Kommunalpolitik in Bayern:Die Bürgermeister wollen mehr betüdelt werden

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Hans-Peter Mayer, seit März Direktor und geschäftsführendes Präsidialmitglied des bayerischen Gemeindetags. (Foto: Bayerischer Gemeindetag)

Von wegen "Partner auf Augenhöhe": Die Wertschätzung gegenüber Kommunen sei in der Landespolitik schon mal größer gewesen, mahnt der neue Geschäftsführer des bayerischen Gemeindetags, Hans-Peter Mayer.

Von Johann Osel

Fast das halbe Kabinett war erschienen, vor 50 Jahren in München-Schwabing. Damals hatte der bayerische Gemeindetag seine Geschäftsstelle eröffnet, Ministerpräsident Alfons Goppel kam, auch der Innenminister, der Finanzminister, dazu noch zwei Staatssekretäre - stolze fünf Vertreter der Staatsregierung gleichzeitig. Der Gemeindetag, das Sprachrohr der mehr als 2000 kreisangehörigen Städte, Märkte und Gemeinden, hat die Gästeliste von 1974 aus dem Archiv gefischt. Hans-Peter Mayer, seit März Direktor und geschäftsführendes Präsidialmitglied, schrieb dazu in der Verbandszeitschrift neulich: Das sei eine "Wertschätzung", wie sie die Gemeinden in dieser Form, wenn auch in einer schnelllebigeren Zeit, heute nicht mehr erführen.

Mayer erwähnte die einst so üppige Betüdelung nun erneut, bei seiner Amtseinführung im Senatssaal des Landtags. Für die Staatsregierung war Innenstaatssekretär Sandro Kirchner (CSU) anwesend, der die Kommunen als belastbares Fundament für die Entwicklung des Landes würdigte. Mayers Rede indes sah nicht nur Lobpreis für die Staatsregierung vor. Sich Zeit zu nehmen und nachzufragen, "wo drückt euch der Schuh" - das sei weniger geworden. Und in der Taktung der Gesetzgebung sei die Anhörung der Gemeinden oft zu hurtig und ihres Namens gar nicht wert.

Nun ist es klar, dass Interessenverbände nicht immer alles durchsetzen können in einem Staatsgefüge. Es gibt meist viele Forderungen und am Ende irgendwie eine Einigung, auf dass jeder das Gesicht wahren möge. Mayer legte aber nahe, dass die Stimmung gerade nicht allzu rosig ist.

Beispiel Geld. Statistisch gebe es Rekordeinnahmen, jüngst im kommunalen Finanzausgleich verankert. Aber: "Das Problem sind die Ausgaben", nötig sei eine ehrliche Diskussion auf allen politischen Ebenen, was Aufgaben des Staates seien und was nicht mehr möglich. Oder Bürokratieabbau, wie ihn Ministerpräsident Markus Söder forcieren will. Damit renne der Freistaat "bei uns offene Türen" ein, das müsse diesmal aber ernst gemeint sein. Insgesamt müsse man "weg vom Kleinklein" und den Mut haben, der kommunalen Selbstverwaltung zu vertrauen. Tatsächlich gebe es auch in der CSU oft das Denken: Bloß nicht zu viel Spielräume, "sonst bauen die lauter Konzertsäle".

Beim Empfang danach fand Mayers Mahnruf in der kommunalen Familie viel Anklang. Dass in der Landespolitik die Phrase so beliebt sei, dass Staatsregierung und Kommunen "Partner auf Augenhöhe" seien, löste in Gesprächen nahezu Belustigung aus. Man sprach da ziemlich frei, der Staatssekretär war schon weg.

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