Tourismus:Umverteilung am Tegernsee

Lesezeit: 2 Min.

Rund um den Tegernsee kann es an guten Ausflugstagen schon mal eng werden. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Weil es an guten Ausflugstagen öfter mal eng wird im Landkreis Miesbach, sollen die Tagesgäste künftig digital gelenkt werden - und notfalls auch mal ferngehalten.

Von Matthias Köpf, Schliersee

Das neue Portal ist eine "Echtzeit-Plattform", da braucht es Live-Daten. Etwa die Schneehöhe im Tal, die am Mittwoch von Bad Wiessee bis Waakirchen überall null Zentimeter beträgt. An sechs von elf Orten stammt die Angabe vom selben Tag, an den fünf anderen ist sie schon ein paar Tage alt. Wichtiger ist aber sowieso gerade die Schneehöhe in den Skigebieten, und da bündelt die Internetseite live.tegernsee-schliersee.de durchwegs aktuelle Angaben, die teilweise sogar Skifahrer von außerhalb in den Landkreis Miesbach hätten locken können. Dass sie das nicht getan haben, zeigen aber die gesammelten Webcams aus der Region und die aktuelle "Weginformation" auf der interaktiven Karte: kein Stau gerade, nicht einmal direkt am Tegernsee.

Das ist beileibe nicht immer so. Jährlich besuchen rund acht Millionen Tagesgäste die Region, an Spitzentagen sind es bis zu 70000 auf einmal. Gerade an Wochenenden mit gutem Ausflugswetter müssen sich Touristen wie Tagesgäste auf zäh fließenden bis stillstehenden Straßenverkehr gefasst machen, die Wanderparkplätze sind dann oft genauso überfüllt wie die Regionalbahnen, und auch im Wirtshaus heißt es warten. Wahrend der Corona-Pandemie wurden die Region und auch einige andere wie der Walchensee und Garmisch-Partenkirchen mit dem Eibsee dann regelrecht überrollt. Dem will die kreiseigene Miesbacher Gesellschaft "Regionalentwicklung Oberland" nun online entgegenwirken. Sie hat ihre touristische "Alpenregion Tegernsee Schliersee" zur "Smarten Tourismus Region" erklärt und in dieser Woche das zugehörige Webportal freigeschaltet.

Newsletter abonnieren
:Mei Bayern-Newsletter

Alles Wichtige zur Landespolitik und Geschichten aus dem Freistaat - direkt in Ihrem Postfach. Kostenlos anmelden.

Überlaufene Regionen wie diese setzten schon seit einer Weile ebenso große Hoffnungen in derlei "digitale Besucherlenkung" wie jene Regionen, welche die umzulenkenden Besucher gerne bei sich empfangen würden. Der Freistaat fördert den digitalen Umverteilungsversuch mit Zuschüssen. Knapp eine halbe Million Euro an Fördergeld fließt nicht nur in die Programmierung des Online-Angebots, sondern auch ins Erfassen der nötigen Daten.

Denn wo Seilbahnen und Sessellifte ohnehin über geeignete Mechanismen zum Zählen ihrer Fahrgäste verfügen und aktuelle Wetterdaten und Prognosen aus vorhandenen Quellen kommen, lässt sich die Zahl parkender Autos auf Plätzen mit Schranke und definierten Stellflächen wesentlich präziser erfassen als auf freien Kiesflächen mit Parkscheinautomat. In den beiden vergangenen Jahren wurden an insgesamt 40 Stellen der "smarten Tourismus Region" Sensoren installiert, die nicht nur parkende Autos erfassen, sondern auch die aktuelle Fahrzeugzahl auf den wichtigsten Zufahrtsstraßen in die Region registrieren.

Aus Erfahrungswerten, elektronischen Veranstaltungskalendern und Wettervorhersagen sollen Computer Prognosen für die touristische Auslastung der Region in der näheren Zukunft generieren, um Ausflüglern eine Anreise schmackhaft zu machen oder ihnen davon abzuraten. Dies wäre nach Einschätzung der örtlichen Touristiker zuletzt jedes Jahr an jenen rund 90 Tagen besser gewesen, an denen ihnen der Landkreis Miesbach als überlastet galt. Auch diese Zahl ist aus elektronischen Angaben abgeleitet, nämlich aus anonymisierten Standortdaten von Mobiltelefonen. Besserung versprechen sich die Touristiker von all dem nicht nur für die Ausflügler, sondern auch für die Einheimischen, die oft genug selbst Ausflügler sind oder aus anderen Gründen mit im Stau stehen. Bei ihnen hat das Ansehen des Tourismus insgesamt zuletzt merklich gelitten.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusFlüchtlingspolitik
:Blanke Wut auf geplante Flüchtlingsunterkunft

Das Miesbacher Landratsamt plant in einer Gemeinde eine große Unterkunft für 500 Geflüchtete. Bei einer Bürgerversammlung im Dorf schlagen dem Landrat heftige Proteste entgegen. Er muss von der Polizei aus dem Saal eskortiert werden.

Von Matthias Köpf

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: