Öffnungszeiten:Bayerns Regierung hält an hohlen Regeln fest

Öffnungszeiten: Das Konzept eines automatischen Supermarkts ist neu, innovativ - und aus Sicht der bayerischen Regelungen leider nicht okay.

Das Konzept eines automatischen Supermarkts ist neu, innovativ - und aus Sicht der bayerischen Regelungen leider nicht okay.

(Foto: Achim Bachhausen/obs)

Ein automatischer Supermarkt darf sonntags nichts verkaufen, weil das gegen das Feiertagsgesetz verstößt? Es ist höchste Zeit, dass Bayern seine unmoderne Haltung aufgibt.

Kommentar von Thomas Balbierer

Die Idee ist charmant: Ein Supermarktbetreiber eröffnet in einem Dorf, das keinen eigenen Einkaufsladen mehr besitzt, einen automatisierten Mini-Shop, der auch noch rund um die Uhr geöffnet hat, an 365 Tagen im Jahr. Weil unter der Nonstop-Öffnung keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leiden, die sich an der Kasse die Füße in den Bauch stehen, ist das Konzept des sogenannten Walk-In-Store ein Gewinn für alle: für die Kunden, die selbst zur unchristlichsten Zeit noch eine Packung Milch oder ein Deo für das spontane Rendezvous besorgen können; für den Bürgermeister, dessen Gemeinde endlich wieder an die Nahversorgung angeschlossen ist und nicht deswegen Wegzug fürchten muss; für den Betreiber, der ohne Personaleinsatz rund um die Uhr Geld verdienen kann. Und für die Digitalisierung, weil ihre Erträge endlich beim Handel vor Ort bleiben, statt in die Taschen internationaler Konzerne wie Gorillas oder Amazon zu fließen. Wer könnte da nur was dagegen haben?

Diesmal ist es nicht das seit vielen Jahren umkämpfte Ladenschlussgesetz der bayerischen Staatsregierung, das aus dem geplanten 24/7-Supermarkt in Pettstadt einen 24/6-Markt macht - der Laden darf anders als von den Beteiligten zunächst angenommen doch nicht an Sonn- und Feiertagen öffnen. Diesmal ist es das bayerische Feiertagsgesetz, das schon Disco- und Clubbesuchern den nächtlichen Tanzspaß an sogenannten Stillen Feiertagen verbietet. Sonn- und Feiertage sind in Bayern eine ernste Angelegenheit.

Aber mit welchem Ziel? Wegen der restriktiven Regeln gehen an diesen Tagen auch nicht mehr Menschen in den Gottesdienst, der durch das Gesetz unter besonderem Schutz steht. Die Kirchenaustritte eilen auch in Bayern von einem Rekord zum nächsten. Die Regierung, vor allem der CSU-regierte Teil, hält also an hohlen Bestimmungen fest.

Bayerns Umgang mit Öffnungszeiten im Einzelhandel ist aus der Zeit gefallen. Auf der einen Seite preisen die Regierenden den Freistaat als Innovationsstandort Nummer eins, auf der anderen Seite verhindern sie durch Regeln, die kaum nachvollziehbar sind, dass innovative Projekte wie die Einkaufsbox in Pettstadt schwungvoll starten.

Soll doch jeder selbst entscheiden können, ob es wirklich nötig ist, an einem Sonntag um 22.40 Uhr noch eine Packung Chips im Selbstbedienungsladen zu kaufen. Der Staat verbietet auch Rauchern nicht, wann immer sie wollen, einen Zigarettenautomaten aufzusuchen - obwohl das deutlich gesundheitsgefährdender ist. Der Laden in Pettstadt verkauft nicht einmal Alkohol.

Es ist an der Zeit, dass die Regierung ihre unmoderne Haltung in Sachen Ladenschluss aufgibt und großzügige Ausnahmen für Projekte im Einzelhandel schafft, die auch an Sonn- oder Feiertagen wirklich niemanden stören. Schon gar nicht den Fortschritt, den Ministerpräsident Markus Söder so gerne beschwört.

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