommentar von Andrian Kreye

Mit Kultur können sich Politiker profilieren. Entweder setzen sie sie als "Soft Power" ein. Frank-Walter Steinmeier führte sowohl als Außenminister wie auch als Bundespräsident vor, wie man das nutzt. Oder sie missbrauchen sie für die Polarisierung der Wählerschaft. Das hat vor allem in den USA in den "Culture Wars" (die man nicht mit Bismarcks Kulturkampf übersetzen kann) eine noch nicht allzulange, aber hässliche Geschichte. Und entscheidend dazu beigetragen, dass die Gesellschaft dort so gespalten ist wie in nur wenigen Ländern der demokratischen Welt.

Auch in Deutschland muss Kultur immer öfter herhalten, um ideologische Positionen zu zementieren. Die CSU-Fraktion im Münchner Rathaus hat im vergangenen Jahr an Land gewonnen, als sie den Intendanten der Münchner Kammerspiele, Matthias Lilienthal, dazu brachte, seinen Vertrag nicht zu verlängern. Lilienthal ist als Symbolfigur eines linken politischen Kulturbegriffs natürlich ein leichtes Ziel für Konservative. In Berlin konnte sich der neue Kultursenator Klaus Lederer (Die Linke) einen Namen machen, als er die Pläne des Trompeters Till Brönner für ein Jazzhaus ausbremste und den Konflikt mit dem inzwischen abgetretenen Volksbühnen-Intendanten Chris Dercon eskalieren ließ. Brönner gilt ästhetisch als Konservativer. Dercon wurde mit seinem globalen Kulturverständnis von Anfang an zum Neoliberalen stilisiert. In allen drei Fällen konnte die Politik ohne großen Aufwand ideologische Zeichen setzen.

Al Gores Gattin Tipper schaffte es, Prince und Madonna auf den Index zu setzen.

Vorbild sind da die Vorstöße des damaligen New Yorker Bürgermeisters und heutigen Rechtsberaters von Donald Trump, Rudolph Giuliani, in den Neunzigerjahren gegen die Museen in seiner Stadt, die blasphemische Kunst zeigten. Oder die Kreuzzüge von Tipper Gore, Ehefrau des damaligen Abgeordneten Al, die gemeinsam mit anderen Politikergattinnen 1985 veranlasste, dass Musik von Stars wie Prince, AC/DC und Madonna auf einen Index kam. Oder der Versuch des erzkonservativen Senators Jesse Helms, der staatlichen Kulturstiftung NEA Gelder zu entziehen, weil sie eine Ausstellung des schwulen Fotografen Robert Mapplethorpe mitfinanzierte, der auf seinen Bildern Homosexualität zeigte. (Trump will die NEA abschaffen.)

Wenn die Staatsanwaltschaft Gera nun die Künstlergruppe Zentrum für politische Schönheit kriminalisieren will, nachdem der AfD-Sprecher Björn Höcke sie als "Kriminelle und Terroristen" bezeichnete, ist eine weitere Grenze überschritten. Die Ermittlungen haben schon zu einer klaren Polarisierung geführt, die der Kunst viel Freiraum genommen hat. Egal wie der Fall ausgeht, zwingt er die Kultur in eine Rolle, in der sie ihre eigentliche Aufgabe der Verarbeitung der Gegenwart nicht mehr ausüben kann.

© SZ vom 06.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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Leserdiskussion
:Ermittlungen gegen "Zentrum für politische Schönheit" eingestellt - richtig so?

Die Ermittlungen gegen die Künstlergruppe "Zentrum für politische Schönheit" (ZPS) wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung werden eingestellt. Der Verdacht auf Bildung einer kriminellen Vereinigung hat sich offenbar nicht erhärtet.

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