Deutsche Post:Mehr Porto, bitte!

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85 Cent kostet ein Standardbrief in Deutschland. Dieses Porto darf die Post vorerst nicht erhöhen. (Foto: Marijan Murat/dpa)

Die Deutsche Post darf die Preise für Briefe nicht schon 2024 anheben, entscheidet die Bundesnetzagentur. Es gibt aber gute Gründe, das Porto früher oder später zu erhöhen.

Kommentar von Björn Finke, Düsseldorf

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben: Die Deutsche Post darf das Briefporto nicht vorzeitig 2024 erhöhen. Der Konzern, der seit Juli offiziell nur noch DHL Group heißt, hatte dies bei der Bundesnetzagentur beantragt, aber die Behörde lehnte das Ansinnen am Montag ab. Die Agentur hatte 2021 das Porto für Privatkunden für die drei Jahre 2022 bis 2024 genehmigt; Anfang 2022 stieg daher das Porto für Standardbriefe von 80 auf 85 Cent. Dabei bleibt es vorerst. Doch dafür wird der Preis für Briefe und Postkarten dann 2025 mit großer Wahrscheinlichkeit steigen - und ebenso groß wird wieder die Aufregung sein.

Denn Portoerhöhungen sind enorm unpopulär, obwohl es bloß um Centbeträge geht. Kritiker übersehen allerdings, dass es für Anhebungen gute Gründe gibt. Zudem lenkt die Debatte über fünf Cent mehr oder weniger von wichtigeren Fragen zur Zukunft des Postmarktes ab.

Bei der Entscheidung von Montag ging es darum, ob der hohe Tarifabschluss der Post sowie die gestiegenen Energiepreise rechtfertigen, das Porto ein Jahr früher heraufzusetzen. Die Bundesnetzagentur argumentiert, dass trotz dieser Belastungen die Kosten pro Brief sogar niedriger seien als ursprünglich geschätzt, auch dank Sparprogrammen des Konzerns. Deshalb sei das Porto ausreichend. Das Bonner Dax-Unternehmen widerspricht dieser Interpretation.

Doch am Ende macht es keinen Riesenunterschied, ob das Porto vorzeitig 2024 oder eben erst 2025 steigen wird. Die Tendenz nach oben ist klar, und für diese gibt es gute Gründe. So sinkt die Zahl der Briefe seit Jahren, weil Bürger, Behörden und Firmen stattdessen lieber E-Mails versenden. Tatsächlich könnte die Menge noch drastischer schrumpfen, käme die deutsche Verwaltung nur endlich mit der Digitalisierung voran: Könnten Bürger alle Formulare am Bildschirm ausfüllen und digital unterschreiben, müsste weniger per Post verschickt werden. Die DHL Group ist aber verpflichtet, in Deutschland in jedem kleinen Dorf Briefe zuzustellen und Kästen zu leeren - diesen sogenannten Universaldienst aufrechtzuerhalten, ist teuer. Und sinken die Mengen, verteilen sich die Kosten auf weniger Briefe.

Rekordgewinn, mehr Dividende - und nun mehr Porto?

Diese Kosten sind zudem in der Tat gewachsen; allein der Tarifabschluss mit der Gewerkschaft Verdi belastet das Unternehmen mit 800 Millionen Euro pro Jahr. Insgesamt verdient die DHL Group zwar blendend und fuhr 2022 den vierten Rekordgewinn in Folge ein. Die Aktionäre freuen sich über eine steigende Dividende. Doch die Gewinne stammen ganz überwiegend aus dem internationalen Geschäft. Das deutsche Brief- und Paketgeschäft kann dagegen nichts zur Dividendenzahlung beitragen, der Gewinn dort sinkt rasant.

Außerdem würden weitere Portoerhöhungen nur bedeuten, dass sich Deutschland dem Durchschnitt in Europa annähert. Der liegt bei gut 1,30 Euro - im Vergleich mit anderen Staaten ist Briefe verschicken in Deutschland ein Schnäppchen. In Dänemark sind mehr als vier Euro für einen Standardbrief fällig, der am kommenden Tag zugestellt werden soll, in Italien 2,80 Euro, in Frankreich 1,43 Euro.

Die Post braucht eine Lizenz zum Trödeln

Wichtiger als Portodebatten ist aber ohnehin die Zukunft des Postgesetzes. Die Bundesregierung will dieses Regelwerk überarbeiten, das erste Mal seit einem Vierteljahrhundert. Manche Vorgabe passt nicht mehr in die Zeit - und sie zu ändern, könnte die Kosten senken und somit Portoerhöhungen mindern. Zum Beispiel legt der Rechtsakt fest, dass 80 Prozent der Briefe binnen eines Tages bei den Adressaten ankommen müssen. Wirtschaftsminister Robert Habeck erwägt laut einem Eckpunktepapier, dies zu streichen.

Das ist eine gute Idee, denn die Bedürfnisse der Kunden haben sich gewandelt. Muss ein Dokument den Empfänger wirklich schnell erreichen, können Unternehmen, Behörden und Verbraucher heutzutage einfach eine E-Mail verschicken, gerne mit PDF-Datei im Anhang. Für die allermeisten Briefe ist es daher völlig in Ordnung, wenn sie in drei Tagen ankommen. Diese Lizenz zum Trödeln würde Geld sparen - erst der Post, dann dem Portokäufer.

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