Prozess:Zwei Brüder sollen Anschläge auf Maisfelder verübt haben

Lesezeit: 2 min

Der 63-Jährige wurde zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. (Foto: Gregor Bauernfeind/dpa)

In ganz Bayern schauen Landwirte auf ein Verfahren in Neustadt an der Aisch: Es geht um gefährliche Sabotage, Streitereien - und angeblichen Hörverlust.

Von Olaf Przybilla, Neustadt an der Aisch

Ein erster Angeklagter, der angibt, nichts zu hören, kein einziges Wort, und ein zweiter Angeklagter, der gar nicht erst erscheint zum Prozess - das gibt's nicht oft in Gerichtsverfahren. Im Amtsgericht in Neustadt an der Aisch entscheidet die Richterin an diesem Tag trotzdem, dass verhandelt wird. Ein Tinnitus, der über Nacht zu totalem Hörverlust führen soll, wie einer der beiden angeklagten Landwirte angibt? "Zum Narren halten lass' ich mich nicht", sagt die Richterin und bittet, die Anklage verlesen zu lassen.

Es geht darum, dass zwei Brüder, beide sind sie Landwirte, im westlichen Mittelfranken bei mehreren Berufskollegen Gegenstände auf Felder, insbesondere Maisfelder, deponiert und dabei Maschinen, auch Maishäcksler, schwer beschädigt haben sollen. Mehr als 80 000 Euro beträgt der angeklagte Gesamtschaden, hochgefährlich ist solche Sabotage auch.

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Anschläge auf Maishäcksler? In ganz Bayern haben Landwirte aufgemerkt, als die Staatsanwaltschaft 2020 zwei mutmaßliche Täter für eine Serie bei Neustadt verantwortlich machte. Denn derartige Sabotageakte gibt es im gesamten Bundesgebiet, exakte Zahlen existieren nicht, der Schaden dürfte in die Millionen gehen. Metallbolzen, Schrauben und Nägel werden in Feldern platziert, treffen sie mit einer der Riesenmaschinen zusammen, können Metallteile zu gefährlichen Geschossen werden. Auffällige Reste eines Gewebeschlauchs im Feld und DNA-Spuren sollen die Brüder überführt haben.

Ein Betroffener spricht von militanten "Mais-Hassern"

In Nittendorf, anderthalb Autostunden vom fränkischen Neustadt entfernt, hat Andreas Sußbauer die Luft angehalten, als er vom Ermittlungserfolg gehört hat. Auch bei ihm wurde 2020 eine Stahlstange mit Kabelbinder im Maisfeld platziert. Wer das war, weiß Sußbauer bis heute nicht. Nach der Tat hatte er freilich eine Vermutung: Militante "Mais-Hasser" könnten verantwortlich sein dafür, Fundamentalisten also, die Auswüchse des Maisanbaus auf ihre Art bekämpfen, das verschandelte Landschaftsbild, die "Vermaisung", die Monokulturen.

Öko-Fundis also? Zumindest für den Neustädter Fall dürfte das kaum zutreffen. Zwar schweigt sich der einzige erschienene Angeklagte - 63 Jahre alt, Kappe, Arbeitshose, festes Schuhwerk - über mögliche Motive aus. Ein Polizist aber berichtet davon, dass die beiden Brüder ja selbst Mais anbauen. Und mit sämtlichen betroffenen Berufskollegen Zwistigkeiten austrugen.

Mal soll das Rapsspritzen eines Landwirts Kopfschmerzen bei einem von ihnen ausgelöst, mal aufgewirbelter Staub zu Nasenbluten geführt haben, mal sei ihnen ein Feld "weggepachtet" worden. Einer der geschädigten Landwirte hält der Richterin einen prallen Aktenordner vor die Augen: Alles regionale Verfahren, die mit der Streitlust der Brüder zu tun hatten. Also wohl eher querulatorische Streithansl, nicht militante Ökofundis. Ein Sachverständiger, der bei den Brüdern zuhause war, berichtet von einem völlig "vermüllten" Hof. Der ermittelnde Polizist sagt, es sei nur gut, dass bei den Anschlägen "kein Personenschaden" zu beklagen sei.

Der 63-Jährige erlangt während des Prozesses zumindest Teile sein Gehöres wieder, die Mär vom Gar-Nichts-Hören ist da längt nicht mehr aufrechtzuerhalten. Er sei unschuldig, lässt er wissen. Sein Bruder ist schon zum zweiten Mal nicht zum Prozess erschienen, sein Verfahren wird abgetrennt. Im verbliebenen Verfahren wird ein Urteil kommende Woche erwartet.

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