Artenschutz:Bauern wollen Altmühltaler Wolf abschießen lassen

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Wölfe im Bayerischen Wald. Im Altmühltal wollen die Bauern jetzt einen Rüden abschießen lassen. (Foto: Imago/imagebroker)

Im Landkreis Eichstätt hat sich in diesem Frühsommer ein Rudel gebildet. Seit Juli häufen sich die Übergriffe auf Schafe und andere Weidetiere. Der Bauernverband hat jetzt einen Antrag auf Entnahme des Rüden gestellt. Ob der auch genehmigt wird, ist unklar.

Von Christian Sebald

Die Bauern im Landkreis Eichstätt wollen den Wolfsrüden abschießen lassen, der in der Region wiederholt Schafe und andere Nutztiere gerissen hat. Sie haben Ende August einen förmlichen Antrag auf Entnahme, wie so ein Abschuss offiziell heißt, bei der Regierung von Oberbayern gestellt. Das haben die Bezirksregierung und der Bauernverband der SZ bestätigt. "Nach den Monaten mit Übergriffen des Wolfsrüden sind die Weidetierhalter hier bei uns in großer Angst", sagt Johann Scharl, Kreisobmann des Bauernverbands im Kreis Eichstätt. Der oberbayerische Bauernpräsident Ralf Huber sagt: "Der Rüde macht massive Probleme. Wir müssen verhindern, dass sie noch schlimmer werden."

Das Wolfsrudel im Landkreis Eichstätt hat sich erst dieses Jahr etabliert. Die Fähe mit dem offiziellen Namen GW1613f stammt von dem Rudel im Veldensteiner Forst ab und hat sich vor gut drei Jahren im Altmühltal niedergelassen. Seither wird das Altmühltal offiziell als Wolfsregion geführt. Die Halter von Schafen und anderen Weidetieren wurden immer wieder aufgefordert, ihre Herden nächtens vor Übergriffen zu sichern. Vor knapp einem Jahr wurde der Rüde erstmals nachgewiesen. Er trägt den Namen GW2977m und ist von einem Rudel im brandenburgischen Bad Belzig zugewandert. Seit dem Frühsommer haben die beiden sieben Welpen.

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Die Fähe und der Rüde waren lange unauffällig. Seit der zweiten Julihälfte gibt es aber Übergriffe. Inzwischen hat das Landesamt für Umwelt (LfU), das für das Wolfsmonitoring in Bayern zuständig ist, sechs nächtliche Attacken dokumentiert. Bei ihnen sind außer Schafen eine Ziege und Gatterwild getötet worden. Fünf Übergriffe wurden dem Rüden zugeordnet, einer der Fähe. Schon seit geraumer Zeit kursieren in der Region Forderungen, dass man zumindest den Rüden GW2977m abschießen müsse. Ansonsten werden man den Übergriffen nicht Herr.

Befeuert werden die Forderungen von der Staatsregierung, allen voran von Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Laut einer Lokalzeitung hat Söder kürzlich bei einem Besuch in der Region bekräftigt, dass der Wolf "nicht zu Bayern gehört". Er habe das Umweltministerium gebeten, ein Verfahren einzuleiten, wie eine Entnahme ermöglicht werden könne. Denn es ist gar nicht so einfach, einen Wolf abschießen zu lassen. Die Tiere stehen unter strengem Schutz und dürfen nur in ganz bestimmten Ausnahmefällen getötet werden - vor allem, wenn eine akute Gefahr für Leib und Leben von Menschen besteht.

Der Zaun muss 90 Zentimeter hoch sein

Der Bauernverband bezieht sich in seinem Abschussantrag auf den bayerischen Aktionsplan Wolf von 2019. Danach darf ein Wolf auch abgeschossen werden, wenn er Weidetiere angegriffen hat. Wichtigste Voraussetzung ist allerdings, dass die angegriffenen Nutztiere durch einen wolfssicheren Zaun gegen solche Attacken geschützt waren und der Wolf gelernt hat, diesen Schutz zu überwinden. Ein Zaun gilt als wolfssicher, wenn er mindestens 90 Zentimeter hoch ist, vier stromführende Litzen mit keinesfalls weniger als 2000 Volt, am besten aber 4000 Volt Spannung hat und der Abstand zwischen dem Boden und der untersten Litze maximal 20 Zentimeter beträgt. Springt ein Wolf einmal über so einen Zaun, besteht Experten zufolge die Gefahr, dass er immer wieder Nutztiere hinter solchen Zäunen angreift.

Genau diese Situation liegt nach Überzeugung der Bauern im Altmühltal vor. "Der Wolf hat mehrfach 90 Zentimeter hohe Zäune übersprungen, die elektrifiziert waren", sagt der Eichstätter Bauern-Obmann Scharl. "In einem Fall war es sogar einer, der offiziell als wolfsabweisend deklariert war." Scharl weist außerdem darauf hin, dass das Rudel im brandenburgischen Bad Belzig, aus dem der Rüde stammt, bekannt dafür sei, Zäune zu überspringen. "Deshalb muss man jetzt eingreifen", sagt er. "Sonst trainiert der Rüde dieses Verhalten seinen Jungen an."

"Es gibt keinen Grund für einen Abschuss"

Beim Bund Naturschutz (BN) bestreiten sie, dass die angegriffenen Nutztiere vor dem Wolf gesichert waren. "Der Rüde hat in keinem Fall einen wirksamen Herdenschutz überwunden. Alle Risse sind an ungeschützten Weidetieren passiert", sagt der BN-Wolfsexperte Uwe Friedel. "Deshalb gibt es keinen Grund für seinen Abschuss." Der Landesbund für Vogelschutz und das LFU hatten bereits Mitte August darauf hingewiesen, dass alle nächtlichen Attacken bis dahin gegen ungeschützte Nutztiere gerichtet waren. Zugleich forderten sie die Weidetierhalter auf, sich wirklich wolfssichere Zäune für ihre Tiere anzuschaffen. Schließlich finanziert der Freistaat den Schutz zu hundert Prozent.

Wolfssichere Zäune empfiehlt auch der Eichstätter Landrat Alexander Anetsberger (CSU) den Landwirten. Er befürwortet zwar den Abschussantrag des Bauernverbands, wie er auf Anfrage der SZ erklärte. Aber er schätzt die Aussichten auf eine Genehmigung "als eher gering ein". Denn Anetsberger geht davon aus, dass die Bezirksregierung - wie die Umweltverbände und Behörden - den Schutz der angegriffenen Tiere als "lückenhaft" betrachten werde. Die Regierung von Oberbayern äußerte sich nicht. Beobachter rechnen, dass bis zu einer Entscheidung noch Wochen vergehen.

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