Politik in Bayern:Abschied des Erststimmenkönigs

Lesezeit: 2 Min.

Der CSU-Politiker Marcel Huber hat die Leitung des "Praktikerrats" am Landwirtschaftsministerium übernommen. (Foto: Carmen Jaspersen/dpa)

Marcel Huber beendet in dieser Woche seine politische Karriere, weil seine Frau schwer erkrankt ist. Das ist ehrenhaft - und sehr schade für die bayerische Politik.

Von Katja Auer , München/Mühldorf

Es gibt Abschiedsgrüße, die quälen Sender und Empfänger wohl gleichermaßen. Geheucheltes Bedauern, wenn einer endlich geht, den die anderen schon längst weghaben wollten. Elegische Ehrerbietungen für innovative Ideen, Offenheit und Teamgeist, auch wenn einer über die Jahre zum verknöcherten Egozentriker geworden ist.

Ungleich ehrlicher klingt da, was zurzeit Marcel Huber hinterhergerufen wird, der überraschend seine politische Karriere beendet. Seine Frau ist schwer erkrankt, nun sei sein Platz an ihrer Seite, sagt er - und legt sein Landtagsmandat zum Ende dieser Woche nieder.

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Bodenständig, uneitel, absolut integer, das sind Beschreibungen für Marcel Huber - und zwar schon vor seiner Rückzugserklärung. Die hat er sich nicht in einer langen Parteikarriere erarbeitet, Huber ist relativ spät in die Politik eingestiegen. 2001 trat er der CSU bei, 2003 zog er in den Landtag ein, 2007 machte ihn der damalige Ministerpräsident Günther Beckstein zum Umweltstaatssekretär. Bei der Landtagswahl 2008, als die CSU desaströs abstürzte und die absolute Mehrheit verlor, holte Huber daheim in Mühldorf dennoch ein glänzendes Ergebnis. Mit 54,1 Prozent der Stimmen fuhr er bayernweit das beste Resultat ein. Auch 2013 bekam er die meisten Erststimmen im gesamten Freistaat.

Überheblich hat ihn das nie gemacht, im Gegenteil, mit geradezu yogihafter Gemütsruhe nahm er die Rollen an, welche seine Parteichefs und der in der CSU heilige Regionalproporz ihm auferlegten. So war er in Horst Seehofers erstem Kabinett 2008 eine Nacht lang Landwirtschaftsminister - folgerichtig mit seiner langen Erfahrung als Tierarzt -, bis er sich wegen jener höheren Ordnung als Kultusstaatssekretär wiederfand. Später wurde er Staatskanzleichef und Umweltminister, parteiübergreifend geschätzt. Auch er hatte mit Problemen zu tun, aber niemals stand er dabei als Person in der Kritik. Seine Integrität gilt als unzweifelhaft, in dem Ausmaß ist das selten in der Politik.

Sein Ausscheiden aus dem Kabinett nahm er klaglos hin

Noch seltener aber ist, dass Huber so gar nicht zum Lästern taugt über Kollegen oder gar Ministerpräsidenten, er ist keiner, der aus dem Hinterhalt anlegt auf Parteifreunde oder Konkurrenten, womöglich zum eigenen Vorteil. Selbst als ihn Ministerpräsident Markus Söder 2018 nicht mehr im Kabinett haben wollte, waren es andere, die das kritisierten. Huber nahm es hin, auch wenn er mutmaßlich gerne geblieben wäre. Oder Landtagspräsident geworden, aber das blieb ihm verwehrt.

Nun gibt er auch seine Ehrenämter als Präsident des bayerischen Musikrats ab und als Vorsitzender des katholischen Männervereins Tuntenhausen, einem Hort der Traditionspflege und Heimatliebe, der manchem etwas verstaubt vorkommen mag. Bei Huber klingt die Heimatliebe echt, der Vater dreier Kinder war lange Kommandant der Feuerwehr Ampfing, bis ihn die Politik zu sehr forderte. Er spielte Kontrabass und Basstuba in der Blaskapelle und baut in seiner Freizeit Krippen. Der Rückzug aus der Politik, um sich ganz seiner Frau zu widmen, erscheint folgerichtig. Da handelt einer und redet nicht nur, das ist großartig. Und doch sehr bedauerlich für die bayerische Politik. Ganz ehrlich.

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