Bayern:Diese Generalsekretäre prägten die CSU

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Treue Paladine, Schöngeister, Unglücksraben: Die Partei hatte in ihrer Geschichte ganz unterschiedliche Generalsekretäre. Wichtigster Gradmesser für sie waren immer die Erfolge bei Wahlen. Nur einer konnte sich dem entziehen.

Von Peter Fahrenholz, München

Müsste man die Riege der bisherigen CSU-Generalsekretäre nach ihrer Funktion und politischen Bedeutung sortieren, gibt es ein grobes Raster: die Zeit vor Franz Josef Strauß, die Zeit unter Franz Josef Strauß und die Zeit nach Franz Josef Strauß. Strauß selber war der erste Generalsekretär, er amtierte von 1949 bis 1952. Als Strauß 1961 CSU-Chef wurde, war Friedrich Zimmermann Generalsekretär, der das Amt bis 1963 behielt. Zimmermann, eine der schillerndsten Gestalten der CSU-Geschichte, war später als Chef der Landesgruppe die rechte Hand von Strauß in Bonn, was aber keineswegs hieß, dass er sich stets als treuer Erfüllungsgehilfe verstanden hätte.

Die Generalsekretäre nach Zimmermann, die beiden Landespolitiker Anton Jaumann und Max Streibl, haben keine sonderlichen Spuren hinterlassen, was auch damit zusammenhing, dass sie nicht zu den engen Vertrauten von Strauß zählten.

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Im Grunde erhielt das Amt seine wahre Bedeutung erst, als Gerold Tandler 1971 CSU-Generalsekretär wurde. Der gelernte Bankkaufmann war einer der engsten Weggefährten von Strauß und bekleidete die Position gleich zweimal. Unter Tandler wurde gewissermaßen das Jobprofil eines CSU-Generalsekretärs unter Strauß geboren. Verlangt war neben einer effizienten Organisation der Partei eine unbedingte persönliche Loyalität zu Strauß und grobe Attacken auf politische Gegner aller Art, zu denen gern auch als Linksabweichler verdächtigte Parteifreunde aus der CDU gehörten. Tandler selber hat sich immer eher als leitender Angestellter der Firma Strauß verstanden und nicht als Parteisoldat der CSU.

Gerold Tandler (hier im Jahr 2000) verstand sich als CSU-Generalsekretär vor allem als leitender Angestellter der Firma Strauß und nicht als Parteisoldat. (Foto: Stefan Kiefer/dpa)
Der Bundestagsabgeordnete Bernd Protzner (hier 1996) war wohl der größte Unglücksrabe unter den CSU-Generalsekretären. (Foto: Tim Brakemeier/dpa)
Thomas Goppel konnte als CSU-Generalsekretär einen grandiosen Wahlerfolg feiern, belohnt wurde er mit dem Posten des Ministers für Wissenschaft und Kunst. (Foto: Nestor Bachmann/dpa)

Auch Tandlers Nachfolger Edmund Stoiber hat die Doppelrolle als treuer Paladin von Strauß und der "Abteilung Attacke", wie Uli Hoeneß seine Rolle beim FC Bayern einst beschrieben hat, perfekt verkörpert. Stoiber galt in jener Zeit als "blondes Fallbeil" der CSU, stets bereit, sich vor seinen Herrn und Meister zu werfen. Stoiber halte seinen Kopf auch dahin, wo es denselben kosten könne, hat Strauß einmal über ihn gesagt.

Nach dem Tod von Strauß im Jahr 1988 wurde es schwieriger. Generalsekretär war kurz zuvor Erwin Huber geworden, der dann in ein schwer beherrschbares Spannungsfeld zwischen dem neuen CSU-Chef Theo Waigel und Max Streibl, dem Strauß-Nachfolger als Ministerpräsident, geriet. Streibl lieferte sich mit Waigel ein erbittertes Dauerduell, von den Medien gern als "Nase-vorn-Spiel" bezeichnet. Als Streibl 1993 schließlich im Rahmen der sogenannten "Amigo-Affäre" zurücktreten musste, wurde Stoiber sein Nachfolger und für Huber öffnete sich ein ungewöhnliches Karrierefenster. Er wurde als Vertrauter von Waigel, den mit Stoiber eine innige Parteifeindschaft verband, die mindestens so intensiv war wie später die Abneigung zwischen Horst Seehofer und Markus Söder, Leiter von Stoibers Staatskanzlei. Huber war damit das seltene Kunststück gelungen, das politische Wirtstier zu wechseln, ohne dabei Schaden zu nehmen.

Für den neuen CSU-Generalsekretär wurde es hingegen nicht einfacher, im Gegenteil. Waigel berief den Bundestagsabgeordneten Bernd Protzner und griff damit kräftig daneben. Protzner war nicht nur eingeklemmt zwischen dem schwerblütigen Waigel und dem hitzköpfigen Stoiber, sondern hatte auch mit seinen eigenen kommunikativen Unzulänglichkeiten zu kämpfen. Außerdem war er als Bundestagsabgeordneter weit weg von München, wo Stoiber und die zu diesem Zeitpunkt sehr mächtige Landtagsfraktion die politischen Themen der CSU vorgaben. Vermutlich war Protzner der größte Unglücksrabe aller Generalsekretäre.

Als nach dem Rücktritt von Theo Waigel alle Macht in der CSU wieder in einer Hand lag, nämlich bei Stoiber, änderte sich auch die Rolle des Generalsekretärs. Er war jetzt wieder mehr der Sekretär, weil alles Wichtige ohnehin in Stoibers Staatskanzlei entschieden wurde. Also fiel es nicht weiter auf, dass mit Protzners Nachfolger Thomas Goppel nicht unbedingt ein politisches Kraftpaket Generalsekretär wurde. Seine Neigung zu rätselhaften Schachtelsätzen wurde von Waigel auf einem Parteitag einmal als "kryptisch, aber auf hohem Niveau" verspottet. Aber Goppel konnte etwas vorweisen, was für jeden CSU-Generalsekretär der wichtigste Gradmesser ist: Wahlerfolge. Mit ihm als Generalsekretär gewann die CSU bei der Landtagswahl 2003 eine Zweidrittelmehrheit. Damit steigt man in der CSU die Karriereleiter hoch und weil Goppel mit viel Wohlwollen als politischer Schöngeist durchgehen kann, wurde er Minister für Wissenschaft und Kunst.

Karl-Theodor zu Guttenberg war 2009 für kurze Zeit Generalsekretär und stieg dann sehr schnell zum Bundeswirtschaftsminister auf. (Foto: Tobias Hase/dpa)

Danach folgte gewissermaßen ein Rückfall in alte Zeiten. Ein junger Generalsekretär trat an, seinem Chef Stoiber in nahezu grenzenloser Bewunderung zugetan und zugleich voller Ehrgeiz und mit der nötigen Skrupellosigkeit ausgestattet: Markus Söder. Es war fast wie früher unter Strauß: ein Hardliner in der CSU-Zentrale, der kräftig hinlangte und keine Scheu vor populistischen Manövern aller Art hatte. Zu Söders Glück gehörte, dass er als Generalsekretär keinen Landtagswahlkampf organisieren musste, sondern sich rechtzeitig ins Kabinett des Stoiber-Nachfolgers Günther Beckstein retten konnte.

Die volle Wucht der Wahlniederlage 2008 traf deshalb Söders Nachfolgerin Christine Haderthauer, der einzigen Generalsekretärin, die die CSU bisher hatte. Anders als Goppel lernte Haderthauer in ihrer nur einjährigen Amtszeit die Kehrseite der Medaille kennen: Wer verliert, muss gehen. Immerhin fand sich für sie ein Platz im Kabinett des neuen CSU-Alleinherrschers Horst Seehofer.

Wie sehr ein CSU-Generalsekretär am Erfolg bei der Landtagswahl gemessen wird, zeigte sich dann bei Alexander Dobrindt. Er war auf den neuen CSU-Star Karl-Theodor zu Guttenberg gefolgt, der nach noch nicht mal vier Monaten Bundeswirtschaftsminister wurde. Dobrindt organisierte für die CSU 2013 zwei erfolgreiche Wahlkämpfe auf Bundes- und Landesebene, bei der Landtagswahl gewann die CSU die absolute Mehrheit der Mandate zurück. Also wurde er belohnt - mit dem Amt des Verkehrsministers in Berlin. Sein Nachfolger Andreas Scheuer rettete seine Haut dann trotz Wahlpleite. Nach den herben Verlusten bei der Bundestagswahl 2017 folgte er Dobrindt als Verkehrsminister nach, eine Berufung, die der CSU bis heute schwer im Magen liegt.

Markus Blume (rechts) war zunächst der Stellvertreter von CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer und übernahm dann seinen Posten. (Foto: Andreas Gebert/dpa)

Scheuers Nachfolger Markus Blume ist zwar eine eloquente städtische Erscheinung, war aber möglicherweise nicht die Idealbesetzung, um den Niedergang der CSU bei ihrer konservativen Klientel auf dem Land zu stoppen. Nach den verheerenden Verlusten bei der Bundestagswahl und miesen Umfragewerten suchte Söder sein Heil in einem größeren Revirement, und Blume landete als Wissenschaftsminister im Kabinett.

Nach dem Rücktritt von Stephan Mayer muss Söder schon wieder einen neuen Generalsekretär suchen. Leicht wird das nicht. Schon Mayer galt als Notbesetzung, weil die Landtagsfraktion, aus deren Reihen das Amt angesichts eines schwierigen Landtagswahlkampfes eigentlich besetzt werden müsste, nicht gerade ein Talentschuppen ist. Und die Umfragewerte sind immer noch mies.

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