Zugspitze:Deutschlands höchstgelegene Denkmäler

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Die vier Gebäude auf der Zugspitze stehen nun auf der Denkmalliste. Sie sind zu unterschiedlichen Zeiten und Zwecken errichtet worden - und müssen extremen klimatischen Bedingungen standhalten.

Von Hans Kratzer, Zugspitze

Auf Deutschlands höchstgelegenem Arbeitsplatz sollte man kein Übergewicht mit sich herumschleppen. In der Bergwetterwarte Zugspitze geht es nämlich extrem eng her, fast wie in einem Bunker. Sehr steile und sehr schmale Treppen führen hinauf zu einem höchstens 15 Quadratmeter großen Wohnraum, der mit vielen Instrumenten und einem Klappbett ausgestattet ist, sowie auf die Dachfläche, wo wiederum Messinstrumente und allerlei Gerätschaften platziert sind. Auf dieser Plattform ist Deutschlands höchster Standort, klare Tage ermöglichen auf einer Höhe von 2963 Metern eine überwältigende Fernsicht. "Bei stabiler Föhnlage sehe ich bis in den Bayerischen Wald", sagt Wetterwart Julian Merker. Und der liegt fast 300 Kilometer entfernt.

Spektakulär sind aber auch die übrigen drei Bauwerke auf der Zugspitze, die zu ganz unterschiedlichen Zeiten und Zwecken errichtet worden sind. Nun sind die vier höchstgelegenen Gebäude Deutschlands allesamt in die Denkmalliste aufgenommen worden. Neben der Wetterwarte sind das die Schutzhütte des Deutschen Alpenvereins, die Funkübertragungsstelle und die Höhenstrahlungsmessstation. Die vier Bauten sind damit auch Deutschlands höchstgelegene Denkmäler.

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Für Wissenschaftsminister Bernd Sibler und den Leiter des Landesamts für Denkmalpflege, Generalkonservator Mathias Pfeil, war das Anlass genug, die neuen Denkmäler am Donnerstag persönlich in Augenschein zu nehmen. "Die Bauwerke sind einzigartig", sagte Pfeil gleich nach der Ankunft auf dem Gipfel, und Sibler schwärmte unter dem strahlend blauen Vormittagshimmel und vor der grandios leuchtenden Gebirgslandschaft, dies sei wohl der schönste Termin des Jahres.

Möglicherweise hat der Minister sein Urteil kurz darauf revidiert, denn auf der Zugspitze ist es auch bei Sonnenschein bitterkalt. Minus 23 Grad waren es am Donnerstag, und wer, wie Sibler, die Freiluftbesichtigung ohne Mütze absolvierte, der lief Gefahr, dass ihm die Ohren abfroren. Er stand den Kälteangriff aber mannhaft und ohne zu klagen durch.

Detlef Knipping vom Landesamt für Denkmalpflege prüft die Bausubstanz. (Foto: Angelika Warmuth/dpa)

Kälte und Entbehrungen setzten auch den Pionieren zu, die vor mehr als 120 Jahren hier heroben das erste Gebäude errichteten. Die 1897 erbaute Schutzhütte des Alpenvereins ist das älteste Haus auf dem Gipfel. Es war damals nicht weniger umstritten als heutige alpine Erschließungsprojekte. Die Gegner des Baus wetterten gegen den touristischen Aufbruch zur Zugspitze. Um Baumaterial zu bekommen, wurden sogar Felsen weggesprengt, die Bruchsteine wurden für die bis zu 1,2 Meter dicken Außenwände verwendet.

Jedes der vier Gebäude musste von der Konstruktion her den harten klimatischen Bedingungen angepasst werden. Sibler und Pfeil bezeichneten diese Leistungen als überragend, nicht nur in architektonischer Hinsicht, sondern auch in ihrer Funktionalität. In der im Jahr 1900 eröffneten Wetterwarte hängt ein Porträt des Meteorologen und Alpinisten Josef Enzensperger (1873-1903), der damals als erster Beobachter auf der Zugspitze überwinterte. Er war ein Pionier und Abenteurer, wie er im Buche steht. Im Jahr darauf schloss er sich einer Antarktis-Expedition an, auf der er dann, 29 Jahre alt, wegen einer Vitaminmangelerkrankung starb.

Was das Alleinsein auf der Wetterwarte angeht, hat sich seit Enzenspergers Zeiten nur wenig geändert. Außer dem Wetterwart hält sich hier niemand auf, am allerwenigsten in den Nächten, in denen häufig gewaltige Stürme über die Bergspitze jagen. Diese Naturgewalt zu ertragen, ist nicht immer leicht. Bei Orkanböen "wird's mir schon mulmig", sagte Julian Merker. Er vertraut darauf, dass das Gebäude schon seit hundert Jahren steht und bisher allen Naturgewalten getrotzt hat.

Die historische Aufnahme zeigt die Gebäude in den Anfängen. (Foto: Süddeutsche Zeitung Photo)

Merker beobachtet abwechselnd mit seinen Kollegen das Wettergeschehen und erfasst darüber hinaus eine Menge sonstiger Daten. Wie sensibel die Messgeräte reagieren, zeigte sich 2011 nach der Havarie des Atomkraftwerks im japanischen Fukushima. "Auch diesen Unfall konnten wir hier messen", sagte Merker, der schon 24 Jahre lang in der geschichtsträchtigen Hütte arbeitet.

Alle Rekorde hat er im Kopf: Die niedrigste Temperatur, die hier gemessen wurde, betrug minus 35,6 Grad, die höchste Windgeschwindigkeit 332 Stundenkilometer. Eine Grafik an der Wand zeigt die Jahresmitteltemperaturen. Die Farbe blau markiert kältere Jahre als der Durchschnitt, rot bedeutet wärmer. Seit 1990 dominiert die Farbe rot.

Am Fuß der Schutzhütte befindet sich die in den 70er-Jahren errichtete Funkübertragungsstelle. Mit ihrer Hilfe wurde damals eine Richtfunkstrecke vom heutigen Industriedenkmal Radom in Raisting (Kreis Weilheim-Schongau) nach Österreich und Italien errichtet. Am Donnerstag herrschte eine klare Sichtverbindung auf das Radom. Am Abend fegte der Sturm Bianca die Hülle des Radom hinweg, die Übertragungsstelle aber blieb heil.

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Beide Bauwerke wurden von Hans Maurer geplant, einem der bedeutendsten Architekten seiner Zeit. Das vom Zeltdach des Olympiastadions in München inspirierte Gebäude setzte architektonische Maßstäbe. "Damals erinnerte das an Science Fiction", sagte Generalkonservator Pfeil, "das Gebäude spiegelt die Zeit des Aufbruchs in den Weltraum wider." Pfeil nannte die Funkübertragungsstelle sogar "den einzigen futuristischen Bau in Bayern".

Benachbart dazu liegt die ehemalige Höhenstrahlungsmessstation, die 1963 innerhalb von nur 13 Tagen errichtet wurde. Durch Form und Fassade mutet das Gebäude wie ein Raumschiff an. Hier werden Messungen zur kosmischen Strahlung gesammelt, was dem Bau auch eine herausragende wissenschaftliche Bedeutung verleihe, wie Minister Sibler betonte. Dieser ordnete zum Schluss den hervorragenden Handyempfang nahe der Funkübertragungsstelle augenzwinkernd mit einem Zitat des Hausmeisters aus der Pumuckl-Serie ein: "Auf den Bergen wohnt die Freiheit, in den Tälern wohnt der Neid."

© SZ vom 29.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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