Kriminalität:Hass und Hetze haben Konjunktur

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Eine Frau auf einer Demonstration gegen Hassrede. Trotz eines erhöhten Fahndungsdrucks gegen die Urheber bleiben Hass und Hetze im Internet in Bayern ein Problem. (Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann und Justizminister Georg Eisenreich präsentieren alarmierende Zahlen: Im Jahr 2022 wurden 1186 Straftaten in der Kategorie "Hasskriminalität" begangen.

Von Laura Lehner

"Hasskriminalität hat leider weiter Konjunktur", so hat Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) das Lagebild zur Hasskriminalität zusammengefasst. Gemeinsam mit Justizminister Georg Eisenreich (CSU) stellte Herrmann am Montag die Entwicklung der Straftaten in Bayern in den vergangenen vier Jahren vor. Dem Bericht zufolge gab es alleine 2022 in dieser Kategorie 1186 Straftaten. Auch wenn die Zahl einen leichten Rückgang zum Vorjahr bedeutet, waren sich die Minister einig: "Die Zahlen sind immer noch zu hoch."

Von Hasskriminalität spricht man, wenn Menschen aufgrund ihrer Nationalität, Hautfarbe, Religionszugehörigkeit oder ihrem Geschlecht oder ihrer sexuellen Orientierung Opfer von Straftaten werden. Herrmann sieht darin eine "besonders verwerfliche Form" von Straftaten. Mitunter bleibt es nicht bei verbalen Attacken, sondern es kommt auch zu körperlichen Übergriffen. Deren Zahl hat 2022 zugenommen. 115 solcher Gewaltdelikte, ein Anstieg um etwa 40 Prozent im Vergleich zu 2019, verzeichnete das Ministerium im vergangenem Jahr - ein neuer Höchststand.

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Auch die Zahl der antisemitisch motivierten Straftaten befindet sich im Vierjahresvergleich auf einem hohen Niveau. 2022 wurden in Bayern 358 solcher Straftaten registriert. Dies bedeute zwar einen Rückgang um 30 Prozent im Vergleich zum Rekordjahr 2021, sei jedoch weiterhin erschreckend hoch, sagte Herrmann. Der starke Anstieg in den Jahren 2020 und 2021 sei maßgeblich auf das Protestgeschehen während der Corona-Pandemie sowie auf die Soldidaritätsbekundungen infolge des Israel-Palästina-Konflikts zurückzuführen, erläuterte Eisenreich. Besorgniserregend sei außerdem die Zahl der registrierten Fälle von Kriminalität gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche sowie queere Menschen. "Das Thema steht stärker im Fokus der Öffentlichkeit, weshalb sich auch mehr Geschädigte bei der Polizei melden und Fälle anzeigen", heißt es in einer Mitteilung des Innen- und Justizministeriums. Seit 2019 ist auf diesem Feld ein Anstieg der Straftaten von 231 Prozent festzustellen. Insgesamt macht dieser Bereich jedoch nur etwa acht Prozent der Straftaten im Bereich der Hasskriminalität aus.

Der Kreis der Tatverdächtigen ist gleich geblieben: Sie waren zu etwa 90 Prozent deutsche Staatsbürger sowie zu etwa 80 Prozent Männer.

Innenminister Herrmann machte in diesem Zusammenhang auf die hohe Dunkelziffer aufmerksam. Nur wenn Opfer zur Polizei gingen, könnten Täter auch verfolgt werden. Der Freistaat Bayern konnte im vergangenen Jahr 64 Prozent aller Hasskriminalitätsdelikte aufklären. "Jede Anzeige erhöht die Wahrscheinlichkeit, Täter zur Verantwortung ziehen zu können", erinnerte der Minister.

Dass der Gang zur Polizei für viele Opfer jedoch schambehaftet sei, weiß der Beauftragte der Bayerischen Polizei gegen Hasskriminalität, Michael Weinzierl. Weinzierl wurde dieses Jahr zum Sonderbeauftragten berufen, um die Bekämpfungsstrategien der Polizei gegen Hasskriminalität fortzuentwickeln, die polizeiinterne Aus- und Fortbildung zu verstärken und die Zusammenarbeit mit externen Stellen zu forcieren. Weil der Umgang mit Opfern von Hasskriminalität besondere Sensibilität erfordert, werden laut Weinzierl Beamte in spezifischen Aus-und Fortbildungen dafür geschult. Polizeiliches Handeln solle so an Transparenz gewinnen. Er wies darauf hin, dass jede Polizeiinspektion über einen Ansprechpartner im Bereich Hasskriminalität verfüge.

Einer der Schwerpunkte bei der Aufklärung von Straftaten der vergangenen Jahre ist Hasskriminalität im Netz. "Hass und Hetze im Internet kann jeden treffen", sagte Eisenreich und nannte den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine als Beispiel für einen "Nährboden" für Straftaten im Internet. "Hasskriminalität vergiftet das gesellschaftliche Klima und unterdrückt die Meinungsfreiheit anderer", sagte er.

Umso wichtiger seien geeignete Präventionsmaßnahmen, um die Urheber von Hass und Hetze im Internet leichter zur Rechenschaft zu ziehen. Eine dieser Maßnahmen zur besseren Aufklärung der so genannten "Hate-Speech" im Internet, ist die Möglichkeit, online Strafanzeige zu stellen. Dazu habe die Justiz verschiedene Online-Meldeverfahren eingerichtet.

Eines der wirksamsten Mittel gegen Hasskriminalität im Netz und im echten Leben sei jedoch nach wie vor der Einsatz der Bürger. Sie sollten dem Hass in der Gesellschaft widersprechen und ihn konsequent zur Anzeige bringen. Auch im aktuellen Landtagswahlkampf - da waren sich die Minister einig - sei es wichtig, die ohnehin aufgeheizte Stimmung nicht zusätzlich durch Hass und Hetze zu befeuern.

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