Der Klostergarten, ein zentraler Platz in Passau, wird seit 2018 von zehn Kameras beobachtet. Die Stadtspitze um Oberbürgermeister Jürgen Dupper (SPD) hält die Videoüberwachung für einen wichtigen Baustein, um die Sicherheit in der Innenstadt zu gewährleisten. Die Kameras sollen präventiv gegen Straftaten wirken oder bei deren Aufklärung helfen. Sie laufen von sechs Uhr morgens bis ein Uhr nachts, die Aufnahmen werden für 72 Stunden gespeichert. Der Stadtrat hatte 2018 auf Grundlage eines Informationsschreibens der Passauer Polizeiinspektion hin gehandelt, wonach der Klostergarten ein "polizeilicher Brennpunkt" sei. Doch wie ist die Lage dort nun tatsächlich?
"Im Schnitt 1,5 Delikte pro Monat. Das soll ein Hotspot sein?" Der Linken-Stadtrat Josef Ilsanker hält die Maßnahmen für unverhältnismäßig. "Hier wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen." Die Stadt hingegen bezeichnet die Videoüberwachung als "das ordnungspolitische Erfolgsprojekt der letzten Jahre im Stadtgebiet". Ilsanker hält die Überwachung aber auch deshalb für rechtswidrig, weil der Stadtrat vor der Abstimmung seiner Ansicht nach nicht ausreichend informiert worden ist. Seit 2019 geht Ilsanker deshalb mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) gerichtlich gegen die Kameras vor. In erster Instanz scheiterte er mit seiner Klage vor dem Regensburger Verwaltungsgericht.
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Nun beschäftigt sich aber der bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) mit der Sache und will einige Antworten von der Stadt. Zum Beispiel auf die Frage, auf welcher Grundlage der Stadtrat 2018 die Entscheidung zur Videoüberwachung traf. Lagen dem Stadtrat alle entscheidenden Informationen über die Sicherheitslage in der Stadt vor? Nein, sagt Ilsanker. Zumal damals auch von fünf Kameras die Rede war, nun sind es zehn.
Passau sei "schlicht zu sicher" für eine derartige Überwachung
Trotzdem wurde nun erneut über die Videoüberwachung abgestimmt. Ilsanker vermutet, dass man damit Fehler von 2018 beheben und einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs zuvorkommen wolle. In der Beschlussvorlage argumentiert die Stadt, der Wegfall der Corona-Beschränkungen führe wieder zu mehr "sicherheitsrelevanten Vorfällen". Deshalb wolle man das Sicherheitskonzept bestätigen und erweitern. Ilsanker und die GFF sagen, Passau sei "schlicht zu sicher" für eine derartige Überwachung, der Stadtrat werde "in die Irre geführt". In der Beschlussvorlage steht etwa, der VGH wolle wissen, ob der Stadtrat immer noch die Videoüberwachung bejahe. "Das stimmt nicht", sagt Ilsanker. "Der VGH will wissen, auf welcher Grundlage der Stadtrat 2018 die Kameras beschlossen hat." Der VGH setzte der Stadt eine Frist bis 1. Juni, um die Fragen zu beantworten. "Warum also jetzt dieser Beschluss?" Ilsanker hatte erfolglos eine Vertagung beantragt.
Auch in Sachen Kriminalität seien wieder unzureichende und wenig überzeugende Belege vorgelegt worden, kritisiert Ilsanker. "Zwölf Mal seit Installation der Kameras hat die Polizei laut Dupper Aufnahmen angefordert." Beispielsweise bei einem Totschlagsfall. Die Tat ereignete sich laut Ilsanker aber gar nicht direkt im Klostergarten und der Täter habe sich zudem ohnehin gestellt. Die Zahlen reichen außerdem nur bis Juli 2021. Die Stadt argumentiert auch mit der Resonanz der Bevölkerung. Die Rückmeldungen zur Videoüberwachung seien "durchweg positiv" heißt es in der Vorlage. Belege oder eine konkrete Umfrage habe er dazu noch nie gesehen, sagt Ilsanker. "Das ist Prosa."