Mitten in Bayern:Söders Wurst-Liebe und Aiwangers Wurst-Angst

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"Ich esse gerne, man sieht es mir leider auch an": Markus Söder ist einer der prominentesten Fleischesser Bayerns. (Foto: Twitter/Markus_Soeder)

Im Landtagswahlkampf in Bayern geht es um die Wurst. Auch wortwörtlich. Warum eigentlich? Über Wurst als Identität, Wurst-Toleranz und Weißwürste vom Grill.

Kolumne von Katja Auer

Immer geht es in Bayern um die Wurst. Dauernd. Im übertragenen Sinne eh, schließlich ist in drei Monaten Landtagswahl und da stehen wichtige Entscheidungen an. Ein großer Umbruch wäre zwar - Stand heute - überraschend, aber drei, vier Prozent hin oder her können für den einen das Ende der Karriere und für den anderen einen Schub für dieselbe bedeuten.

Und auch im Wortsinne geht es ständig um die Wurst. Der Ministerpräsident kann gar nicht genug kriegen davon, üblicherweise von der Nürnberger Variante, und sein Stellvertreter fürchtet in seiner ständigen Sorge um die Demokratie gar um das Recht, überall und jederzeit in eine solche hineinbeißen zu dürfen. Glücklich, wer keine größeren Sorgen hat, möchte man meinen, aber ehrlicherweise ist die Wurst auch in dieser Kolumne eines der meistbehandelten Sujets (neben ihren zwei gerade genannten Anhängern vielleicht), da braucht es keine Statistik.

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Das könnte man natürlich hinterfragen in Zeiten von Klimawandel und übermäßigem Fleischkonsum. Muss man da wirklich einem Lebensmittel so viel Aufmerksamkeit widmen, für das Tiere sterben, dessen Herstellung eine Menge CO₂ verursacht und das dazu nicht einmal besonders gesund ist.

Aber andererseits: Das ist halt Bayern. Es ist nicht zu leugnen, dass fränkische Bratwürste zur Identität dieses Volkes gehören, mindestens zur Gewohnheit, oder halt Regensburger Knacker, niederbayerische Milzwurst, Hofer Rindfleischwurst. Und ja, die Münchner Weißwurst natürlich.

Es gibt im Freistaat Orte wie die Regensburger Wurstkuchl, die allein Zubereitung und Verzehr der Traditionsspeise gewidmet sind, Fachveranstaltungen wie der fränkische Bratwurstgipfel sind etabliert und hier ist der weltweit vielleicht einzige Beruf zu finden, der sich total auf die Wurst konzentriert: der Hofer Wärschtlamo. Das ist schon was.

Bei so viel Expertise meinen manche auch regeln zu müssen, wo, wann und wie die Wurst zu verzehren ist. Die Weißwurst etwa darf den Strenggläubigen zufolge nur vor 12 Uhr mittags, südlich des Weißwurstäquators, also der Donau, und mit süßem Senf zu sich genommen werden. Was also, um Himmels Willen, mag sich nur die Nürnberger CSU gedacht haben, in der Hauptstadt der Bratwurst zum Weißwurstfrühschoppen einzuladen? Um dann noch "Fränkischer Grill" dazu zu schreiben? Ja wollen die denn Weißwürste grillen, diese ahnungslosen Franken, hört man im Geiste schon die Münchner rufen.

Aber halt, Weißwürste vom Grill gibt es längst. In Regensburg, ebenfalls nicht ohne Wurst-Kompetenz, ist diese Variante wohl nicht ganz so stark nachgefragt wie die klassischen Knacker, aber durchaus im Standard-Repertoire. Mit Gurken, Meerrettich und süßem Senf. Im Grunde sind die Bayern nämlich doch ein tolerantes Volk.

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