Streit ums TV-Duell:SPD und Freie Wähler werfen dem BR Manipulation des Wahlkampfs vor

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Natascha Kohnen (SPD) würde gerne mit Markus Söder debattieren. Statt ihr soll aber der Grüne Ludwig Hartmann antreten. (Foto: Hoppe/Hase/Armer (dpa))
  • Der Bayerische Rundfunk (BR) zeigt am 26. September ein TV-Duell zwischen CSU-Spitzenkandidat Markus Söder und Ludwig Hartmann von den Grünen.
  • SPD und Freie Wähler kritisieren das Vorgehen, sie fühlen sich benachteiligt. Bislang fand ein solches Duell immer zwischen SPD und CSU statt.
  • Der BR rechtfertigt die Entscheidung damit, dass die SPD nach dem aktuellen Bayerntrend sechs Prozentpunkte hinter den Grünen liegt.

Von Lisa Schnell, München

Beim Bayerischen Rundfunk mussten sie sich schon so einiges anhören. Ganz früher munkelte man in der Opposition, ohne CSU-Parteibuch gehe beim BR doch eh nichts. Zuletzt tobte ausgerechnet die CSU über die BR-Berichterstattung zu den GBW-Wohnungen ("Schafscheiße"). Jetzt sind es SPD und Freie Wähler, die mit massiven Vorwürfen aufwarten. Es ist wohl das erste Mal in der Geschichte des BR, dass ihm vorgehalten wird, nicht die CSU, sondern die Grünen zu bevorzugen. Der BR greife massiv in den Landtagswahlkampf ein, beschwert sich SPD-Generalsekretär Uli Grötsch. Er betreibe "Wahlmanipulation zugunsten der Grünen", sagt FW-Chef Hubert Aiwanger.

Es geht um das TV-Duell des BR und damit um eine der größten politischen Bühnen, die der Landtagswahlkampf zu bieten hat. Auf ihr soll neben Ministerpräsident Markus Söder zum ersten Mal kein SPD-Mann auftreten, sondern Ludwig Hartmann von den Grünen. Der BR rechtfertigt seine Entscheidung damit, dass die Grünen in dem aussagekräftigen BR-Bayern-Trend zuletzt 17 Prozent erreichten und damit klar zweitstärkste Kraft hinter der CSU sind. Ein Trend, der sich schon in mehreren Umfragen verfestigt hat.

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"Völlig absurd" nennt SPD-Generalsekretär Uli Grötsch diese Entscheidung. Es sei das erste Mal, dass die Teilnehmer an einem Duell nicht auf Basis von tatsächlichen Wahlergebnissen, sondern ausschließlich auf Basis von Meinungsumfragen festgelegt würden. "In einer Zeit, in der Umfragen unzuverlässiger werden und die Mehrheit der Wähler in Bayern noch unentschlossen ist, ist das nicht nachvollziehbar", so Grötsch. Es ist eine Argumentation, die es SPD-Spitzenkandidatin Natascha Kohnen ermöglichen würde, in den Ring mit Söder zu treten, da die SPD derzeit mit Abstand stärkste Oppositionspartei im Landtag ist.

Auch Aiwanger von den FW schließt sich da gerne an. Seine Fraktion sei im Landtag stärker als die der Grünen. Umfragen als Entscheidungsgrundlage zu nehmen, lehnt Aiwanger auch aus einem anderen Grund ab: "Vor einiger Zeit war die AfD in Umfragen zweitstärkste Kraft. Wären die vom BR dann auch in ein Duell mit der CSU geladen worden? Sicher nicht."

BR-Chefredakteur Christian Nitsche weist den Vorwurf, er greife in den Wahlkampf ein, "deutlich zurück". Zwischen SPD und Grünen lägen ganze sechs Prozentpunkte im letzen Bayerntrend. Die SPD stehe mit elf Prozent auf einer Stufe mit FW und AfD und werde "somit nicht als Herausforderer wahrgenommen." Auch wenn nicht nur der letzte, sondern alle Bayerntrends aus dem Jahr 2018 herangezogen werden, ändert sich daran wenig.

Im Januar lag die SPD noch knapp vor den Grünen, um sich im Mai, Juli und September hinter ihnen einzuordnen - mit immer größerem Abstand. Das Gesamtkonzept des BR trage auch der politischen Bedeutung der SPD in angemessenem Umfang Rechnung, sagt Nitsche. So habe Spitzenkandidatin Kohnen schon mit allen anderen Parteien an einer Wahlarena teilgenommen und werde fünf Tage vor der Wahl in einer 60-minütigen Wahlarena rund um das SPD-Wahlprogramm auftreten. Auch an dem "Fünfkampf", der zwei Tage nach dem TV-Duell gesendet wird, nimmt die SPD neben FW, AfD und FDP teil.

Auch die Linke ist zum ersten Mal dabei. Von ihr musste sich der BR kürzlich auch Beschwerden anhören, weil zur letzten Wahlarena nur die Parteien eingeladen wurden, die seit Jahresbeginn im Durchschnitt in BR-Umfragen über fünf Prozent lagen. Die Linke fühlte sich benachteiligt, weil sie trotz der fünf Prozent im jüngsten Bayerntrend nicht dabei war. Jetzt aber äußert sich BR-Chefredakteur Nitsche zur angeblichen Benachteiligung der SPD: Die sei "nicht erkennbar". Die Zusammensetzung von einem fünf Jahre alten Wahlergebnis abhängig zu machen, werde der "komplexen aktuellen politischen Lage nicht gerecht".

Die aktuelle Situation war bis vor Kurzem nicht denkbar

Die politische Lage in Bayern ist nicht nur komplex, sie ist auch einzigartig. Eine Diskussion wie jetzt war bis vor Kurzem nicht denkbar. Es galt als selbstverständlich, dass im TV-Duell die zwei Volksparteien SPD und CSU aufeinandertreffen. Es ist schon verzwickt genug, da kam auf den BR eine nächste komplizierte Entscheidung zu. Wen von den zwei grünen Spitzenkandidaten sollten sie einladen? Antwort gab das Alter von Spitzenkandidatin Katharina Schulze. Sie ist erst 33 Jahre alt und dürfte damit laut Bayerischer Verfassung gar nicht Ministerpräsidentin werden. Dazu braucht es mindestens 40 Jahre Lebenserfahrung. Die hat Ludwig Hartmann gerade erreicht - und ist damit offiziell Herausforderer von Söder.

Zu den Vorwürfen der SPD will er sich nicht äußern. Nur so viel sagt er: "Wir begrüßen die Entscheidung des BR." Auf die demokratische Auseinandersetzung zwischen der CSU und den Grünen hätten die Bürger gewartet. "Wir sind auf vielen wichtigen Politikfeldern der klare Gegenentwurf zur CSU", sagt Hartmann. Söder nennt das Programm der Grünen ein "Anti-CSU-Programm". "Wird sicher interessant", kommentierte er die Aussicht auf das Duell. Interessant ist ihr Auftritt auch deshalb, weil die Zuschauer am 26. September nicht nur zwei Politiker beobachten dürfen, die sich einig sind, uneinig zu sein, sondern auch zwei, die bald vielleicht über eine gemeinsame Regierung Sondierungsgespräche führen könnten.

Auch SPD-Spitzenkandidatin Natascha Kohnen äußerte sich im Netz zum Duell, allerdings nicht zu dem des BR, sondern zum Duell der Nürnberger Nachrichten. Die haben für den Dienstag in alter Tradition SPD und CSU zum Schlagabtausch eingeladen. Eine Veranstaltung, die wohl in Zeiten geplant wurde, die politisch weniger komplex waren.

© SZ vom 18.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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