Garmisch-Partenkirchen:Der AfD-Kreisrat, den niemand wollte

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Nach der Ablehnung eines AfD-Nachrückers im Garmisch-Partenkirchener Kreistag beschäftigt sich jetzt die Aufsichtsbehörde mit dem Fall. (Foto: Sachelle Babbar/imago)

Der Kreistag von Garmisch-Partenkirchen verweigert einem Nachrücker von der AfD die Aufnahme ins Gremium. Doch das wird am Ende wohl wieder nur den Falschen nützen.

Kolumne von Matthias Köpf

Ob es jetzt die Wählerinnen und Wähler wirklich so gewollt haben, darüber ließe sich vielleicht noch diskutieren. Immerhin wurden 2020 zwei Kandidaten von der AfD in den Kreistag von Garmisch-Partenkirchen gewählt. Der erste von ihnen wechselte bald zur Bayernpartei, behielt aber seinen Sitz im Kreistag. Die zweite hat ihr Mandat nun aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben, weshalb ein Nachrücker von der AfD-Liste gefunden werden musste. Die Kandidaten mit den dritt- und viertmeisten Stimmen sagten ab, so dass jetzt jemand zum Zug kam, für den es in der eigentlichen Wahl bei Weitem nicht gereicht hatte. Dass ihm die anderen Kreisräte am Mittwoch den formellen Beschluss zur Aufnahme ins Gremium verweigert haben, wird wohl trotzdem nur der AfD nützen.

Dass die Kreisräte da ein Zeichen setzen wollten, ist einerseits mehr als verständlich. Denn jenem AfD-Mann rechnen sie einen Social-Media-Account zu, der seinen in kyrillischen Buchstaben gesetzten Namen trägt. Was da alles gepostet und teils recht geschmacklos bebildert wird, das klingt nicht nur nach einer Haltung zum russischen Angriffskrieg, die von der Mehrheit deutlich abweicht, aber legitim wäre. Doch da werden zum Beispiel auch die Grünen als "Krebs im Volk" bezeichnet, der "herausgeschnitten werden" müsse. Und spätestens das hört sich nicht nach jemandem an, der in einem demokratischen Gremium an Entscheidungen mitwirken sollte.

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Aber es hilft nichts: Nach allen Regeln des Wahlrechts muss dieser Mann leider als gewählt gelten. Trotzdem hat der Kreistag zwar für seine stets unauffällige bis abwesende Vorgängerin per Beschluss das Ausscheiden aus dem Gremium festgestellt. Aber dem eigentlich ebenfalls nur rein formellen Punkt, dass für sie der besagte Parteifreund nachrücken wird, stimmten in dem 60 Personen starken Kreistag nur fünf Mitglieder zu.

Dass das so kaum zu halten sein wird, wissen zumindest die Wortführer im Kreistag offenbar selbst. Sie hatten die beiden Abstimmungen eigens vom Anfang der öffentlichen Sitzung an deren Ende geschoben, um wenigstens davor noch in gültiger Besetzung rechtssichere Beschlüsse zu fassen. Dann haben sie ihr Zeichen gesetzt, das sich am Mittwoch wie ein kleiner Sieg der Demokratie angefühlt haben mag. Aber wenn die Rechtsaufsicht oder gar ein Gericht diesen Beschluss korrigiert und dann die AfD die Sache für sich ausschlachtet, was leider dringend zu befürchten ist, dann gewinnen am Ende doch wieder die Falschen.

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