Potsdam:Corona verstärkt illegale Müllentsorgung in Kommunen

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Mehrere Mülltüten liegen abseits einer Straße auf einer Wiese. (Foto: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa/aktuell)

Tausende Tonnen illegal abgelagerter Abfälle werden jedes Jahr in Brandenburg entsorgt - die Corona-Krise hat das Problem nach Angaben mancher Kommunen noch...

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Potsdam (dpa/bb) - Tausende Tonnen illegal abgelagerter Abfälle werden jedes Jahr in Brandenburg entsorgt - die Corona-Krise hat das Problem nach Angaben mancher Kommunen noch verschärft. Nach Angaben des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in Brandenburg wurden 2019 mit 6000 Tonnen 500 Tonnen mehr illegal abgeladener Müll im Land entsorgt als im Jahr davor. Landesweite Zahlen für 2020 hat der Umweltverband noch nicht. „Ich habe aber den Eindruck, dass seit Beginn der Pandemie durch einzelne Bürger mehr Müll illegal abgeladen wird“, sagte BUND-Naturschutzreferent Axel Heinzel-Berndt.

Die Beispiele einzelner Kommunen untermauern seinen Eindruck. In Frankfurt (Oder) fielen im vergangenen Jahr 60,39 Tonnen unsachgemäß entsorgter Müll an. Im Jahr davor waren es lediglich 38,95 Tonnen, wie Stadtsprecherin Kora Kutschbach mitteilte. Die Entsorgungskosten hätten sich 2020 mit rund 37 680 Euro um knapp 6000 Euro im Vergleich zu 2019 verteuert. In diesem Jahr verzeichnete die Stadt bis April schon mehr als 14 Tonnen. Die eingegangenen Hinweise von Bürgern seien aber etwa auf gleichem Niveau geblieben.

In Potsdam fielen 2020 mit über 573 Tonnen fast 220 Tonnen mehr illegal abgelagerter Müll an als im Jahr zuvor. Die Entsorgungskosten sind laut Stadtsprecherin Juliane Güldner mit fast 176 500 Euro um 64 000 Euro im Vergleich zum Vorjahr gewachsen. Während Sperrmüll und Reifen oft im öffentlichen Straßenraum illegal entsorgt wurden, landeten schadstoffhaltige Abfälle wie etwa Asbestplatten auch im Wald, ebenso Bauschutt.

In Cottbus ist die Sperrmüllmenge um zwölf Prozent von 4710 Tonnen 2019 auf 5273 Tonnen 2020 gestiegen. „Dabei fällt zum angemeldeten Sperrmüll oft noch illegal hinzugepackter an“, berichtete Stadtsprecher Jan Gloßmann. So befänden sich darunter auch Elektroschrott oder Farbreste. „Das Problem liegt darin, dass immer mehr Bürger ihren Sperrmüll zu früh oder unangemeldet herausstellen“, sagte der Stadtsprecher. Liege der Müll einmal da, sei die Hemmschwelle niedriger, einfach etwas dazuzulegen. So landeten auch Abfälle, die kein Sperrmüll sind, auf diesen Haufen.

„Eigentlich ist es nicht zu verstehen, schließlich gibt es überall Wertstoffhöfe, wo Müll kostenlos entsorgt werden kann“, sagte Heidrun Schöning, Sprecherin des Naturschutzbundes (Nabu) Brandenburg. Sie kritisiert auch, dass Müll aus landwirtschaftlicher Tätigkeit in der Landschaft liege. „Insbesondere Schnüre werden etwa der Vogelwelt zum Verhängnis“, sagte die Nabu-Sprecherin. Nicht nur direkt - etwa durch Strangulieren -, sondern auch indirekt: Plastikteile würden in Nestern verbaut, das Regenwasser könne nicht abfließen und so stürben Jungvögel.

Mögliche Gründe für eine Zunahme des illegalen Mülls gibt es viele. „Es hängt wohl damit zusammen, dass viele Leute in den Lockdowns sich die Zeit nehmen, um Keller oder Boden zu entrümpeln“, sagte Cottbus-Sprecher Gloßmann. Heinzel-Berndt bringt die zeitweise durch die Pandemie geschlossenen Wertstoffhöfe ins Spiel. Eine weitere Ursache ist nach Ansicht des BUND-Landesvorsitzenden Carsten Preuß, dass Abfallbesitzer ihre Abfälle und deren Entsorgung auf Internetplattformen einstellten und derjenige den Zuschlag für die Entsorgung erhalte, der die geringsten Entsorgungskosten geltend mache. „Häufig landen diese Abfälle dann in der Natur“, sagte er.

Preuß unterscheidet bei illegalen Müllhalden zwischen Müllsäcken im Wald und Gewerbeabfall in der Natur zudem noch Abfalllager ehemals betriebener Abfallbehandlungsanlagen. In Brandenburg seien insgesamt 75 illegale Abfalllager bekannt, für deren Überwachung das Landesamt für Umwelt zuständig sei. Weitere Lager befänden sich in der Zuständigkeit der Landkreise. „Zudem gibt es weitere Fälle illegaler Abfallentsorgung im Rahmen des Betriebes von Tagebauen“, sagte der BUND-Landesvorsitzende.

Nach dem Brandenburgischem Abfall- und Bodengesetz können Ordnungswidrigkeiten wie illegale Müllablagerung mit einer Geldbuße von bis zu 50 000 Euro geahndet werden, sagte Potsdams Sprecherin Güldner. 2020 habe die Landeshauptstadt 32 Verursacher feststellen können. In Frankfurt (Oder) waren es laut Sprecherin Kutschbach im vergangenen Jahr 98.

Das Brandenburger Umweltministerium hat noch keine landesweiten Zahlen über illegalen Müll im vergangenen Jahr. Die Steigerung der von öffentlich-rechtlichen Trägern entsorgten 6000 Tonnen illegal abgelagerten Abfälle im Jahr 2019 seien aber bedenklich, sagte Ministeriumssprecherin Frauke Zelt. Dabei handelte es sich etwa um gemischte Siedlungsabfälle, Sperrmüll, Altreifen oder Bau- und Abbruchabfälle. Deren Entsorgungskosten betrugen 1,4 Millionen Euro 2019 und damit mehr als 2018, als es 1,3 Millionen Euro bei 5500 Tonnen illegal abgelagerter Abfälle waren.

© dpa-infocom, dpa:210515-99-606111/2

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