Kunst mit Nazi-Bezug:Warum ein altes Wandbild in Miesbach Probleme macht

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Eigentlich war die Idee, alte Wandbilder eines abbruchreifen Wirtshauses umzusiedeln, gut gemeint. Nun ist die Sache etwas kniffliger. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Weil ein Wirtshaus abgerissen wird, soll das Werk in eine Grundschule umziehen. Doch auf dem scheinbar harmlosen Bild sind zwei lokale Nazis abgebildet. Und nun?

Glosse von Matthias Köpf, Miesbach

Ob die vier Kartler den Kindern ein Vorbild sein können? Immerhin würden sie dem Nachwuchs in der Grundschule im Miesbacher Ortsteil Parsberg vor Augen führen, dass man auch mal ohne Handy und Konsole zocken kann. Und mal angenommen, sie würden Schafkopf spielen: Dann pflegten sie doch bayerisches Kulturgut, was ganz ähnlich auch für das Watten gälte. Nur dann leider mit dem Ruf des illegalen Glücksspiels, jedenfalls wenn es um Geld ginge. Außerdem sitzen die Kartler als Kartler recht saublöd am Tisch. Jedem von ihnen könnte mindestens einer der anderen in die Karten schauen, denn als "Miesbacher Honoratioren beim Kartenspiel" sollen sie natürlich allesamt von vorne zu sehen sein auf jenem Wandbild des Haushamer Kunstmalers Josef Stallhofer.

Noch prangt das Bild im Saal des Altwirts in Parsberg, doch weil dieses Wirtshaus bald abgerissen wird, soll das Bild in die örtliche Grundschule umziehen. Ein vorbildliche Lösung, hatte der Miesbacher Finanzausschuss bisher gefunden. Nur dass zwei der vier Honoratioren offenbar örtliche Nazis waren. Deswegen ist es für den Finanzausschuss mit Geld allein jetzt nicht getan.

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Begonnen hatte alles mit einem Antrag des Gebirgstrachtenerhaltungsvereins D'Rohnbergler Parsberg, der nicht nur Gebirgstrachten erhalten will, sondern ganz aktuell auch drei Wandbilder aus dem abzureißenden Altwirt. Das Bild "Der Viergsang musiziert", das unter anderem den legendären Musikanten und Volksliedsammler Kiem Pauli zeigt, hätten die Rohnbergler gern im Trachtenheim. Die "Parsberger Bauernrunde" soll in einem anderen Wirtshaus am Stammtisch sitzen. Und die Kartler wären für die Schule übrig.

Die Kosten fürs Übertragen der Bilder wollen die Trachtler zum Großteil aus Spenden bezahlen, doch von der Stadt hätten sie halt auch gern einen Zuschuss. Der Finanzausschuss des Stadtrats mag da nicht Nein sagen, nur hatten zwei Räte noch herausgefunden, dass die Hälfte der Kartler, nämlich die angeblichen Honoratioren Wiedemann und Hinterdobler, lokale Nazis waren. Der Miesbacher Merkur weiß von einer längeren Debatte zu berichten, an deren Ende eine Mehrheit das Geld genehmigte - zuzüglich einer Aufklärungstafel zum historischen Hintergrund, damit sich die Parsberger Grundschüler nicht die zwei verkehrten Kartler zum Vorbild nehmen.

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