Passau:Gericht entscheidet über Videoüberwachung

Lesezeit: 2 Min.

Der Klostergarten mitten in der Stadt Passau wird immer wieder für Veranstaltungen genutzt, etwa für Mahnwachen. Die Videoüberwachung dort ist heftig umstritten. (Foto: Dominik Kindermann/Imago)

Am Klostergarten sind zehn Kameras montiert, um Straftaten zu verhindern, heißt es von der Stadt Passau. Ein Linken-Politiker hält das für rechtswidrig.

Von Sonja Hößl, Passau

Der Klostergarten ist ein viel genutzter Platz in Passau. Zweimal wöchentlich findet auf der Fläche zwischen zentralem Omnibusbahnhof und Universität ein Wochenmarkt statt, Studierende kreuzen den Platz auf dem Weg zur Vorlesung, an warmen Sommertagen hängen eisessende Bürger ihre Füße in den Brunnen. Auch Demonstrationen von "Fridays for Future" oder zuletzt von Gegnern der Corona-Maßnahmen werden dort abgehalten. Seit Dezember 2018 wird der Klostergarten von der Stadt Passau aus Sicherheitsgründen per Video überwacht. Manch einer, der tagtäglich über den Platz läuft, nimmt die zehn Kameras gar nicht wahr. Der Passauer Linken-Politiker Josef Ilsanker aber hält die Videoüberwachung für rechtswidrig.

Ilsanker war deshalb bereits 2019 gemeinsam mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) gerichtlich gegen die Überwachung vorgegangen. Im Sommer 2020 wurde seine Klage in erster Instanz vor dem Regensburger Verwaltungsgericht abgelehnt. Nun gehen Ilsanker und die GFF in Berufung. Am kommenden Mittwoch wird der Fall erneut verhandelt, diesmal vor dem bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München.

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Die Stadt Passau sieht die Videoüberwachung als "Präventivmaßnahme", die zur "Verhinderung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten" dienen soll. Der Klostergarten als zentraler Bereich in der Innenstadt solle damit sicherer werden. Als Rechtsgrundlage wird von der Kommune die Datenschutz-Grundverordnung genannt. Auch die Regensburger Verwaltungsrichter kamen 2020 zu dem Schluss, dass die Kameraüberwachung dieser Verordnung unterliege und damit rechtens sei.

Die GFF und Ilsanker sehen das anders. Laut deren Aussage seien die Kriminalitätszahlen in Passau und insbesondere im Klostergarten rückläufig. Dennoch würden "Bürger anlasslos von zehn Kameras überwacht", wodurch das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt werde. Außerdem beeinträchtige es den gesellschaftlichen Austausch im öffentlichen Raum. Ilsanker sieht in der Videoüberwachung also einen Gesetzesbruch.

Der Platz sei im Sommer ein "polizeilicher Brennpunkt"

Die Polizei dürfe den Platz laut Ilsanker nicht überwachen, da die Kriminalitätsrate zu niedrig sei. "Der Gesetzgeber hat der Polizei klare Auflagen gemacht, wann sie einen öffentlichen Platz überwachen darf", argumentiert er. Dass stattdessen die Kommune die Überwachung übernehme, führe für Ilsanker "das Gesetz ad absurdum", heble es also aus. Wenn eine Sicherheitsbehörde den öffentlichen Raum nicht per Video überwachen dürfe, sollte das seiner Ansicht nach auch keine andere Instanz - in dem Fall die Stadt Passau - dürfen.

Im Mai 2018 hatte der Passauer Stadtrat die Verwaltung mit der Installation einer Videoüberwachung beauftragt. Davor hatte die Passauer Polizeiinspektion der Stadt ein Informationsschreiben zur Situation am Klosterplatz angefertigt. Wie im Gerichtsbescheid des Regensburger Verwaltungsgerichts nachzulesen ist, sei der Klostergarten laut des polizeilichen Schreibens besonders im Sommer ein "polizeilicher Brennpunkt". Mithilfe eines Sicherheitskonzeptes der Polizei seien Körperverletzungs- und Beleidigungsdelikte im Klostergarten zwar zurückgegangen, eine "nennenswerte Bekämpfung bzw. Verdrängung des am Klostergarten feststellbaren Drogenhandels" sei aber nicht gelungen.

Seit Dezember 2018 laufen nun die zehn Kameras täglich zwischen sechs Uhr morgens bis ein Uhr nachts. Während der üblichen Wochenmarkt-Zeiten werde die Überwachung laut Stadt deaktiviert. Wer über den Platz läuft, wird auf Schildern auf die Videoüberwachung hingewiesen. Die Aufzeichnungen werden für 72 Stunden gespeichert, zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten dürfen die Videos länger aufbewahrt werden.

Am Mittwoch wird die Videoüberwachung im Passauer Klostergarten also zum zweiten Mal von einem Gericht geprüft. Diesmal gibt es eine mündliche Verhandlung, während die Richter in Regensburg auf Grundlage der Akten und Schriftsätze des Klägers und der Stadt Passau entschieden hatten. Ilsanker erwartet von der Verhandlung die endgültige Klärung der Rechtslage - und hofft, dass die Kameras doch abgeschaltet werden müssen.

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