Ausbruch wie im Film:Mit dem Löffel durch die Zellenwand - Ausbrecher zu Haft verurteilt

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Vorerst hat der Reichenhaller Ausbrecher seinen festen Wohnsitz in München-Stadelheim. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Ein Mann kratzt sich mit dem Löffel durch die Gefängnismauer und seilt sich in die Freiheit ab. Verurteilt wird er am Ende, weil er dabei die Justizvollzugsanstalt beschädigt hat.

Kolumne von Matthias Köpf, Laufen

Verglichen mit dem ganzen Gebäude war der Schaden eigentlich gar nicht groß. Aber in Paragraf 305 des Strafgesetzbuchs über die "Zerstörung von Bauwerken" heißt es ja ausdrücklich, dass das betreffende Bauwerk "ganz oder teilweise zerstört" worden sein kann, um eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren zu verhängen respektive zu erhalten. Ein 30 mal 30 Zentimeter großes Loch in einer Hauswand in Bad Reichenhall hat nun jedenfalls für sieben Monate Haft gereicht. Das ist ungefähr doppelt so lange, wie der Verurteilte im Herbst für das Loch gebraucht hat. Aber er hatte da auch nur einen Löffel und einen Klorollenhalter zur Verfügung. Und er war schon damals im Gefängnis. Das Loch hat er nämlich in die Außenmauer der Justizvollzugsanstalt Bad Reichenhall gekratzt, um sich dann an verknoteten Bettlaken aus der ersten Etage in die Freiheit abzuseilen.

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So eine Flucht mag selbst nostalgischen Filmfreunden als etwas zu abgedroschen erscheinen. Auf dem Schaden blieb aber fürs Erste die Justiz sitzen. Sie hat ihn auf etwa 1500 Euro beziffert, denn das Loch war ja schnell wieder zugemauert und neu verputzt. Doch die Folgeschäden dürften weit höher sein. Denn die beiden äußersten Zellen werden seither nicht mehr als solche benutzt, und Wohnraum ist ja auch und gerade in Haftanstalten ein knappes und teures Gut.

Außerdem klaffte im Hochsicherheitsimage des freistaatlichen Strafvollzugs plötzlich ein Loch von ungefähr 30 mal 30 Zentimetern. Für den Spott brauchte die Justiz da nicht zu sorgen - zumal der Ausbrecher gleich am nächsten Tag bei seiner Familie in Traunstein wieder festgenommen worden war. Dort habe er seine kleine Tochter besuchen wollen, hat der 29-Jährige nun vor dem Amtsgericht in Laufen ausgesagt.

Seine Untersuchungshaft verbringt er seither in München-Stadelheim. Doch auch das könnte sich bald ändern. Der Mann steht nämlich gerade wegen schweren Bandendiebstahls, Sachbeschädigung und Störung der Totenruhe vor dem Landgericht Traunstein. Dieses hat ihm schon gute sechs Jahre Strafhaft in Aussicht gestellt, sollte es zur Überzeugung gelangen, er habe wirklich mit zwei Komplizen Opferstöcke in Kirchen geknackt sowie metallene Grabkreuze und Grabschmuck von mehreren Friedhöfen im Chiemgau gestohlen und als Altmetall verkaufen wollen. Die sieben Monate für die teilweise Zerstörung der Reichenhaller Justizvollzugsanstalt könnten dann in die Strafe einberechnet werden. Auf jeden Fall straffrei bleibt der Ausbruch. Denn seine Freiheit darf jeder suchen, solang er keinen verletzt und nichts kaputtmacht. Auch kein Gefängnis.

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