Krim-Krise:Obama fordert Putin zum Truppenabzug auf

Lesezeit: 4 min

Prorussische Demonstranten in Donezk - auch dort wird ein Referendum gefordert. (Foto: dpa)

Obama: Russland soll Truppen von ukrainischer Grenze abziehen +++ Entmachteter Präsident Janukowitsch ruft Ukrainer zu Referenden in allen Regionen auf +++ Vizekanzler Gabriel kritisiert Debatte um Abhängigkeit von russischen Energielieferungen +++

Die Entwicklungen im Newsblog

  • Obama fordert russischen Truppenabzug von ukrainischer Grenze
  • Janukowitsch fordert Volksabstimmungen in der Ukraine
  • Gabriel kritisiert Debatte um Gasimporte aus Russland
  • Ukrainisches Parlament macht Weg für Finanzhilfen frei
  • Rechtsextreme protestieren in Kiew
  • UN-Vollversammlung: Große Mehrheit der Staaten verurteilt Annexion der Krim

Obama fordert Truppenabzug von Putin: US-Präsident Barack Obama hat Russland zum Rückzug der an der Grenze zur Ukraine stationierten Soldaten aufgefordert. Es sei möglich, dass Moskau lediglich darauf ziele, die "Ukraine einzuschüchtern, aber es kann auch sein, dass sie weitergehende Pläne haben", sagte Obama im CBS-Interview. Er rief Russlands Staatschef Wladimir Putin außerdem zu direkten Gesprächen mit der ukrainischen Regierung und Verhandlungen mit der internationalen Gemeinschaft auf. Die US-Regierung geht davon aus, dass rund 20 000 russische Soldaten nahe der Ostgrenze der Ukraine stationiert sind. Die ukrainische Regierung sprach sogar von "fast 100 000 Soldaten". Die Regierung in Moskau hatte Berichte über größere Truppenbewegungen hingegen dementiert.

Janukowitsch will Referenden in allen ukrainischen Regionen: Nach dem Referendum über die Angliederung der Krim an Russland fordert der entmachtete Präsident Viktor Janukowitsch Volksabstimmungen in allen ukrainischen Regionen. "Als Präsident rufe ich jeden vernünftigen ukrainischen Bürger auf: Lassen Sie sich von den Betrügern nicht benutzen! Sie brauchen ein Referendum über den Status jeder Region in der Ukraine!", zitiert die russische Nachrichtenagentur Itar-Tass eine Erklärung Janukowitschs. Der 63-Jährige betonte, nur eine landesweite Volksbefragung und keine vorgezogene Präsidentenwahl könnte die Situation stabilisieren und die Einheit erhalten. Janukowitsch war nach dem Machtwechsel in Kiew im Februar nach Russland geflohen.

Keine Alternative zu Erdgas aus Russland: Zum Import von Erdgas aus Russland gibt es nach Ansicht von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel "keine vernünftige Alternative". In der Debatte über die deutsche Energieversorgung und die Abhängigkeit von Russland werde so getan, als bestünden andere Möglichkeiten, sagte er bei einer Veranstaltung der Neuen Osnabrücker Zeitung. Gabriel warnte zugleich vor "Panikmache" wegen eines möglichen Lieferstopps. Russland (die Sowjetunion) habe seine Verträge selbst in Zeiten des Kalten Krieges stets eingehalten. Europa könne jetzt aber beweisen, dass es "mehr ist als eine ökonomische Zugewinngemeinschaft von mutlosen Pfeffersäcken". Im Zweifel müssten die EU-Staaten bereit sein, auf wirtschaftliche Vorteile in den Außenbeziehungen zu Russland so lange zu verzichten, bis Konflikte am Verhandlungstisch gelöst würden, schreibt Gabriel in der Welt. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte zuvor noch eine Reduzierung der Abhängigkeit von russischen Energielieferungen gefordert. "Es wird eine neue Betrachtung der gesamten Energiepolitik geben", sagte sie nach einem Gespräch mit dem kanadischen Premierminister Stephen Harper. Harper deutete an, dass Kanada Europa künftig mit Gas und Öl versorgen könnte.

Ukrainisches Parlament billigt Sparpaket: Im zweiten Anlauf nahm das ukrainische Parlament ein Gesetzespaket an, das als Voraussetzung für überlebenswichtige Hilfen in Milliardenhöhe gilt. 246 Abgeordnete votierten am Donnerstag bei der live im Fernsehen übertragenen Sitzung für soziale Einschnitte wie Steuererhöhungen und Subventionskürzungen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte zuvor dem nahezu bankrotten Land bis zu 18 Milliarden US-Dollar Kredit (13,1 Milliarden Euro) in Aussicht gestellt. Im Gegenzug fordert die Organisation aber Wirtschaftsreformen. Das nun verabschiedete Gesetz sieht unter anderem höhere Abgaben etwa für Mineralöl, Alkohol und Tabak vor. Zudem plant die Regierung um Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk den Abbau von Zehntausenden Stellen bei Behörden und Sicherheitsorganen. Unterdessen hat auch der US-Kongress mit überwältigender Mehrheit Finanzhilfen für die Ukraine freigegeben. Mit 339 zu 19 Stimmen machte das Repräsentantenhaus den Weg frei für Kreditgarantien in Höhe von einer Milliarde Dollar (720 Millionen Euro).

Rechtsextreme Demonstranten in Kiew: Nach der Tötung eines nationalistischen Paramilitärs verlangten etwa 1000 rechtsextreme Demonstranten die Entmachtung von Innenminister Arsen Awakow. Vor dem Sitz des Parlaments in Kiew fordern sie die Abgeordneten auf, den Rücktritt des Ministers zu erzwingen. Nachdem einige der Anhänger des Prawy Sektor (Rechter Sektor) zunächst Scheiben eingeworfen und mit der Stürmung des Gebäudes gedroht hatten, zog sich die Menge wieder zurück und vertagte ihren Protest auf Freitagmorgen. Am Montag war ein Regionalchef der rechtsextremen Bewegung bei einem Schusswechsel mit Elite-Polizisten getötet worden, die ihn im westlich gelegenen Riwne festnehmen wollten. Die paramilitärische Organisation, die während des Aufstands gegen Ex-Präsident Viktor Janukowitsch auf den Barrikaden in Kiew präsent war, hatte sich am vergangenen Wochenende mit anderen nationalistischen Bewegungen zu einer politischen Partei zusammengeschlossen. Ihr Anführer Dmytro Jarosch will als Kandidat bei den Präsidentschaftswahlen im Mai antreten.

Proteste von Rechtsextremen in Kiew (Foto: REUTERS)

UN-Vollversammlung verurteilt Annexion der Krim: Mit großer Mehrheit verurteilt die Vollversammlung der Vereinten Nationen die Annexion der Krim durch Russland. Eine entsprechende Resolution fand am Donnerstag in New York die Zustimmung von 100 Staaten, nur elf stimmten dagegen (Armenien, Weißrussland, Bolivien, Kuba, Nordkorea, Nicaragua, Russland, Sudan, Syrien, Venezuela, Simbabwe). 58 enthielten sich. Deutschland stimmte dafür. Das Papier appelliert an die internationale Gemeinschaft, keine Veränderung der ukrainischen Grenzen anzuerkennen und eine diplomatische Lösung der Krise zu finden. Russland wird aber nicht namentlich genannt. Ein Veto gibt es in der Vollversammlung nicht, die Resolutionen sind allerdings nicht bindend. Im Vorfeld der Abstimmung hatten Vertreter der Ukraine auf eine offizielle Verurteilung Russlands gedrängt. Moskau hingegen hatte der Ukraine vorgeworfen, eine antirussische Atmosphäre in der internationalen Gemeinschaft zu schaffen. Die Resolution kritisierte das Außenministerium als "kontraproduktiv". Der Beschluss werde "die Beilegung der politischen Krise in der Ukraine erschweren". Die nicht bindende Resolution sei eine "parteiische Interpretation" der Vorgänge in der Ukraine.

Plattform X

Die SZ-Redaktion hat diesen Artikel mit einem Inhalt von X Corp. angereichert

Um Ihre Daten zu schützen, wurde er nicht ohne Ihre Zustimmung geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte von X Corp. angezeigt werden. Damit werden personenbezogene Daten an den Betreiber des Portals zur Nutzungsanalyse übermittelt. Mehr Informationen und eine Widerrufsmöglichkeit finden Sie untersz.de/datenschutz.

Linktipps:

© Süddeutsche.de/AFP/dpa/Reuters/sebi - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: