Proteste bis zum Schluss:Bayern hat nun das schärfste Polizeigesetz Deutschlands

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  • Mit der Mehrheit der CSU wurde im Bayerischen Landtag das neue Polizeiaufgabengesetz (PAG) beschlossen.
  • Zuvor gab es noch einen stundenlangen Schlagabtausch zwischen Opposition und Regierung über das umstrittene Gesetz.

Von Johann Osel und Lisa Schnell, München

Bayern bekommt ein neues Polizeigesetz, das Kritiker als das schärfste in ganz Deutschland bezeichnen. Trotz massiven Protests wurde es am Dienstagabend von der CSU-Mehrheit im Bayerischen Landtag beschlossen. Die Opposition sprach sich geschlossen dagegen aus.

Durch die Neuordnung des Polizeiaufgabengesetzes (PAG) werden die Befugnisse der Polizei stark ausgeweitet. Sie kann in Zukunft früher präventiv tätig werden, nämlich bereits bei einer "drohenden Gefahr": bevor eine Straftat begangen wurde oder eine konkrete Gefahr besteht, dass dies passieren könnte. Stimmt ein Richter zu, kann sie Telefone von Verdächtigen abhören oder Computer durchsuchen. Dadurch wird laut Kritikern eine Totalüberwachung jedes Einzelnen möglich. Vergangenen Donnerstag demonstrierten in München mehr als 30 000 Menschen gegen das Gesetz. Klagen, etwa von Grünen und SPD, sind geplant, auch vor dem Bundesverfassungsgericht.

Stundenlange Debatte im Landtag

Er habe "Respekt vor den Sorgen", sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Dienstag nach einer Kabinettssitzung. Man müsse aber im Gesamtinteresse des Landes handeln. Er habe sich das PAG noch einmal sehr genau angeschaut. "Es wird Leben retten", sagte Söder. Der Polizei ermögliche es, Gesetzesbrechern angemessen zu begegnen. Er sei überzeugt, es werde allen verfassungsrechtlichen Prüfungen standhalten. Indem Söder an dem Gesetz festhält, will er Haltung beweisen. Er merkte aber auch schon an, das Gesetz stamme nicht unmittelbar aus seiner Regierungszeit. Innenminister Joachim Herrmann (CSU), der das Gesetz zu vertreten hat, sagte am Dienstag, auch in anderen Bundesländern gebe es Überlegungen, den Begriff der "drohenden Gefahr" zu übernehmen. Kurz nach der Großdemonstration in München hatte er Teile der Kritik "Lügenpropaganda" genannt, die viele in die Irre führe.

Um die aufgeheizte Stimmung zu beruhigen, kündigte Söder eine Informationsoffensive an. Ein eigenes Team im Innenministerium soll sich an Diskussionen im Netz beteiligen und aufklären, Polizisten in Schulen und Hochschulen über das PAG informieren. Gerade der Protest der Jüngeren bereitet der CSU Sorgen. Um das Thema "ein Stück weit dem Wahlkampf zu entziehen", will Söder eine Kommission einrichten. Sie solle das bereits beschlossene Gesetz "evaluieren und weiterentwickeln", kündigte er am vergangenen Wochenende an. Vorsitzender soll Karl Huber werden, ehemaliger Präsident des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs.

"Erst ein Gesetz beschließen und hinterher darüber reden wollen, ist kein guter Stil", sagte Katharina Schulze von den Grünen. Natascha Kohnen (SPD) warf der CSU vor, ein "Überwachungsgesetz" durchzupeitschen und damit Zehntausende Kritiker zu ignorieren. Innenminister Herrmann dagegen hielt der Opposition vor, Lügen, die über das PAG verbreitet würden, zu dulden. Die stundenlange, hitzige Debatte im Landtag wurde kurz vom Protest von Schülern unterbrochen.

© SZ vom 16.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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