Prozess:Studenten verjubeln wochenlang Falschgeld in Münchner Clubs

Analysezentrum für Falschgeld

Bei manchen Fälschungen muss man schon genauer hinschauen.

(Foto: Andreas Arnold/dpa)
  • Zwei Jugendliche haben im Darknet falsche 50-Euro-Scheine bestellt und diese in Münchner Diskotheken und Restaurants verjubelt.
  • Das Gericht verurteilte die beiden Studenten zu einer Woche Dauerarrest und gemeinnützigen Sozialstunden.

Von Susi Wimmer

Als Fachinformatiker tat sich Tobi K. relativ leicht. Der 19-Jährige installierte einen Tor Browser auf seinem PC und schon befanden er und sein Freund Fabian D. (Namen geändert) sich im Darknet, einer Art dunkle Zwischenwelt im Internet. Sie stießen auf ein Forum, "wo es wirklich alles zu kaufen gab, von A bis Z". Bis zum Buchstaben Z wollten die Jugendlichen aber gar nicht gelangen. Ein F reichte schon aus, F für Falschgeld.

Sie bestellten auf der Plattform falsche 50-Euro-Scheine von einer Fälscherwerkstatt in Landshut, und verjubelten die Blüten in Discos und Restaurants in München. "Das ist ein Verbrechen, da beißt die Maus keinen Faden ab", urteilte das Gericht und schickte beide für eine Woche in Dauerarrest. Außerdem müssen sie Sozialstunden leisten.

Am Montag sitzen die Burschen im Amtsgericht München auf der Anklagebank. Tobi K. knetet seine Hände, ein sportlicher junger Mann mit zur Seite gegeltem Haar. Der angehende Student räumt alles, was ihm die Staatsanwaltschaft vorwirft, unumwunden ein. Der heute 21 Jahre alte Student Fabian D., blonder Stiftenkopf, ist eher wortkarg, aber ebenso geständig. Mit ihnen auf der Anklagebank sitzt ihr bester Freund Huu L. Der wollte erst nichts mit der Falschgeld-Sache zu tun haben. Aber sie überredeten ihn zum Mitmachen, und verpfiffen ihn später auch noch bei der Polizei. "Das war eine sehr freundschaftliche Idee", meint die Richterin.

"Dass es so einfach ist, das war für uns selbst auch unerklärlich", erzählt Tobi K. Um ihre Finanzen aufzubessern, hatten die Täter im Januar 2016 die Idee, sich im Darknet Falschgeld zu besorgen. Mit ein paar Klicks gelangten sie auf ein Forum, wo sie zuerst einmal einen einzelnen 50-Euro-Schein bestellten. Sie zahlten in der virtuellen Währung Bitcoins, "umgerechnet etwa 23 Euro". Der Schein kam wenig später per Post an. Der damals 19-Jährige Tobi K. bezahlte damit eine Taxifahrt von Obergiesing nach Neuperlach. Der Taxler wurde nicht misstrauisch - und gab dem Burschen echtes Wechselgeld heraus. Das Duo flog nicht auf - und machte nach dieser Erfahrung weiter.

Die nächste Bestellung fiel größer aus. Diesmal orderten sie 20 Stück falsche Fünfziger - und kamen ins Schwitzen. Die Lieferung verzögerte sich, weil der Fälscher in Landshut Probleme hatte. Zudem knackte ein Hacker über Nacht ihr Gelddepot im Internet und klaute ihre Bitcoins im Wert von etwa 300 Euro. "Da war der Schock groß, weil sie den Diebstahl ja auch nicht bei der Polizei anzeigen konnten", sagte eine ermittelnde Beamtin vor Gericht. Also musste das Duo neue Coins erwerben.

Zugleich hatten die Zwei Angst davor, dass die Postsendung an ihre Adresse zu Problemen führen und die Polizei ihnen auf die Spur kommen könnte. Und so überredeten sie ihren Freund Huu L., der eine Urlaubsreise plante, ihnen in dieser Zeit den Schlüssel für Wohnung und Briefkasten zu überlassen. Nach dem Motto: Wenn Huu L. in Urlaub ist, dann kann er mit der Sache ja auch gar nichts zu tun haben. "Ich war strikt dagegen", sagte der 23-Jährige. "Aber wir kennen uns seit über acht Jahren und sind sehr gut befreundet. Ich wollte ihnen einen Gefallen tun." Von der "Beute" bekam Huu L. nichts ab. Dafür verurteilte ihn das Gericht wegen Beihilfe zur Geldfälschung zu 90 Tagessätzen à zehn Euro.

Etwa zwei Monate lang, im Frühjahr 2016, brachten die Münchner das Falschgeld in diversen Clubs in Umlauf. In der Diskothek Neuraum, im Bullit-Club, im Circle 5, im Hashtag, ja sogar in der Promi-Disko P 1 gingen ihre falschen Fünfziger durch. Das echte Wechselgeld teilten sie sich. Doch plötzlich riss die Glückssträhne: Im Willenlos scheiterte Fabian D. mit seinen Blüten an einer aufmerksamen Bedienung. Die erstattete Anzeige bei der Polizei. Fabian D. behauptete noch, den Schein habe er selbst irgendwo herausbekommen, doch zeitgleich hob das Bayerische Landeskriminalamt die Fälscherwerkstatt in Landshut aus.

Und dort hatte man die Kundschaft fein säuberlich auf einer Liste geführt, unter anderem auch die aus München. Die Polizei durchsuchte die Wohnungen, stellte Computer sicher, "und wir fanden selten so schöne Chat-Verläufe zu den Tathergängen", sagte die Staatsanwältin. Das Duo wollte aber trotzdem nicht auf dem Verlustgeschäft sitzen bleiben und versuchte sogar nach der Durchsuchungsaktion noch, das restliche Falschgeld unter die Leute zu bringen.

Die Angeklagten schrieben die geschädigten Clubs an zur Wiedergutmachung, erhielten teils keine Antwort, teils existierten die Clubs schon gar nicht mehr. Lediglich eine Diskothek konnte noch entschädigt werden. Die Haupttäter müssen zehn Mal vier Stunden gemeinnützige Arbeit leisten und eine Woche in Dauerarrest. "Nachdenken ist notwendig", meinte die Richterin in der Urteilsbegründung.

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