Klimakonzept der CSU:Söder hat sein Gesellenstück abgeliefert

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Das neue Klimakonzept kommt nicht bei jedem in der CSU gut an, trotzdem wurde es nun einstimmig verabschiedet. Söder ist schon mit dem nächsten Großprojekt beschäftigt - das wäre dann wohl sein Meisterstück.

Von Wolfgang Wittl, Feldafing

Einen erfahrenen Politiker erkennt man daran, dass er gar nicht erst zu einer Sitzung kommt, wenn eine Abstimmung ansteht, in der sich die Parteilinie schwer mit der eigenen Meinung verträgt. Die Abwesenheit von Peter Ramsauer hat daher kaum einen überrascht. Der frühere Parteivize blieb der Vorstandsklausur am Samstag fern, in der die CSU ihr Klimakonzept verabschiedet hat. Einstimmig, wie Markus Söder betonte. Nun sei Einstimmigkeit weder Pflicht noch Tugend, fügte der Parteichef an. Aber gefreut hat es ihn schon. Denn das Potenzial für Gegenstimmen war auch ohne Ramsauer vorhanden.

Gerade bei den Männern der alten CSU-Schule war sich die Parteispitze nicht sicher, ob sie die Neujustierung goutieren würden. Männer wie Hans Michelbach, Ehrenvorsitzender der Mittelstandsunion. Heinrich Traublinger, Ehrenpräsident des Bayerischen Handwerkstags. Sogar der frühere Innenminister Hans-Peter Friedrich, der bei einer ähnlichen Abstimmung in der CSU-Landesgruppe noch die Toilette aufgesucht haben soll, hob die Hand. Söder hat damit sein Gesellenstück als CSU-Anführer abgeliefert. Seit Januar ist er im Amt, in sechs Wochen will er mit einem guten Ergebnis wieder gewählt werden. Die Voraussetzungen könnten schlechter sein.

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Nach dem Volksbegehren "Rettet die Bienen", das sich für die CSU zur veritablen Gefahr entwickelt hatte, trimmt Söder seine Partei auf einen Kurs, der sie moderner und zeitgemäßer erscheinen lässt. Der zehrende Landtagswahlkampf, in dem Zehntausende gegen die CSU und ihn auf die Straße gegangen waren, bleibt ihm eine Lehre fürs politische Leben. Nie wieder, schwor er sich, werde ihm passieren, dass das positive bayerische Lebensgefühl rein gar nicht mehr mit der CSU in Verbindung gebracht werde. Zum Abschluss der Klausur in Feldafing sagte Söder: Die CSU treffe mit dem Klimakonzept das "Mehrheitsgefühl der Bevölkerung. Die CSU muss immer diesen Mehrheitswillen annehmen."

Zwei Tage beriet sich der Parteivorstand, außergewöhnlich konzentriert und harmonisch, berichten Teilnehmer. Seine Partei in Gänze auf diesem Weg mitzunehmen, ist wohl Söders wahre Leistung. Wie es einerseits interne Skeptiker gibt, die bei der Ergrünung ein langsameres Tempo fordern, geht es anderen nicht schnell und weit genug. Selbst der frühere Parteichef Erwin Huber, ein Freund der Wirtschaft, appellierte, die CSU müsse "die Bürger mobilisieren für diese historische Aufgabe". Den Satz, die Kinder sollen es einmal besser haben, müsse man heute "ökologisch definieren". Auch für CSU-Umweltpolitiker ist das Konzept nur "ein erster Schritt". Wolle man die Probleme ernsthaft anpacken, müsse da noch mehr kommen.

Zwei, die bislang nicht dem Umweltflügel zugerechnet wurden, stehen am Samstag neben Söder. Die Strategie der CSU, Klimaschutz und Konjunktur zusammenzubinden, könne als Exportschlager in der ganzen Welt Anwendung finden, sagt Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. "Wir haben mit dem Klimapaket eine echte Chance, den kritischen Blick der Öffentlichkeit auf die große Koalition zum Positiven zu verändern", wird er aus der Sitzung zitiert. Landtagsfraktionschef Thomas Kreuzer zeigt sich überzeugt, dass seine Abgeordneten zustimmen werden. Er mahnt aber, dass es neben dem Klimaschutz auch "ein modernes, wirtschaftlich starkes und ein soziales Bayern" brauche.

"Zig Milliarden" Euro werde das Programm kosten, sagt Söder. Weil es die Konjunktur ankurbele, lasse sich die schwarze Null trotzdem halten. Den Grünen wirft er vor, "bei ihrem Kernthema stehen geblieben" zu sein. "Sie fallen als intellektueller Sparringspartner aus." Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann konterte: "Oh, der Politikrüpel Söder ist zurück." Seine Regierung habe bislang noch keine konkrete Klimaschutzmaßnahme umgesetzt, sondern verharre im "Ankündigungsklimbim".

In der CSU läuft derweil bereits Söders nächstes Großprojekt, die Parteireform. Noch ist offen, ob und wie der Frauenanteil erhöht wird. Denkbar ist eine Ausweitung der 40-Prozent-Quote in Bezirks- und Landesgremien auch auf Kreisebene. Auch eine generelle Anhebung auf 50 Prozent ist im Gespräch. Über allem stehe das Ziel, die Partei frischer, jünger und weiblicher zu machen, sagt Generalsekretär Markus Blume: "Das ist eine Überlebensfrage für uns als CSU." Junge Fridays-for-Future-Aktivistinnen zu gewinnen und die Traublingers, Michelbachs und Ramsauers gleichzeitig nicht zu verlieren - das wäre wohl Söders Meisterstück. Peter Ramsauer war am Samstag übrigens wegen eines dringenden privaten Termins verhindert. Wie er abgestimmt hätte? "Da hätte ich wohl überlegen müssen", sagt er verschmitzt. Immerhin kein klares Nein.

© SZ vom 09.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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