Wirtschaft kompakt:Telekom: Besuch von der Justiz

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Telekom-Chef Obermann hat Ärger mit der Staatsanwaltschaft. Außerdem: Boeing beerdigt ein Millionen-Projekt und Daimler muss - das Wichtigste in Kürze.

Unschöner Besuch: Die Staatsanwaltschaft Bonn hat einem Bericht der Wirtschaftswoche zufolge die Wohnung von Telekom-Chef René Obermann durchsucht.

Telekom-Chef Obermann hat Ärger mit der Staatsanwaltschaft und weist die Vorwürfe, die gegen ihn erhoben werden, zurück. (Foto: dpa)

Bei der Razzia Ende August sei umfangreiches Material beschlagnahmt worden, berichtete das Wirtschaftsmagazin in seiner Online-Ausgabe.

Der Konzern bestätigte auf Anfrage Ermittlungen in der Konzernzentrale. Zur angeblichen Razzia in Obermanns Privatwohnung wollte sich ein Sprecher nicht äußern. In einer Mitteilung des Konzerns heißt es: "René Obermann stellt ausdrücklich fest, dass die Vorwürfe haltlos sind und sich dies auch in Kürze zeigen werde." Die Deutsche Telekom arbeite seit fünf Jahren mit den Ermittlern zusammen, das aktuelle Vorgehen der Behörden sei dem Unternehmen unklar.

Die Strafverfolger ermittelten im Auftrag der US-Börsenaufsicht SEC und des US-Justizministeriums gegen acht Telekom-Manager wegen des Verdachts der Bestechung oder der Beihilfe zur Bestechung bei Telekom-Tochter Magyar Telekom, hieß es. Die Vorfälle lägen rund fünf Jahre zurück.

Der US-Luftfahrtkonzern Boeing hat sein Millionen-Projekt zum Bau eines Fracht-Luftschiffs auf Eis gelegt. Ohne staatliche Hilfe könne das Projekt nicht fortgesetzt werden, sagte der Chef des kanadischen Unternehmens Skyhook, Ric Charron, mit dem Boeing zusammen das Luftschiff entwickelt, der Financial Times Deutschland.

"Das Projekt geht nicht weiter, bis wir Geld bekommen", sagte Charron. Auch ein Sprecher von Boeing bestätigte der Zeitung gegenüber, dass die Arbeiten am Skyhook-Luftschiff derzeit ruhen. Skyhook-Chef Charron sagte, dass 100 Millionen Dollar staatliche Unterstützung notwendig seien, um ein erstes Modell des Frachttransporters zu bauen. Insgesamt fielen für den Prototypen rund 220 Millionen Dollar an.

Das Skyhook-Luftschiff wird seit 2008 entwickelt. Der Erstflug war bereits auf 2014 verschoben worden, nachdem ursprünglich 2012 angepeilt war. Bei dem Gefährt handelt es sich um ein Luftschiff mit Helikopter-ähnlichen Rotoren zum Steuern an den Seiten. Es soll 140 Meter lang sein und 36 Tonnen Last transportieren können.

Ein Scheitern des Skyhook-Luftschiffs wäre für Boeing ein weiterer Rückschlag nach den Verzögerungen bei seinem Langstreckenflieger 787 Dreamliner. In Deutschland scheiterte vor mehreren Jahren mit dem Luftschiff CargoLifter ein ähnliches Projekt. Das Unternehmen CargoLifter ging im Sommer 2002 Pleite. Das Luftschiff selbst galt damals als eines der am meisten Aufsehen erregenden Luftfahrt-Projekte seit langem, litt jedoch unter finanziellen Schwierigkeiten. Der Bund hatte sich damals geweigert, ein rund 300 Millionen Euro schweres Darlehen zu genehmigen.

Die deutsche Wirtschaft wird nach Einschätzung der EU-Kommission in diesem Jahr stärker wachsen als gedacht. Mit einem erwarteten Plus von 3,4 Prozent wird Deutschland voraussichtlich als Konjunkturlokomotive an der Spitze der großen Volkswirtschaften in Europa stehen. Das schreibt die EU-Kommission in ihrem in Brüssel vorgelegten Konjunkturgutachten und verdreifacht nahezu ihre bisherige Prognose.

Insgesamt wachsen die 27 EU-Staaten demnach 2010 mit 1,8 Prozent nur etwa halb so stark wie Deutschland. Die Brüsseler Experten sind damit optimistischer als die Bundesregierung und die Bundesbank, die drei Prozent Wachstum für das laufende Jahr erwarten.

Der Autohersteller Daimler hat in den USA Tausende Busse wegen möglicher Defekte in der Elektrik vorsorglich in die Werkstätten beordert.

Durch Korrosion und unisolierte Kabel könne es zu Kurzschlüssen, dem unerwarteten Ausfall des Motors sowie der Beleuchtung oder gar zu Fahrzeugbränden kommen, teilte die US-Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA mit. Von dem Rückruf betroffen sind Fahrzeuge der Marke Thomas Built Buses der Baujahre 2004 bis 20211, die zum Teil als Schulbusse genutzt werden.

Das Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit (BA), Raimund Becker, hat die Beendigung aller Anreize zur Frühverrentung angeregt. "Langfristig ist es strategisch sinnvoll, alle Anreize zur Frühverrentung abzuschaffen. Dazu gehört die Verlängerung der Laufzeit von Arbeitslosengeld genauso wie die Altersteilzeit", sagte Becker dem Hamburger Abendblatt.

Es sei wichtig, die Menschen länger in den Betrieben zu halten, hob der BA-Vorstand hervor. "Dazu gehört auch ein späteres Renteneintrittsalter, das momentan durchschnittlich bei 63 Jahren liegt", sagte Becker.

Außerdem warnt Becker vor den Folgen des demografischen Wandels für die Betriebe. "Es werden in den Jahren 2025 bis 2030 bis zu fünf Millionen Arbeitskräfte fehlen", sagte Becker. Den demografischen Wandel würden die Unternehmen mit aller Kraft zu spüren bekommen, betonte er. In diesem Zusammenhang befürwortet er die stärkere Unterstützung älterer Beschäftigter in den Betrieben. "Da wird man sich stärker mit dem Thema ältere Beschäftigte, Gesundheitsprävention und Lernformen für Ältere auseinandersetzen müssen", sagte Becker.

FDP-Generalsekretär Christian Lindner lehnt eine komplette Abschaffung der Ermäßigungen bei den Mehrwertsteuersätzen ab. "Wir wollen, dass der Grundbedarf nicht stärker belastet wird", sagte Lindner der Passauer Neuen Presse. Ein einheitlicher Satz hätte sicherlich seinen Reiz.

Lebensmittel, Zeitungen und Kultur sollten aber wie bisher mit dem ermäßigten Satz besteuert werden. Darüber hinaus könne man bei einer Reform der Mehrwertsteuer über vieles sprechen. Einem Spiegel-Bericht zufolge plädiert ein vom Bundesfinanzministerium in Auftrag gegebenes Gutachten für die komplette Abschaffung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes von sieben Prozent. Im Gegenzug solle ein einheitlicher Satz von weniger als 19 Prozent festgelegt werden.

"Die Koalition wird die Mehrwertsteuer einer Revision unterziehen", kündigte Lindner an. Zugleich bekräftigte er, dass er die auf Drängen der FDP und CSU beschlossene Reduzierung der Mehrwertsteuer für Hotels nachträglich für einen Fehler halte. Eine solche Maßnahme hätte nicht isoliert gemacht werden dürfen. Die schwarz-gelbe Koalition hatte angekündigt, im September über Änderungen an der Mehrwertsteuer zu sprechen.

Der deutsche Maschinenbau hat angesichts der kräftig anziehenden Konjunktur seine Produktionsprognose für das laufende Jahr verdoppelt. Die Branche rechnet nach den dramatischen Einbrüchen im Krisenjahr 2009 nun mit einem Produktionsplus von sechs Prozent, sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), Hannes Hesse, in München bei der Eröffnung der Fachmesse Ifat Entsorga.

2009 war die Produktion real um 24,5 Prozent eingebrochen. "Die Konjunktur hat sich wesentlich besser entwickelt als wir es noch vor Jahresfrist erwartet haben", sagte er. 2009 hatte die mittelständisch geprägte Branche mit einem Minus von 38 Prozent ihren schlimmsten Einbruch bei den Auftragseingängen seit mehr als 50 Jahren erlitten.

"Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau kann für das erste Halbjahr 2010 eine ausgesprochen positive Bilanz ziehen", sagte Hesse. Zwar sei die Produktion in den ersten sechs Monaten real nur um ein halbes Prozent gewachsen, seit März gehe es aber nach einem Rückgang zu Jahresbeginn stetig bergauf. "Für den Mai errechnete sich 5,4 Prozent, für den Juni sogar 9,5 Prozent Wachstum."

Ersten Berechnungen zufolge ergebe sich auch für den Juli ein Produktionsplus von mehr als neun Prozent. "Die Exporte wuchsen in der ersten Jahreshälfte preisbereinigt um 3,5 Prozent", sagte Hesse. Der Aufschwung werde von immer mehr Ländern getragen. "Die stärksten Impulse kommen von den amerikanischen und asiatischen Entwicklungs- und Schwellenländern wie China, Indien und Brasilien, aber auch aus Ländern wie Russland, Schweiz, Polen, Türkei, Korea, Ungarn belebt sich die Nachfrage."

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