Mitten in Bayern:Die Hauptstadt der Kneipen

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In der Gemeinde Chiemsee wird Geselligkeit groß geschrieben. Das sagt zumindest die Statistik

Kolumne von Matthias Köpf

Statistiken haben einen schlechten Ruf, schon wegen Churchill, der ja angeblich nur selbst gefälschten Statistiken glauben wollte - wobei auch das Churchill-Zitat wohl gefälscht ist, schlimmstenfalls ausgehend von Goebbels' Propagandaministerium. Unabhängig davon ist so eine Statistik aber schon praktisch, wenn es um wirklich große Zahlen geht. Um die riesige Zahl der Kneipen zum Beispiel, auf die sie etwa in Regensburg so stolz sind, dass die Düsseldorfer und alle anderen mit ihrer vermeintlich höchsten Kneipendichte Deutschlands allenfalls Hochstapler sein können. Andererseits: Was sind schon Kneipen? Der Bischofshof auch oder eher nur die Wunderbar? Und Hochstapler sind sie in Regensburg sowieso selber, denn das Landesamt für Statistik konnte dieser Tage hiermit aufwarten: Die höchste Gastronomiedichte in Bayern gibt es in der Gemeinde Chiemsee.

Dort auf der Herren-, der Frauen- und der unbewohnten Krautinsel, so haben es die Statistiker unter heftigem Augenzwinkern ausgerechnet, gibt es 22 entsprechende Betriebe je 1000 Einwohner, und damit weit mehr als in Schweinfurt, Passau und Aschaffenburg, und von Regensburg ist nicht mal die Rede. Der Landesschnitt sei über zehn Jahre von 2,4 auf 2,2 pro 1000 Einwohner gesunken, sowohl wegen der Betriebe als auch wegen der Einwohner. Statt die Sache hochzurechnen, ließen sich die Wirte auf den Inseln aber auch abzählen, und zwar an einer Hand. Und für alle Einwohner bräuchte man keine 50 Hände - um sie daran abzuzählen natürlich. Denn Chiemsee ist einwohnermäßig die kleinste Gemeinde Bayerns, falls da nicht wieder was gefälscht ist. Und aus diesem Superlativ folgen viele: So hat Chiemsee sicher auch die meisten Königsschlösser, die meisten Kini-Devotionalien, die meisten Christkindlmarktbesucher, die meisten Gedenkkreuze für den Kriegsverbrecher Jodl, die meisten Fährpassagiere, die meisten Renkensemmeln nach Matjesart mit Zwiebeln und die meisten Klosterschwestern, jeweils pro 230 Einwohner. Statistisch schlagen die 20 Schwestern auf den Frauenanteil durch, aber auch das muss speziell für die Fraueninsel ja sonst nichts heißen. Was es übrigens handgezählt gar nicht gibt, sind Kneipen. Die sind wohl alle in Regensburg.

© SZ vom 11.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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