Tanzverbot an Feiertagen:"Wo der Tanz ist, ist der Teufel" - wirklich?

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Am Aschermittwoch, Karfreitag oder Totensonntag darf in Bayern nicht getanzt werden. Ist das noch zeitgemäß? (Foto: dpa)

Die sogenannten stillen Tage, an denen nicht getanzt werden darf, sind angesichts noch immer geschlossener Clubs eher ein Randthema, möchte man meinen. Weit gefehlt. Der Dauerbrenner bayerischer Politik ist immer gut für Streit.

Glosse von Johann Osel

Partygänger und Discofans in Bayern dürfte momentan weniger die Sorge umtreiben, dass an den "stillen Feiertagen" wie Aschermittwoch, Karfreitag oder Totensonntag nicht getanzt werden darf. Vielmehr dürfte da die Sehnsucht sein, überhaupt wieder mal eine Tanzfläche zu betreten, die Corona-Verordnung zwingt nach wie vor Clubs und Nachtgastronomie zur Schließung.

Die Feiertagsregel indes war am Mittwoch Thema im Landtag, mit einem Gesetzentwurf der Grünen, schon in zweiter Lesung. Bereits bei Lesung eins hatte Sanne Kurz (Grüne) die Richtung so vorgegeben: "Es ist gute Tradition, dass man die Regeln, nach denen wir in unserer Gemeinschaft zusammenleben wollen, von Zeit zu Zeit überprüft." In dem Fall: "Wo der Tanz ist, ist der Teufel - wirklich, liebe Kolleginnen und Kollegen?"

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Das passt zur ewigen Grundsatzdebatte über die vermeintliche Aushöhlung der christlichen Feiertagskultur. Immerhin, 2013 hatte der Landtag schon eine Anpassung beschlossen, seitdem darf an einigen der neun stillen Tage zwei Stunden lang über Mitternacht hineingetanzt werden. Wobei man auch sagen muss, dass es das Feiervolk heutzutage gut hat im Vergleich zu noch früheren Zeiten. "Kathrein stellt den Tanz ein", hieß es einst in Volksmund und kirchlicher Tradition, mit dem Tag der heiligen Katharina im November begann die Adventspause; nach dem Fasching folgte schon das Tanzverbot der Fastenzeit. Die Regeln hielten sich, manchmal gar anders von Dorf zu Dorf, unterschiedlich lange.

These der Grünen nun: Im Baurecht werden Clubs als Kultureinrichtungen gezählt, das könne man einfach aufs Feiertagsgesetz übertragen; zumal Discos und Live-Musikstätten "den ernsten Charakter des Tages nicht mehr beeinträchtigen" als erlaubte Kultur- und Sportevents. Ohne Erfolg, außer den Grünen stimmte nur die FDP zu sowie bei der AfD Franz Bergmüller, als Gastro-Lobbyist in Sorge um die Umsätze. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sprach den Grünen "jedes Gespür für die kulturelle Grundlage unseres Landes" ab. Debatte beendet.

Eine Frage blieb. Im Plenum war die Rede vom Schlamm-Catchen, das als Sportereignis, anders als gediegener Schwof, gestattet sei. Vergebens wurde dazu aufgerufen, dass Abgeordnete, die Erfahrung mit dem glitschigen Metier haben, ihre Expertise teilen.

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