Razzia im Asylheim:Polizei findet Betäubungsmittel und ungültige Pässe

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Der Geretsrieder Dienststellenleiter Daniel Kießling erklärt, der massive Einsatz diene dem Schutz der überwiegenden Mehrheit der friedlichen Flüchtlinge.

Von Thekla Krausseneck, Geretsried

Ein Großaufgebot der Polizei hat am Donnerstagmorgen die Flüchtlingsunterkunft am Geretsrieder Schulzentrum kontrolliert. Dabei fand sie Betäubungsmittel, ungültige Pässe und mindestens zehn Flüchtlinge, die sich nicht in den Gebäuden hätten aufhalten dürfen. "Wir wollen damit den Bewohnern der Unterkunft und den Anwohnern ein Gefühl der Sicherheit vermitteln", sagte Daniel Kießling, Chef der Polizeiinspektion Geretsried, die den Einsatz leitete. In der Unterkunft gebe es Einzelne, die immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt gerieten; die allermeisten der rund 200 Syrer, Afghanen, Iraker und Senegalesen, die in den Gebäuden untergebracht sind, seien aber friedlich, heißt es in einer Pressemeldung des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd.

Gut ein Dutzend Busse der Bereitschaftspolizei hielten gegen 6 Uhr morgens auf dem Parkplatz der Flüchtlingsunterkunft. In den folgenden rund vier Stunden kontrollierten etwa 150 schwarz uniformierte Beamte der Polizeiinspektion Geretsried, des Polizeipräsidiums und verschiedener anderer Wachen im Umkreis die Pässe der Asylbewerber. Auf die Geretsrieder, die auf dem Weg in die Arbeit an dem Gelände vorbeikamen und das Polizeiaufgebot bemerkten, wirkte die Szene bedrohlicher, als sie letztlich war - einer glaubte gar ein Sondereinsatzkommando mit Helmen und Gewehren gesehen zu haben. Das Auge hatte ihn getrügt: "Gewehre sind hier nicht zum Einsatz gekommen", sagte Kießling. Helme hatten sie zwar dabei, doch eigentlich trugen die Beamten auf den Köpfen nur ihre Mützen.

Die Polizei kontrolliert seit Mitte vergangenen Jahres verstärkt die Personalien in Flüchtlingsunterkünften. Dies gründet im Polizeiaufgabengesetz, das der bayerische Landtag zuletzt im Juli 2017 aktualisiert hat. Damals wurden der Polizei erweiterte "Befugnisse zur Abwehr von Sicherheitsgefahren" zugesprochen. Aus taktischen Gründen rücke die Polizei bei solchen Kontrollen zahlreich an, sagte Kießling - auch wenn das für einen Außenstehenden übertrieben erscheinen möge.

Die Kontrollaktion verlief ohne Zwischenfälle. Lediglich ein 38-jähriger Iraker "zeigte sich mit den getroffenen Maßnahmen nicht einverstanden", so die Polizei; wie sich herausstellte, besaß er geringe Mengen Drogen. Darüber hinaus fand die Polizei mehrere ungültige Passdokumente. Mindestens zehn Menschen hatten unerlaubt in der Unterkunft geschlafen, zwei wurden dabei zum zweiten Mal erwischt. Sie werden nun wegen Hausfriedensbruchs angezeigt; die anderen wurden aufgeklärt und erhielten Hausverbot. Einzelne "Unruhestifter" müssen mit Maßnahmen der Ausländerbehörden rechnen.

Mit dabei waren außerdem zwei Staatsanwälte der Staatsanwaltschaft München II, deren Durchsuchungsbeschluss die Polizei erfüllte. Dabei ging es etwa um die Einhaltung der Schulpflicht: Die Beamten brachten ein Mädchen, das seit längerem nicht mehr zum Unterricht erschienen war, in die Schule.

Aus Helferkreisen ist zu vernehmen, dass die Flüchtlinge die Kontrollen gewohnt und zum Großteil froh darüber seien. Die große Anzahl der Polizisten - die als Repräsentanten des Gesetzes und dadurch besonders respekteinflößend wahrgenommen würden - imponiere vor allem denjenigen, deretwegen es in den Unterkünften zu Spannungen komme. Das Polizeipräsidium Oberbayern Süd begründet seinen Einsatz ähnlich: Man wolle auf diese Weise "frühzeitig verhindern, dass sich Brennpunkte bilden oder Situationen verfestigen, die ein positives Zusammenleben innerhalb und außerhalb der Unterkunft unnötig erschweren".

In der Vergangenheit sei es in der Unterkunft am Schulzentrum immer wieder zu gefährlichen Körperverletzungen und Diebstählen gekommen, auch Drogen seien im Spiel gewesen. Wenn die Polizei dann anrücken müsse, verunsichere das sowohl die Bewohner der Unterkunft als auch Anwohner - dabei sei die überwiegende Mehrheit der Flüchtlinge in der Unterkunft polizeilich bislang nicht in Erscheinung getreten. "Die Maßnahmen sollen daher Einzelnen, die immer wieder polizeilich auffallen, zeigen, dass die Polizei auch in großen Gemeinschaftsunterkünften für Sicherheit sorgt." Weil in der Unterkunft auch Familien mit Kindern lebten, sei die Polizei "besonders behutsam" vorgegangen, heißt es weiter. "Ziel war es nicht, die Bewohner zu verunsichern."

An der Unterkunft bot sich gegen Ende der Kontrollen ein ambivalentes Bild. Eine Flüchtlingsfrau zog den Kopf ein, als sie an den Polizisten vorbeiging; eine Gruppe junger Männer gab sich offen: "Na, wie geht's?", rief einer von ihnen auf dem Weg nach draußen über die Köpfe der Polizisten hinweg. Am Eingang zu den Gebäuden sammelten sich Schaulustige.

© SZ vom 20.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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