München, 27. Oktober. Am Tag nach der Unterzeichnung des neuen Koalitionsvertrags von CSU und Freien Wählern ist eine geheime Zusatzvereinbarung öffentlich geworden. In dem 158-seitigen Papier verpflichten sich beide Parteien auf "Leitlinien zum demokratischen Mit- und Nebeneinander des Ministerpräsidenten und seines Stellvertreters". Demnach soll etwa die Verfassungsviertelstunde "bedarfsgerecht" stattfinden - an weiterführenden Schulen monatlich, an Grund- und Mittelschulen wöchentlich und im bayerischen Wirtschaftsministerium täglich. Sollte es "die Situation dringend erfordern", darf der Ministerpräsident seinem Stellvertreter auch "ganze Verfassungstage" verordnen.
Darüber hinaus erklärt sich der stellvertretende Ministerpräsident dazu bereit, "Fragenkataloge des Ministerpräsidenten auch weiterhin aus innerster Überzeugung ehrlich und umfassend zu beantworten". Zudem soll der stellvertretende Ministerpräsident künftig jeden Morgen "auf einem bunten Bodenbild" im Foyer des Wirtschaftsministeriums "seinen politischen Standort einzeichnen". In dem Papier ist von einem "spielerischen Ansatz" die Rede, der "bei Personen mit bekannter Erziehungsresistenz häufig bessere Ergebnisse" bringe als "traditionelle mündliche Kommunikation". Um den Druck zu mindern, stehen dem Vize-Ministerpräsidenten jeden Morgen drei Zeichen-Versuche zu; vor jedem einzelnen darf er sich mit FW-Fraktionschef Florian Streibl beraten.
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Ferner sehen die Zusatzvereinbarungen vor, dass der Vize-Ministerpräsident am fünfjährigen Aufbaukurs "Grundlagen der deutschen Erinnerungskultur" bei Dr. Ludwig Spaenle teilnimmt und öffentlich in dem neuen Podcast "Lanz & Precht & Aiwanger" über seine Lernfortschritte berichtet. Als Verhandlungserfolg der CSU darf auch die Zusatzvereinbarung 37d gelten, in der es heißt: "Der stellvertretende Ministerpräsident legt dem Ministerpräsidenten bis zum dritten Werktag jedes Quartals seinen aktuellen Impfpass vor."
Bei anderen Regelungen ist die Handschrift der Freien Wähler zu erkennen. So muss der Ministerpräsident fortan "jeden geplanten Kontakt mit Raubwild, Haarwild, Federwild und Schalenwild" vorab persönlich an der Pforte des Wirtschaftsministeriums anmelden. Ihm ist außerdem untersagt, "allfälligen Umgang mit landwirtschaftlichen Nutztieren fotografisch oder filmisch zu dokumentieren". Generell verboten ist dem Ministerpräsidenten auch "jegliche Interaktion mit dem Fraktionsvorsitzenden der SPD im Bayerischen Landtag".