Politik:Daniel Halemba lässt AfD-Mitgliedsrechte ruhen

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Daniel Halemba, AfD-Politiker, wird unter anderem Volksverhetzung vorgeworfen. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Der umstrittene Landtagsabgeordnete gibt zudem seine Parteiämter freiwillig auf. Gegen den 22-Jährigen wird wegen mutmaßlicher Volksverhetzung ermittelt. Doch darum geht es der Partei gar nicht.

Von Johann Osel

Der bayerische AfD-Landtagsabgeordnete Daniel Halemba gibt mit sofortiger Wirkung alle Parteiämter zurück. Zudem lasse er seine Mitgliedsrechte in der Partei ruhen, teilte Halemba mit. In der Fraktion im Landtag bleibt er aber erst einmal Mitglied. Zuvor hatte der bayerische AfD-Vorstand die Einleitung eines Parteiausschlussverfahrens gegen den umstrittenen Landtagsabgeordneten vertagt und nur erste Weichen dafür gestellt. Ein Rechtsanwalt werde beauftragt, das vom Bundesvorstand in Auftrag gegebene Verfahren "zu prüfen und gegebenenfalls aufzubereiten", teilte der Bundestagsabgeordnete Stephan Protschka mit, der die Sitzung des Landesvorstands am Donnerstagabend leitete.

Am Dienstag hatte der AfD-Bundesvorstand die bayerische Gliederung zu dieser Maßnahme aufgefordert. Außerdem solle der Landesverband beim Landesschiedsgericht den sofortigen Ausschluss von der Ausübung seiner Mitgliederrechte beantragen. Der Bundesvorstand sprach von "festgestellten Verstößen gegen die Ordnung unserer Partei durch Mitwirkung an zwei Scheinwohnsitzmeldungen". Die AfD-Vorsitzende Alice Weidel sagte in einem Statement: Für den Bundesvorstand sei es "völlig klar gewesen, dass Herr Halemba nicht in der AfD Mitglied bleiben kann". Dass die Bayern-AfD diesen Ausführungen nicht sofort folgt, ist durchaus als eine Art Affront gegen den Bundesvorstand zu werten. Schon vor der Sitzung war aus dem Landesverband zu hören: Die Berliner Parteispitze wolle wohl das Verfahren, das an der rechtsnationalen Basis Kritik hervorrufen könnte, nicht selbst einleiten - sondern delegiere es, damit "die Bayern die Drecksarbeit machen müssen".

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Der AfD-Abgeordnete Daniel Halemba soll nach dem Willen des Bundesvorstands die Partei verlassen. Doch ob sich die bayerische AfD-Spitze der Anweisung aus Berlin beugt, ist noch unklar. Markus Söders Ratschlag an die Rechtspopulisten ist hingegen eindeutig.

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Der 22-jährige Halemba steht wegen mutmaßlicher Volksverhetzung und Verwendens verfassungsfeindlicher Kennzeichen auch im Fokus der Staatsanwaltschaft Würzburg, es geht um Vorfälle im Verbindungshaus seiner Prager Burschenschaft Teutonia zu Würzburg. Die Ermittlungen gegen Halemba und fünf weitere Personen laufen noch. Zudem soll es bei seiner Landtagskandidatur Unregelmäßigkeiten rund um Aufstellungstreffen in Unterfranken gegeben haben, zu seinen Gunsten.

Halemba war bei einer AfD-Versammlung in Begleitung von Neu-Mitgliedern erschienen, die für ihn stimmten und so zu seinem Erfolg bei der Kandidatenkür zumindest beitrugen. Zwei davon aus seinem AfD-Kreisverband Würzburg hätten aber offenbar gar nicht aufgenommen werden dürfen, da sie zum damaligen Zeitpunkt nicht ihren Hauptwohnsitz in der Stadt hatten. Damals anwesende lokale Halemba-Kritiker in der AfD sprachen von einer Art "Putsch" des Jungpolitikers. Nach Informationen der SZ sind die beiden offenbar satzungswidrig aufgenommenen Mitglieder mittlerweile wieder aus der AfD ausgetreten. Halemba teilte am Donnerstagabend mit, er stelle sich allen Vorwürfen, im Rahmen eines Parteiordnungsverfahrens. "Ich bin zuversichtlich, dass alle offenen Fragen bald geklärt sein werden."

Formal geht es nur um Wahl-Unregelmäßigkeiten

Hatte eine Mitteilung der Bundes-AfD an die Presse am Dienstag zunächst noch beide Gründe - die Ermittlungen gegen Halemba und die Aufstellungsversammlungen - für den drohenden Ausschluss aufgeführt, wurde in einer späteren Korrektur lediglich die Nominierungsaffäre genannt. Formal geht es bei der ganzen Angelegenheit also nur um die mutmaßlichen Wahl-Unregelmäßigkeiten, nicht um die rechtsradikalen Umtriebe seiner Würzburger Burschenschaft. Dort waren bei Durchsuchungen der Sicherheitsbehörden im Spätsommer diverse NS-Devotionalien und auch Waffen gefunden worden. Im Gästebuch des Hauses soll Halemba die Worte "Sieg Heil" mit seinem Namen signiert haben.

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Teile der AfD befürchten, dass Leute wie Halemba in den eigenen Reihen "Munition" für ein denkbares Parteiverbot liefern. Und dass offene Sympathien für den Nationalsozialismus hinderlich seien beim Aufstieg oder gar einer Regierungsfähigkeit der AfD. Denn dadurch würde die bürgerliche Mitte als weiteres Wählerpotenzial verschreckt.

Mehrheiten im Landtag könnten sich verschieben

Bei den Parteiämtern, die Halemba nun zurückgibt, handelt es sich um den AfD-Kreisvorsitz Würzburg sowie einen Posten im unterfränkischen AfD-Bezirksvorstand. Ohne Mitgliedsrechte darf er zum Beispiel nicht auf Parteitagen abstimmen; behält aber formal sein Parteibuch. Seine Mitgliedschaft in der Landtagsfraktion bleibt von dem Schritt unberührt. Würde Halemba irgendwann doch aus der Partei geworfen, dürfte auch das Ausscheiden aus der Fraktion folgen. Allerdings können Ausschlussverfahren ein oder sogar mehrere Jahre bis zum endgültigen Abschluss dauern, ein langwieriges Prozedere.

Das alles ist landespolitisch relevant, weil es das Kräfteverhältnis im Landtag verschieben würde: Gäbe er sein Mandat nicht zurück, zugunsten eines Nachrückers, bliebe er als fraktionsloser Abgeordneter im Parlament. Die AfD hätte damit 31 statt 32 Sitze und ein Mandat weniger als die Grünen, sie verlöre ihren Status als Oppositionsführerin mit bestimmten Rederechten und Privilegien. Auch deswegen unternimmt AfD-Fraktionschefin Katrin Ebner-Steiner offenbar erst mal nichts in der Sache. Druck kam am Freitag aus der CSU. Deren Fraktionschef Klaus Holetschek teilte mit: "Wenn Halemba seine Parteiämter zurückgibt, hat er etwas Entscheidendes vergessen: sein Landtagsmandat. Das muss er bei der Schwere der Vorwürfe sofort niederlegen. Die AfD-Fraktionsvorsitzende Ebner-Steiner muss sich hier klar positionieren und darf nicht länger schweigen."

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