Facebook:Warum Peter Thiel Meta verlässt

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Peter Thiel beim Parteitag der Republikaner 2016. Der gebürtige Deutsche war der erste große Investor von Facebook. (Foto: Chip Somodevilla/AFP)

Auf seiner Suche nach totaler Dominanz schließt Investor Peter Thiel das Kapitel Facebook ab. Mit seinem Geld und seinem Netzwerk will er die Republikaner zurück an die Macht bringen.

Von Jannis Brühl

Meta ist eines der zehn wertvollsten Unternehmen der Welt und war Peter Thiel schon immer eine Nummer zu klein. Bereits 2012 klang es, als habe der Investor sich innerlich von dem Konzern verabschiedet, in dessen Verwaltungsrat er sitzt. "Meiner Generation wurden Kolonien auf dem Mond versprochen", sagte er vor Angestellten des Konzerns, nachdem Firmenchef Mark Zuckerberg ihn angekündigt hatte. "Stattdessen haben wir nun Facebook." Es sollte eigentlich eine motivierende Rede sein.

Nun wird Zuckerbergs stets provozierender Aufseher den Rat des Social-Media-Konzerns verlassen. Der 54-Jährige werde nach dem nächsten Aktionärstreffen in diesem Jahr abtreten, sagte Zuckerberg. "Peter ist wirklich ein origineller Denker", sagte der Meta-Chef zudem. Er bedankte sich auch für fast zwei Jahrzehnte der Unterstützung.

Thiel war Zuckerbergs Mentor und erster ernst zu nehmender Geldgeber. 2004 hatte er für 500 000 Dollar zehn Prozent an dem Start-up Facebook gekauft. Neben der Gründung von Paypal und dessen Verkauf an Ebay machte ihn das zu einem Helden unter Unternehmern.

In Kamingesprächen und Konferenzreden lässt sich Thiel von jungen Start-up-Gründern anhimmeln. Doch er hält sich auch für einen Intellektuellen mit politischer Vision: Kapitalismus ohne Staat, Unternehmer als Fürsten. Gegen sich selbst als Philosophenkönig obendrüber, der rechte Denker wie Carl Schmitt zitiert, hätte er sicherlich auch nichts. So ein Umsturz hat auch noch etwas Zeit, schließlich hat Thiel in Versuche investiert, das eigene Leben zu verlängern, inklusive Bluttransfusionen von jungen Menschen an alte. Dass das Assoziationen zum Vampirismus weckt, kann dem Mann nur recht sein, der "lieber für böse als für inkompetent gehalten" werden will.

Seine nicht näher benannten "schmutzigen Tricks", vor denen Napster-Gründer Sean Parker einst Mark Zuckerberg warnte, stellt Thiel nun in den Dienst der konservativen Revolution. Bloomberg und der New York Times zufolge will er radikale republikanische Kandidaten bei den Zwischenwahlen im Herbst unterstützen. Oder, wie seine Gegner es sehen: Er wolle sich wohl "Vollzeit auf Techno-Faschismus fokussieren", wie der Journalist Jacob Silverman twitterte.

Von Frankfurt nach Stanford - und dann zu Facebook

Für die Kritiker des Silicon Valley-Zeitalters ist Thiel der perfekte Bösewicht: Bei Paypal verhielt er sich so größenwahnsinnig, dass er sogar Elon Musk, der vor ihm den Zahlungsdienst führte, suspekt wurde. Thiel träumt von neu geschaffenen Staaten im Meer, in denen das Unternehmertum über der Demokratie steht - und keine lästigen Steuern anfallen. Dann die Sache mit dem Blut. Und dann ist er auch noch in Deutschland geboren.

Dabei ist Thiel, dessen Familie Frankfurt in den Sechzigern Richtung USA verließ, kein Traditionalist, die Republikaner sind für ihn nur Vehikel seiner libertären Vorstellungen: gegen Steuern, gegen Eingriffe in die Wirtschaft; und natürlich gegen Zensur und vermeintliche "politische Korrektheit", was ihn seit seinem Philosophie- und Jura-Studium in Stanford umtreibt. Thiel unterstützte Donald Trump 2016 mit mehr als einer Million Dollar, auf dem Parteitag der Republikaner verkündete er: "Ich bin stolz, schwul zu sein. Ich bin stolz, Republikaner zu sein."

So positionierte er sich gegen viele Silicon-Valley-Chefs, die die Demokraten unterstützen und unter dem Druck ihrer progressiven Mitarbeiter stehen. Zuckerberg sah sich genötigt, Thiel vor der Wahl 2016 vor seinen Mitarbeitern zu verteidigen: Auch für Konservative müsse Platz sein. Trump dankte Thiel, indem er ihn in sein Übergangsteam berief. Bei Thiels Datenanalyse-Unternehmen Palantir freute man sich zudem über neue Staatsaufträge. Geld verdient er auch mit der Investmentfirma Thiel Capital, bei der zuletzt Österreichs ehemaliger Bundeskanzler Sebastian Kurz anheuerte.

Einer der Republikaner, denen Thiels Unterstützung sicher ist, ist Blake Masters, der sich um einen Senatssitz in Arizona bewirbt. Er schrieb mit seinem Mentor Thiel "Zero to One", die Start-up-Bibel, die jungen Firmengründern totale Dominanz predigt: Nur Monopole zählten, denn "Wettbewerb ist für Verlierer". Mit dieser Ideologie war Thiel bei Meta gut aufgehoben, der Konzern war lange konkurrenzlos und strich entsprechend Gewinne ein. Erst kürzlich hat sich das durch die Stärke der Videoplattform Tiktok geändert.

Im Herbst hätte Thiels Rolle als Aufseher ein Problem werden können: Masters und andere Kandidaten, die Thiel unterstützt, brandmarken Zuckerberg als Teil der "liberalen Elite", die Trump den Wahlsieg 2020 gestohlen habe.

Facebooks historischer Kurssturz vergangene Woche hat Thiel aber nicht mehr berührt. Nach dem Börsengang 2012 interessierte ihn die langfristige Wertsteigerung des Unternehmens nicht mehr so sehr, er verkaufte seine Anteile sobald wie möglich. Aus der Investition von 500 000 Dollar war mehr als eine Milliarde geworden.

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