Die Unternehmenswelt bringt immer wieder erstaunliche Kombinationen hervor. Erst im Dezember 2022 beispielsweise kaufte Zuckerzuchtbulle Katjes ein ganzes Paket an Zahnpasta-Marken von Henkel, darunter Theramed und sogar die Biozahnpasta Vademecum. Auf den ersten Blick eine merkwürdige Kombination, sind es doch gerade Süßigkeiten wie von Katjes, vor denen der Zahnarzt warnt, während er dem Patienten den Zahnstein aus den Zahnrillen kratzt. Auf den zweiten Blick ist der Deal logisch: Wer viele Süßigkeiten isst, wird sich die Zähne putzen. Erst das Gift, dann das Gegengift, so versüßt sich Katjes das Konzernergebnis.
Frei nach dieser Vorgehensweise gäbe es viele passende Kombinationen, etwa Magenpastillen-Monopolisten mit Fettfirmen oder Anti-Hangover-Hersteller mit dem einen oder anderen Wodka-Vertrieb. Oder die Schufa, die an diesem Dienstag eine neue App vorstellen will, mit einer Firma, die Kredite für Menschen mit negativem Schufa-Eintrag im Portfolio hat.
Europäischer Gerichtshof:Gutachter hält Schufa-Score für rechtswidrig
Die Auskunftei erstellt eine Bewertung, die viele Unternehmen als Entscheidungsgrundlage nutzen, wenn es um Kredite mit Menschen geht. Der Generalanwalt des EuGH glaubt, dass dies gegen den Datenschutz verstößt.
Mit schlechtem Schufa-Score gibt es fast nur Kredite mit horrenden Zinsen
Der Schufa-Score ist ein mächtiges Instrument. Ist er schlecht, haben Menschen quasi keine Chance an einen Kredit zu kommen, sie sind dann kreditunwürdig. Laut Schufa soll das beide Seite schützen: Geschäfte sollen nicht auf Schulden von Verbrauchern sitzen bleiben. Und Menschen sollten sich nicht überschulden. Wer trotzdem Geld braucht, hat oft nur eine Möglichkeit: Er muss einen Schufafreien Kredit finden. Und die gibt es meist nur mit horrenden Zinsen.
Ende 2022 nun hat die Auskunftei ein paar Millionen Euro auf den Tisch gelegt und das Start-up Bonify gekauft, das genau das macht: Es vergibt Kredite auch mit schlechter Schufa. Werbesprüche wie "Auch bei negativen Schufa-Einträgen" oder "Auszahlung ohne Schufa-Eintrag" zieren die Webseite des Start-ups, etwas weiter hinten heißt es: "Hier wirst du nicht einfach abgelehnt, auch Schufa-Einträge sind kein Problem." Dazu haben die Darlehen noch herzallerliebste Namen. Da gibt es zum Beispiel den Kangaroo-Kredit, den Schweizer Kredit oder den Ninja-Kredit. Vermutlich jeweils dazu geeignet, um die Schufa herumzuschleichen, sie zu überspringen oder den eigenen Score möglichst neutral zu halten. Noch dazu soll die Schufa nichts von einigen Krediten erfahren, was mal eben das Geschäftsmodell untergräbt, immer zu wissen, wie die Menschen so verschuldet sind - und wann überschuldet.
Ansonsten ist das Geschäftsmodell schlicht genial: Erst stempelt die Schufa die Menschen als "nicht kreditwürdig" ab, woraufhin diese bei der Tochter Bonify landen, wo ein Kangaroo oder Ninja ihnen sagt: Pssst, hier bekommst du trotzdem einen Kredit. Dieser kostet dann bis zu 15,99 Prozent Zinsen im Jahr und die Schufa kassiert über ihre Tochter die Vermittlungsprovision. Da wird Katjes grün vor Neid.
Danach gefragt, wie das alles zusammenpasst, schreibt die Auskunftei, sie habe nach dem Zukauf alle Partner von Bonify geprüft, nur von einem einzigen musste man sich trennen. Der Zinssatz sei im Durchschnitt bei acht Prozent, was normal sei. Und ob jemand kreditwürdig sei, entscheiden die Banken allein. Der Schufa-Score sei nur ein kleiner Teil der Daten.