Politik in Bayern:Für die Bauern, gegen rechte Trittbrettfahrer

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Mit Hunderten Traktoren nehmen Landwirte am Mittwoch an einer Kundgebung auf dem Plärrer in Augsburg teil. Als Reaktion auf die Sparpläne der Bundesregierung hat der Bauernverband zu einer Aktionswoche mit Kundgebungen aufgerufen. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Die Freien Wähler stellen sich auf ihrer Fraktionsklausur an die Seite der Landwirte, fordern aber auch klare Grenzen für Proteste. Und holen damit nach, was ihr Parteichef Hubert Aiwanger bislang vermieden hat.

Von Johann Osel, München/Lindau

Die Freien Wähler im Landtag stellen sich im Kampf der Landwirte gegen Kürzungen klar an deren Seite - mahnen aber auch mit Nachdruck friedliche Proteste an. "Es ist völlig legitim, dass die Landwirte für ihre mehr als berechtigten Anliegen demonstrieren", sagte Fraktionschef Florian Streibl vor der am Mittwoch gestarteten Winterklausur in Lindau der Deutschen Presse-Agentur. Tatsächlich belaste die Ampel-Regierung die Bauern in einer völlig überzogenen Art und Weise. Streibl betonte zudem: "Es gibt aber auch Grenzen. Wenn die Ampel auf Plakaten am Galgen aufgehängt wird - das geht nicht. Auch der Protest, so berechtigt er sein mag, muss sich an Recht und Ordnung halten."

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Auch eine Resolution zum Thema soll es auf dem dreitägigen Treffen der Abgeordneten geben; inklusive eben klarer Distanzierung von Gewaltfantasien, wie sie Rechtsradikale und "Querdenker" in die Bauernproteste tragen wollten. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) und die Deutsche Polizeigewerkschaft hatten vor dem Auftakt der Aktionswoche auf Basis entsprechender Hinweise davor gewarnt. Letztlich mischten sich im Freistaat, anders als teils in anderen Bundesländern, nach bisherigem Kenntnisstand bisher nur wenige Extremisten unter die große Menge der Bauern, gewaltverherrlichende Symbole wie Galgen wurden ebenfalls nur vereinzelt gesichtet.

FW-Chef und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger hatte zuletzt jedoch sämtliche Befürchtungen vom Tisch gewischt und damit auch behördliche Warnungen in Zweifel gestellt. Es sei sozusagen ein Trick, hatte er auf dem FW-Dreikönigstreffen im niederbayerischen Bad Füssing gesagt, "Unterwanderungen herbeizudiskutieren" - wohl in der Hoffnung, dass Menschen daheim bleiben und die Debatten "einschlafen". Nach einer als bedrohlich empfundenen Demo gegen den grünen Vize-Kanzler Robert Habeck in Schleswig-Holstein lehnt Aiwanger eine Verurteilung von Gewalt ab. Anders als nahezu die gesamte deutsche Politik, darunter Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Es gebe anderslautende Videos zum Vorfall im Internet, erklärte Aiwanger am Dienstagabend in der ARD-Sendung "Maischberger". Galgen auf Demos bezeichnet er in der Talkshow aber als "geschmacklos".

In FW-Fraktionskreisen hieß es am Mittwoch sinngemäß, man hole nun nach, was Aiwanger leider versäumt habe. Bei allem Respekt für Aiwangers Einsatz auf den Demos und möglichem Nutzen für die Partei müsse man "die Demonstrationskultur hochhalten" und "aufzeigen, was gar nicht geht". Im Resolutionsentwurf heißt es: "Wir sind der festen Überzeugung, dass diese Maßnahmen Landwirte in Deutschland unverhältnismäßig belasten und ihre Existenz bedrohen." Man distanziere sich aber "in aller Deutlichkeit von rechten Trittbrettfahrern, die die Not und die berechtigten Anliegen der Landwirte für ihre Ziele ausnutzen, um ihre obskuren Umsturzphantasien und demokratiefeindliche Haltung auszuleben". Zugleich verwehre man sich gegen pauschale Vorverurteilungen von Landwirten. Thematisch soll es auf der Klausur auch um den Schutz jüdischen Lebens in Bayern gehen sowie um "mehr Innovationsfreundlichkeit" am Wirtschaftsstandort. Die FW hatten bei der Wahl um 4,2 Prozent zugelegt, die Fraktion zählt viele neue Mitglieder. Das Treffen diene auch dem "Team-Building", hieß es, und des gegenseitigen Kennenlernens.

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