Bayerischer Landtag:Haushaltsdebatte gerät zur Wahlkampf-Veranstaltung

Lesezeit: 4 Min.

Will in Zukunft weniger Geld an andere Länder überweisen: Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU). (Foto: Lennart Preiss/dpa)

Finanzminister Füracker stellt seinen Etatentwurf im Parlament vor und nutzt die Gelegenheit für ein paar Attacken. Die Opposition keilt zurück. Wegen des Haushalts? Aber nein.

Von Katja Auer

Eine Haushaltsdebatte im Landtag verspricht nicht per se unterhaltsame Stunden, schon weil die Materie kompliziert ist. Immerhin geht es um eine Menge Geld, alles, was die Staatsregierung einnehmen und ausgeben will, verteilt auf unzählige Haushaltstitel in 16 Einzelplänen. Das halten Kabinett und Regierungsfraktionen in der Regel für ein geniales Werk, während die Opposition hier Verschwendung wittert und dort Mangel befürchtet. So weit, so vorhersehbar.

Dennoch ist die Diskussion um die Finanzen unabdingbar, denn die Hoheit über den Haushalt ist nun einmal das vornehmste Recht des Parlaments. Auch wenn es in Bayern gerne so wirkt - und das freilich auch soll -, als ob der Ministerpräsident selbst das Geld verteilt, flankiert vom getreuen Finanzminister Albert Füracker. Und es am Ende auch irgendwie so ist, die Mehrheit von CSU und Freien Wählern lässt gleich am Beginn der Debatte, die sich über mehrere Wochen hinziehen wird, keine Zweifel daran, dass sie dem Haushaltsentwurf des Finanzministers zustimmen wird.

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71 Milliarden Euro umfasst der Etat für das Jahr 2023, der am Mittwoch in Erster Lesung im Landtag behandelt wurde. Füracker legt keinen Doppelhaushalt vor, wie sonst oft üblich, zu unsicher sei die Lage angesichts von Krieg und beginnender Rezession. Der Minister nutzte seine Redezeit für eine ausführliche Kritik an der Politik der Ampelregierung in Berlin. Der Bundeshaushalt beinhalte "null Konzept, null Perspektive und Schulden ohne Ende", sagte Füracker. Er kritisierte Beschlüsse aus Berlin, die die Länder ungefragt mitfinanzieren müssten, schimpfte über Energiesubventionen statt derer mehr Energie in Deutschland produziert werden müsste - aus Windkraft, das räumte er ein, aber "wir brauchen noch viele Jahre auch Treibstoffe, Öle und fossile Brennstoffe".

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) kam nicht ohne Tadel davon, der nehme 400 Milliarden Euro neue Schulden auf und behaupte, die Schuldenbremse einzuhalten. Bayern dagegen lege einen Haushalt ohne Neuverschuldung vor. Für den musste Füracker allerdings 3,5 Milliarden Euro aus den Rücklagen entnehmen. Das stand dem Eigenlob kaum im Wege, von Krisenmanagement sprach der Minister. 28 Prozent der Gesamtausgaben gingen direkt oder indirekt an die Kommunen - noch nie seien kommunaler Finanzausgleich und Schlüsselzuweisungen so hoch gewesen. Er hatte noch mehr Rekorde zu verkünden, wie sich das gehört in einer solchen Präsentation.

Der Landtagswahlkampf ist nicht mehr fern, teilweise hat er schon begonnen, das lässt sich wenige Tage vor Weihnachten nicht leugnen. Auf den 8. Oktober wurde der Wahltermin festgelegt und bis dahin wird die CSU viel Energie darauf verwenden, den Gegensatz zwischen Bayern und Bund möglichst drastisch erscheinen zu lassen - mit der wenig subtilen Botschaft, wo die bessere Politik gemacht wird. Um Geld wird es dabei noch oft gehen.

Die Ampelparteien müssen das Gegenteil vertreten. Es wird eine der spannenden Fragen werden, ob SPD, Grüne und FDP von der Regierungsbeteiligung in Berlin profitieren können. So oder so, die Haushaltsdebatte nutzte die Opposition ebenfalls zur Generalkritik. Der Ausbau der Windkraft komme zu langsam voran, sagte die Grünen-Haushaltsexpertin Claudia Köhler und der Härtefallfonds der Staatsregierung werde für Wahlgeschenke missbraucht.

Von einem "barocken Wahlkampfhaushalt" ist die Rede

1,5 Milliarden Euro stellt die Staatsregierung für die Folgen der Energiekrise bereit, wofür genau, das ist nach wie vor unklar. Begründet wird dies wiederum mit einem Verweis auf Berlin, erst wenn klar sei, wofür der Bund einspringe, könne Bayern mit dem eigenen Programm folgen, heißt es. Besonders erregt die Opposition, dass die Details, wenn sie denn feststehen, nicht vom Parlament beschlossen werden sollen, etwa in einem Nachtragshaushalt.

Vielmehr wollen CSU und Freie Wähler mit einem Dringlichkeitsantrag ein sogenannte Notbewilligungsrecht einräumen, sodass die Staatsregierung allenfalls den Haushaltsausschuss konsultieren muss und ansonsten recht frei über das Geld verfügen kann. "Sie missbrauchen unsere Verfassungsorgane, sie umgehen das Parlament", schimpfte Köhler.

Der SPD-Finanzfachmann Harald Güller pflichtete ihr bei und warf den Regierungsfraktionen vor, das Haushaltsrecht aushebeln zu wollen. Wie eine Fata Morgana geistere der Härtefallfonds seit Wochen durch die Landespolitik, doch das Ergebnis sei ernüchternd. Nur zwei konkrete Dinge sehe er bislang vor, die Verdoppelung der Vereinspauschale und den Zuschuss von 400 000 Euro mehr für die Tafeln in Bayern - beides Vorschläge der SPD, die die Regierungsmehrheit zuvor abgelehnt habe.

Einen "barocken Wahlkampfhaushalt", nannte Güller den Entwurf des Finanzminister, der dazu diene, die Macht der CSU zu sichern.

Helmut Kaltenhauser von der FDP verwies auf die sogenannte Fraktionsreserve, die sich von 30 auf 70 Millionen Euro erhöht habe. Dieses Geld dürfen die Mitglieder der Regierungsfraktionen ausgeben, in der Regel fällt für jede Abgeordnete und jeden Abgeordneten ein Sümmchen ab, mit dem er daheim seine Durchsetzungskraft in München belegen und den eigenen Ruhm mehren kann. Zum Wohl der Heimat natürlich. Kaltenhauser vermutete so auch reinen Zufall dabei, "dass ausgerechnet im Wahljahr keine Schulden gemacht werden und in Rücklagen gegriffen wird".

Ferdinand Mang von der AfD trug noch bei, dass die Reserven für "nutzlosen grünen Mist" ausgegeben würden, während Josef Zellmeier für die CSU und Bernhard Pohl für die Freien Wähler den Haushalt energisch verteidigten. Die Grünen "interpretieren den Haushalt wie immer völlig falsch" und könnten es weder in Berlin noch in Bayern, sagte Zellmeier und Pohl assistierte, dass die Auswechslung von CDU/CSU in der Bundesregierung die Dinge nicht besser, sondern "viel, viel schlechter" gemacht habe.

So weit, so vorhersehbar. Nun wird der Haushaltsentwurf in seinen Details im Ausschuss beraten und schließlich für die Zweite Lesung zurück ins Plenum geholt. Selbst das vornehmste Recht ist nicht per se ein glanzvolles.

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