Tiere:Europas frei lebende Papageien zwitschern in verschiedenen Sprachen

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Dieser Mönchssittich wurde in Madrid fotografiert. (Foto: Gerard Julien/AFP)

Die aus Südamerika stammenden Mönchssittiche haben sich in Großstädten wie Athen, Brüssel oder Verona stark vermehrt. Was Forscher überrascht: In Belgien unterhalten sich die Vögel anders miteinander als etwa in Italien.

Von Tina Baier

Was haben Menschen und Mönchssittiche gemeinsam? Sie sprechen verschiedene Sprachen, je nachdem, wo sie geboren und aufgewachsen sind. "Ähnlich wie Menschen kommunizieren Mönchssittiche in Verona anders als in Brüssel", sagt Simeon Smeele, Biologe am Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie in Konstanz, der das gerade herausgefunden und im Wissenschaftsjournal Behavioral Ecology veröffentlicht hat.

Zwar ist die Sprachbegabung der etwa 30 Zentimeter großen, grünen Papageien schon länger bekannt: Sie gehören zu den wenigen Tieren, die in der Lage sind, Menschensprache zu lernen. Doch dass sich die Vögel auch untereinander in verschiedenen Sprachen unterhalten, haben Smeele und sein Team überrascht. "Mönchssittiche in Brüssel zum Beispiel haben einen ganz anderen Kontaktruf als Tiere, die in anderen Städten leben." Die Brüsseler Variante sei kürzer und irgendwie schriller, eher wie ein Alarmruf.

Doch egal, wie er klingt: Die Bedeutung des Kontaktrufs ist in allen Städten dieselbe: "Ich bin hier, wo seid ihr?" Alle Mönchssittiche sind ungern allein und benutzen ihn, wenn sie wissen wollen, wo eigentlich alle anderen sind. Sobald ein Artgenosse antwortet, fliegen sie los, um ihn zu suchen und sich zu ihm zu gesellen.

Für ihre Untersuchung haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das Gezwitscher von Mönchssittichen in acht verschiedenen europäischen Städten aufgenommen - darunter Athen, Barcelona, Brüssel und Verona - und miteinander verglichen. Die unterschiedlichen "Sprachen" sind ihrer Ansicht nach entstanden, weil Tiere die Rufe von Artgenossen kopiert, dabei aber kleine Fehler gemacht haben. Mit der Zeit hätten sich die Abweichungen dann nach und nach angehäuft, bis das Gezwitscher für jede Stadt charakteristisch war.

In manchen Ländern sind die Vögel zu einer Plage geworden

Ursprünglich stammen Mönchssittiche aus Südamerika. In Europa gibt es sie erst seit einigen Jahrzehnten. "Sie sind Nachkommen von Papageien aus Zoos oder Privathaushalten, die irgendwann entwischt sind, oder freigelassen wurden", sagt Smeele. In manchen Ländern, zum Beispiel in Spanien, haben sie sich derart stark vermehrt, dass sie zu einer Plage geworden sind.

Vor allem die riesigen Gemeinschaftsnester, die die Tiere auch mitten in Großstädten bauen, können Probleme machen: "Ein Nest kann mehrere Hundert Kilogramm wiegen", sagt Smeele. Wenn es herunterfällt, wird alles, was sich gerade darunter befindet, zerquetscht. In großen Nestern wohnen mehr als hundert Vögel zusammen, aber jedes Pärchen hat darin seine eigene, abgetrennte Wohnung.

Mönchssittiche sind nicht die einzigen exotischen Vögel, die sich in Europa wohlfühlen. Allein in Deutschland gibt es mittlerweile etwa zehn verschiedene frei lebende Papageienarten. Vor allem entlang des Rheins haben sie sich in mehreren Städten angesiedelt. Wie die Mönchssittiche sind all diese Vögel Nachkommen von entflogenen Zoo- oder Haustieren. Am häufigsten sind in Deutschland Halsbandsittiche, die unter anderem in Düsseldorf, Köln und Heidelberg leben. In Stuttgart fühlen sich Gelbkopfamazonen wohl. Die gesprächigen Mönchssittiche sind in Deutschland dagegen noch eher selten.

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