Deutsch-russische Gipfeltreffen:Wodka, Wende, Weihnachten

Medwedjew besucht Merkel: Werden sie russischen Wodka trinken? Sich für Weihnachten verabreden? Altkanzler Kohl ging mit Präsident Jelzin einst in die Sauna. 60 Jahre deutsch-russische Gipfeltreffen in Bildern.

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Medwedjew, Merkel

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Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und der russische Präsident Dmitrij Medwedjew gehen nicht miteinander in die Sauna, unternehmen keine Badeausflüge und pflanzen keine Kirschbäume - bei bisherigen Treffen zwischen russischen Führern und deutschen Regierungschefs waren solche Rituale durchaus üblich. Denn die Geschichte der Beziehungen zwischen Russland und Deutschland ist eine Geschichte der Männerfreundschaften.

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Eine besonders enge Freundschaft pflegten Gerhard Schröder und Wladimir Putin. Sie haben gemeinsam Weihnachten und Geburtstage gefeiert; sie riefen einander mit Kosenamen: "Gerd" und "Wolodja".

Der eine schickte dem anderen zu seinem Geburtstag einen Kosakenchor in dessen Privathaus, der andere nannte diesen einen "lupenreinen Demokraten" und hütete sich, seine Politik laut zu kritisieren. Schröder adoptierte ein russisches Kind, Putin schickte seine Töchter in eine deutsche Schule. Irgendwie schien alles zu stimmen. Die Beziehungen zwischen Russland und Deutschland waren selten so gut wie unter Putin und Schröder.

Chrustschow, Adenauer

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Der Anfang der deutsch-russischen Beziehungen war deutlich distanzierter: An Freundschaften und Kosakenchöre war damals noch nicht zu denken - die Spannungen zwischen Ost und West waren groß.

Konrad Adenauer unternahm 1955 die erste offizielle Moskau-Reise eines deutschen Kanzlers der Bundesrepublik. In harten Verhandlungen mit Parteichef Nikita Chruschtschow erreichte Adenauer die Freilassung deutscher Kriegsgefangener. Außerdem vereinbarten die beiden die Aufnahme diplomatischer Beziehungen.

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Breschnew, Brandt

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Es hat 15 Jahre gedauert, bis ein deutscher Kanzler das nächste Mal auf einen sowjetischen KP-Chef traf.

Willy Brandt und Leonid Breschnew verstanden sich dafür umso besser. Bei einem gemeinsamen Badeausflug in Oreanda auf der Krim soll Brandt beim Schwimmen im Schwarzen Meer unfreiwillig untergetaucht sein, sodass zeitweise nur seine Locke zu sehen war. Breschnew - ebenfalls gerade im Wasser - habe vor Lachen geprustet, heißt es.

1973 besuchte Breschnew die Familie Brandt in deren Villa am Bonner Venusberg. Angeblich war Brandts Ehefrau Rut ganz angetan von den Handküssen des kommunistischen Parteiführers. Zu dritt spazierte man bei Sonnenschein über den Venusberg - Breschnew hakte sich gleich bei beiden Brandts unter.

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Schmidt, Breschnew

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Breschnew reiste immer wieder nach Deutschland und meist soll es dabei lustig zugegangen sein. Mehrmals traf er mit Kanzler Helmut Schmidt (links) und Bundespräsident Walter Scheel (re.) zusammen.

Unter anderem besuchte er Schmidt 1978 in dessen Heimatstadt Hamburg. Der Kanzler und seine Frau Loki luden Breschnew samt Entourage zum Essen in ihr privates Haus in Langenhorn ein. Der KP-Führer setzte sich im Schmidtschen Wohnzimmer gleich mal unter ein Bücherregal mit Werken von Marx und Engels - daraufhin soll großes Gelächter ausgebrochen sein. Man trank polnischen Wodka und aß Spargel mit Schinken und als Dessert Rumtopf. Schmidt nannte das Treffen später "eine ziemlich fröhliche Runde".

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Breschnew, Kohl

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Breschnew und Helmut Kohl sind einander nie in ihren höchsten Funktionen begegnet: Kohl wurde am 1. Oktober 1982 Bundeskanzler, Breschnew starb am 10. November desselben Jahres.

Ein Jahr zuvor jedoch - Kohl war damals Oppositionschef - trafen sich die beiden auf Schloss Gymnich. Die Wasserburg bei Erftstadt in Nordrhein-Westfalen war jahrzehntelang eine beliebte Unterkunft für Staatsgäste. Von Breschnew erzählt man sich, er habe einmal angetrunken mit einem geschenkten Luxuswagen eine Spritztour unternommen.

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Kohl, Andropow

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Juri Andropow stand nur anderthalb Jahre an der Spitze der KPdSU. Helmut Kohl besuchte ihn 1983 im Kreml. Nach den Gesprächen packte den Kanzler die Entdeckungslust. Alleine und ohne Vorankündigung spazierte der Kanzler über den Roten Platz und zur Basilius-Kathedrale. Die völlige Missachtung des strengen Protokolls sorgte bei den Sowjets für Verwunderung. Man schickte Kohl sofort eine Handvoll Sicherheitsbeamte hinterher, die ihn bei seinem Spaziergang begleiteten.

Den Gesprächstermin mit Kohl hatte Andropow kurz zuvor um zwei Tage nach hinten verschoben - auf der ganzen Welt spekulierte man sofort über den Gesundheitszustand des KP-Chefs führte. Tatsächlich war Andropow schwer krank. Er starb etwas mehr als ein halbes Jahr später, im Februar 1984.

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Kohl, Tschernenkow

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Zu Andropows Begräbnis reiste Kohl abermals nach Moskau und traf dort auch auf den neuen KP-Chef Konstantin Tschernenko.

Der Kanzler erhielt einen 30-minütigen Termin im Kreml, bei dem sich der 72-jährige Tschernenko angeblich darauf beschränkte, einen vorbereiteten Text vom Blatt zu lesen.

Bei der Beerdigung Andropows traf Kohl erstmals mit dem DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker zusammen - die beiden sprachen im Salon des Gästehauses Nummer 6 der sowjetischen Regierung. Das Gespräch ergab keine substanziellen Ergebnisse, sei aber "richtig unkonventionell" gewesen, schwärmte Kohl später, man habe sich "von Mensch zu Mensch" unterhalten.

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Kohl, Gorbatschow

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Mit Michail Gorbatschow verbindet Helmut Kohl bis heute eine Freundschaft. Die beiden gelten als Väter der deutschen Einheit und haben einander Dutzende Male getroffen, Gorbatschow hatte also genügend Gelegenheiten, seine charakteristischen Strickjacken zu präsentieren.

Eine Annekdote, die Kohl selbst oft erzählt hat, berichtet von einem gemeinsamen Spaziergang, bei dem man sich in der Frage der Berliner Mauer und der Deutschen Teilung bedeutend näher gekommen sei: Es war 1989 im Park des Kanzlerbungalows in Bonn, kurz vor Mitternacht. Die beiden standen an einer Mauer und blickte in den Rhein. Kohl habe zu seinem Gast gesagt: Gorbatschow könne den Rhein nicht mit seinen Armen aufhalten. Ebensowenig sei die deutsche Einheit aufzuhalten.

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Kohl, Gorbatschow

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Jahre später haben die beiden gemeinsam Kirschbäume gepflanzt, anlässlich der Feierlichkeiten zum 15. Jahrestag der Deutschen Einheit in Potsdam.

Dabei hatte es zwischen den beiden gar nicht gut angefangen: Monatelang stritten sie über einen angeblichen Goebbels-Vergleich. Die Zeitschrift Newsweek druckte ein Zitat Helmut Kohls, in dem er Gorbatschow indirekt mit Goebbels verglich. Der sowjetische Staats- und Parteichef verlangte zornig eine Entschuldigung. Kohl stritt alles ab. Daraufhin veröffentlichte Newsweek einen Tonbandmitschnitt des Gesprächs. Kohl hatte gesagt: "Er ist ein moderner, kommunistischer Führer, der war nie in Kalifornien, nie in Hollywood, aber der versteht etwas von PR. Der Goebbels verstand auch etwas von PR. Man muss doch die Dinge auf den Punkt bringen!"

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Kohl und den Gorbatschow-Nachfolger Boris Jelzin verband vielleicht die engste Freundschaft der deutsch-russischen Führungsfiguren. In den Medien war bald von "Sauna-Freundschaft" die Rede: weil die beiden dort gerne zusammen saßen.

Als Jelzin sich 1996 von einer schweren Herzoperation erholte, besuchte ihn Kohl in Sawidowo. "Es war keine diplomatische Visite, er wollte mir bloß Mut machen. Für diese menschliche Geste bin ich ihm heute noch dankbar", schrieb Jelzin in seinen Memoiren.

Bei russischem Bier und feinem Essen unterhielten sich die beiden prächtig, erzählte Jelzin weiter. Und als er Kohl seinen neuen Pressesprecher vorstellte, habe der Kanzler diesen nur kurz angesehen und dann gesagt: "Gut gemacht, Boris. Du hast dir jemanden gesucht, der die Journalisten bestens an der Nase herumführen kann."

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Jelzin, Schröder

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Kohls Nachfolger Gerhard Schröder hatte einen schweren Start beim russischen Präsidenten. Einen sehr pragmatischen Eindruck habe Schröder gemacht, schreibt Jelzin in seinen Memoiren über die erste Begegnung mit Schröder als Kanzler. Aber die Herzlichkeit Kohls habe er bei Schröder nicht finden können.

Schon davor, im letzten Regierungsjahr Kohls, haben die beiden einander zum ersten Mal getroffen. Bei einer anschließenden Pressekonferenz schien Jelzin das richtiggehend peinlich zu sein: Er könne doch gar nicht anders, als eine Führungspersönlichkeit wie den Oppositionschef zu treffen, rechtfertigte er sich. "Ich bin der Präsident, ich bin Gast in Deutschland. Er hat um ein Treffen gebeten, das konnte ich nicht ablehnen."

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Jelzin, Schröder

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Die Beziehung zwischen Schröder und Jelzin war nicht schlecht - doch auch keine richtige Freundschaft. Schröder betonte mehrfach, die deutsch-russischen Beziehungen müssten "raus aus der Sauna". Bei Besuchen in Moskau traf er nicht nur Jelzin (den er schon aus Protokollgründen herzte), sondern auch den jeweiligen russischen Regierungschef.

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Putin, Schröder

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Bei Wladimir Putin fiel die Sache von Anfang an leichter. Schon bei Putins erstem Besuch in Deutschland im Juni 2000 brach das Eis. Der Ex-KGB-Agent spricht fließend Deutsch: Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg war bei den deutsch-russischen Konsultationen auf höchster Ebene kein Übersetzer notwendig.

Man sei zwar nicht in der Sauna gewesen, scherzte Schröder damals, aber man habe dennoch ein "herzliches Verhältnis" entwickelt. Schröder rief einen "Neustart" in den deutsch-russischen Beziehungen aus und wurde von Putin auch gleich zum Weihnachtsfest nach Moskau eingeladen.

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Merkel, Putin

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Angela Merkel schließlich hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie Putin kaum für einen "lupenreinen Demokraten" hält. Sie hat schon bei ihrem Antrittsbesuch Themen wie Tschetschenien und den Nordkaukasus angesprochen und nach dem Mord an der Putin-kritischen Journalistin Anna Politkowskaja deutliche Worte zum Thema Menschenrechte gefunden. Ein Kontrast zu Schröder, der Putin nicht gefiel. Bei einer Pressekonferenz 2007 ließ er sich sogar zu einer wegwerfenden Handbewegung in Merkels Richtung hinreißen.

Die Chemie zwischen den beiden stimmte nie. Blumen für Merkel gab es trotzdem immer - zumindest das war ein Novum in den deutsch-russischen Beziehungen.

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© sueddeutsche.de/Wolfgang Luef
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