Verteidigung:Mehr Krieg, mehr Profit

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In niedersächsischen Unterlüß steht das größte Werk von Rheinmetall. Dort arbeitet ein Angestellter an einem 155-Millimeter-Geschoss. (Foto: IMAGO/Sepp Spiegl/IMAGO/sepp spiegl)

Der Rüstungskonzern Rheinmetall verdient glänzend und hat volle Auftragsbücher, denn viele Staaten investieren mehr in ihre Armeen. Für die Ukraine sind Lieferungen der Firma besonders wichtig.

Von Björn Finke, Düsseldorf

Armin Papperger war einfach nicht zuversichtlich genug. Vor einem Jahr sagte der Chef von Deutschlands größtem Rüstungskonzern Rheinmetall, er halte einen Aktienkurs von 300 Euro für "realistisch". Nun notiert das Papier bei mehr als 440 Euro. Auch am Donnerstag stieg der Kurs, nachdem der 61-jährige Manager erfreuliche Geschäftszahlen präsentiert hatte. Das Düsseldorfer Dax-Unternehmen mit mehr als 33 000 Beschäftigten stellt etwa Panzer, Militärlastwagen, Flugabwehrsysteme, Munition sowie Laserzielgeräte her. Und die Nachfrage danach ist seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs rasant gewachsen. Zugleich hat sich der Aktienkurs seitdem mehr als vervierfacht.

"Eine neue sicherheitspolitische Dekade hat begonnen", sagte Papperger, der seit 1990 bei Rheinmetall arbeitet. Denn nicht nur der Schock des Ukraine-Kriegs führt dazu, dass Regierungen mehr Geld für Rüstung ausgeben. Europäische Länder müssen ebenfalls befürchten, dass ein Wahlsieg von Donald Trump in den USA die Nato schwächen könnte und sie nicht mehr so stark auf Schutz durch die Vereinigten Staaten vertrauen dürfen. Im Nahen Osten könnten der Krieg im Gazastreifen oder die Angriffe der jemenitischen Huthi-Rebellen auf Schiffe weiter eskalieren. In Asien wiederum droht eine Auseinandersetzung zwischen China und Taiwan. Kein Wunder also, dass sich Regierungen auf den Ernstfall vorbereiten und ihre Armeen modernisieren und aufstocken.

In Deutschland gibt es ein 100 Milliarden Euro schweres Sondervermögen für die Bundeswehr. Papperger sagte reichlich patriotisch, Rheinmetall sei "dankbar, entscheidende Beiträge dazu leisten zu können, die Wehrfähigkeit unseres Landes wiederherzustellen". Im vergangenen Jahr habe die Firma Aufträge über zehn Milliarden Euro von der Bundeswehr erhalten, dieses Jahr werde es wohl noch mehr sein.

Von dem Boom profitiert eine Branche, die lange ein schlechtes Image hatte. Doch seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine kann sich Rheinmetall nicht mehr vor Bewerbungen auf Jobs retten. Zugleich sind die europäischen Hersteller recht klein - beim Rüstungsumsatz wird die weltweite Rangliste von amerikanischen Konzernen wie Lockheed Martin, Northrop Grumman oder Boeing angeführt. Rheinmetall erreicht in dieser Statistik des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri nicht einmal die Top 25. Europas Rüstungsindustrie ist also eher zersplittert, was höhere Kosten verursacht und im globalen Wettbewerb ein Nachteil ist.

Der Chef erwartet doppelt so viel Umsatz

Immerhin kündigte aber Papperger an, dass Rheinmetalls Umsatz im laufenden Jahr erstmals die Marke von zehn Milliarden Euro knacken soll. Im vergangenen Jahr stieg er um ein Achtel auf gut sieben Milliarden Euro. Das Betriebsergebnis vor Zinsen und Steuern nahm um ein Fünftel auf mehr als 900 Millionen Euro zu - ein Rekord. Eine halbe Milliarde Euro blieb unter dem Strich als Gewinn hängen. Die Aktionäre können sich daher über eine höhere Dividende freuen; Rheinmetall wird 5,70 Euro je Anteilsschein ausschütten.

Noch kräftiger als Umsatz und Gewinn wuchs der Wert der Aufträge in den Büchern. Hier erreichten die Düsseldorfer mit 38 Milliarden Euro erneut eine Bestmarke. Deshalb rechnet Papperger langfristig mit einer weiteren Verdoppelung des Geschäfts: "Ob es nun fünf oder sieben oder acht Jahre sind - ich sehe das Potenzial, dass wir bei 20 Milliarden Euro Umsatz sind."

Besonders wichtig für die Verteidigungsfähigkeit Europas ist im Moment Rheinmetalls Munitionsgeschäft. Der Konzern ist der größte Hersteller von Artilleriegeschossen in der westlichen Welt. Die Ukraine benötigt dringend solche Munition, und auch andere Armeen müssen ihre Lager füllen.

Papperger baut die Fertigungskapazität daher aus. Ende 2024 solle sie bei 700 000 Schuss pro Jahr liegen, sagte er. Bis 2027 sollen es sogar 1,1 Millionen Schuss sein, dank einer neuen Produktionsstätte im größten Rheinmetall-Werk im niedersächsischen Unterlüß sowie dank zweier geplanter Werke in der Ukraine und Litauen. Zum Vergleich: Vor dem Ukraine-Krieg hat die Firma gerade mal 70 000 Geschosse pro Jahr verkauft.

Fast die gesamte Munition geht in die Ukraine

Damals habe keine Armee ihre Lager aufgefüllt, da man geglaubt habe, "dass man mit Artilleriemunition nicht sonderlich effektiv arbeiten kann, weil es ja Nuklearwaffen gibt", sagte der Manager. Diese Annahme habe sich durch den Ukraine-Krieg überholt. Zur Frage, wie viel Munition das Unternehmen dem überfallenen Land liefert, sagte er unkonkret, es gingen "mehrere Hunderttausend Schuss von Rheinmetall in die Ukraine". Die Firma schicke im Moment fast ihre ganze Munitionsproduktion in das Land.

Außerdem will Rheinmetall mehrere Werke in der Ukraine errichten. Der Umsatz mit dem Staat hat sich im vergangenen Jahr fast verzwanzigfacht auf annähernd 600 Millionen Euro. Künftig sollen es Milliarden-Umsätze sein.

Viele Milliarden könnte der Konzern auch kassieren, wenn er von der US-Regierung den Zuschlag erhält, einen Nachfolger für den Schützenpanzer Bradley zu entwickeln. Papperger erwartet eine Entscheidung Ende 2026 und gibt sich optimistisch. Käme Rheinmetall zum Zuge, wäre das gut für den Aktienkurs. Und damit für Pappergers Finanzen, denn der Vorstandschef hat in den vergangenen Jahren im großen Stil Aktien gekauft.

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