Migration:Knapp jeder fünfte Ukraine-Flüchtling in Bayern arbeitet

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Das Bild mit dem Willkommen-Schild ist Anfang März 2022 am Münchner Hauptbahnhof entstanden. Im Hintergrund werden Flüchtlinge aus der Ukraine nach ihrer Ankunft von Mitarbeitern der Caritas und freiwilligen Helfern empfangen. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Die Staatsregierung sieht Fortschritte bei der Integration von Geflüchteten auf dem Arbeitsmarkt. Arbeitgeber sollten auch Geflüchteten ohne perfekte Deutschkenntnisse eine Chance geben.

Von Nina von Hardenberg

Knapp zwei Jahre ist es her, dass Russland die Ukraine angegriffen hat. Seither sind etwa 170 000 Ukrainerinnen und Ukrainer nach Bayern geflohen, etwa zahlreiche Kinder. Von den Ukrainern im erwerbsfähigen Alter fanden seither 18 Prozent eine sozialversicherungspflichtige Arbeit - insgesamt 30 100 Menschen.

Das geht aus Daten hervor, die Bayerns Arbeitsministerin Ulrike Scharf und Integrationsminister Joachim Herrmann (beide CSU) auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der Bundesagentur für Arbeit am Mittwoch in München präsentierten. Fortschritte sahen die Minister auch bei der Arbeitsmarktintegration von anerkannten Asylbewerbern. Aus den acht wichtigsten Asylherkunftsländern seien 77 000 Menschen in Arbeit, sechsmal so viele wie zehn Jahre zuvor.

Allerdings sind in beiden Gruppen auch noch etwa ein Drittel arbeitslos und beziehen Sozialleistungen, auch das gehöre zur Wahrheit, sagte Herrmann. Ein weiterer Teil der Geflüchteten im arbeitsfähigen Alter besucht derzeit Integrations- oder Sprachkurse oder sie stehen dem Arbeitsmarkt aus anderen Gründen nicht zur Verfügung, etwa weil sie kleine Kinder betreuen.

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In den Zahlen sahen die Minister jedenfalls einen positiven Trend: "Die Integration in Arbeit gelingt nirgendwo so gut wie in Bayern", sagte Herrmann. "Viele Geflüchtete sind im Arbeitsmarkt angekommen, auch die ukrainischen Geflüchteten fassen dort immer mehr Fuß."

Zuletzt hatte es bundesweit Debatten gegeben, ob Deutschland nicht zu wenig unternehme, um ukrainische Geflüchtete in Arbeit zu bringen, zumal in anderen europäischen Ländern teilweise ein deutlich höherer Teil der Geflüchteten arbeitet. Die Zahlen sind allerdings Wissenschaftlern zufolge nicht immer vergleichbar. Die Niederlande etwa, wo Berichten zufolge besonders viele Ukrainer bereits arbeiten, zählten auch kleinste Gelegenheitsjobs als Beschäftigung, erklärt Yuliya Kosyakova, Migrationsprofessorin an der Universität Bamberg. "Rechnet man die raus, sind die Quoten der Arbeitsmarktintegration nicht viel höher."

Wer ohne Sprachkenntnisse einen Job anfängt, steige zudem häufig weit unter seinem Qualifikationsniveau ein. Eine Lehrerin geht dann etwa putzen oder packt Pakete im Versandhandel. Deutschland hat sich für einen anderen Weg entschieden. Es biete den Geflüchteten zunächst Sprachkurse an. "Dass erst einmal in die Sprache investiert wird, finde ich richtig", sagt Kosyakova. Langfristig könne sich das für Deutschland auszahlen, wenn die Zuwanderer so nachhaltiger integriert werden und möglicherweise bessere Jobs erreichen, was wiederum zu mehr Steuereinnahmen führen könnte.

Dennoch: Die Erwartung, dass sich mehr Geflüchtete Arbeit suchen sollten, klang auch in der Pressekonferenz an: Während in den ersten Monaten das Ankommen, Unterbringung und medizinische Versorgung angestanden haben, gehe es jetzt um Integration, sagte Ralf Holtzwart, von der Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit. "Wir wissen, dass Arbeit dabei der Schlüssel ist." Es gebe zahlreiche Möglichkeiten, eine Beschäftigung aufzunehmen - in Bayern so viel wie nirgendwo sonst. "Wir werden es nicht schaffen, dass jeder mit seinem Traumberuf einsteigt." Aber es sei möglich, in Beschäftigung zu wachsen und sich weiterzuqualifizieren. Er erwarte, dass sich jeder auf dem Arbeitsmarkt einbringe, in Vollzeit oder, wenn nicht anders möglich, in Teilzeit oder mit einem Minijob.

"Bayern zeigt Herz, aber wir fordern auch Integration ein", sagte Sozialministerin Ulrike Scharf bei der Pressekonferenz. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Holtzwart appellierte an die ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer, ihre Schützlinge bei der Arbeitssuche zu unterstützen. Die Arbeitgeber forderte er auf, Geflüchteten eine Chance zu geben, auch wenn sie nicht perfekt Deutsch sprechen und nicht genau ins Stellenprofil passen. "Wir können berufsbegleitend qualifizieren und auch berufsbezogene Sprachkurse finanzieren", sagte Holtzwart.

In Bayern gibt es derzeit 132 000 offene Stellen. Die Arbeitslosenquote beträgt nur 3,3 Prozent, bei Ausländern nur 8,2 Prozent - beides bundesweite Bestwerte. Die Integration der Flüchtlinge am Arbeitsmarkt sei jedoch ein Langstreckenlauf, sagte Herrmann.

"Bayern zeigt Herz, aber wir fordern auch Integration ein", sagte auch Sozialministerin Scharf. Einer der wichtigsten Schlüssel der Integration sei nun mal die Arbeit. Sie verwies auch auf die zahlreichen Ausbildungsmöglichkeiten, die sich gerade für junge Geflüchtete in Bayern böten. Auf einen Ausbildungswilligen kämen derzeit 1,7 offene Stellen.

Insgesamt ist die Zuwanderung von ausländischen Arbeitskräften ein Segen für die bayerische Wirtschaft. Daran ließen die Minister und auch Holtzwart keinen Zweifel: "Wir brauchen diese Menschen wirklich, um die Wirtschaft weiter wachsen zu lassen", sagte er.

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