Handel:Ikea senkt die Preise - wirklich?

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Das Billy-Regal soll um 20 Prozent günstiger geworden sein. (Foto: imago stock&people/imago/Jürgen Heinrich)

Lidl, Aldi und jetzt auch Ikea: Händler überbieten sich gerade mit Preissenkungen. Aber wird das Einkaufen wirklich günstiger? Was hinter den Ankündigungen steckt.

Von Michael Kläsgen

Wer bietet mehr? Beziehungsweise weniger. Überall gibt es Preisknüller und gesunkene Preise, jedenfalls in der Werbung. Lidl und Kaufland senkten Ende Oktober die Preise für hundert Wurstwaren. Aldi war ein bisschen schneller gewesen, Norma und Edeka zogen auch nach. Stahl, Benzin und Holz waren schon im September günstiger geworden, zumindest im Jahresvergleich. Am Mittwoch preschte nun Ikea vor, zum zweiten Mal innerhalb eines Monats. Im Oktober hatte Ikea-Chef Jesper Brodin mit der Nachricht Aufsehen erregt, das Billy-Regal sei in diesem Jahr um 20 Prozent billiger geworden. Sogar die Nachrichtenagentur Reuters berichtete darüber.

Der Deutschland-Chef von Ikea, Walter Kadnar, legte jetzt noch eins drauf. Das will was heißen, Deutschland ist der wichtigste Markt für den schwedischen Möbelhändler, vor den USA, Frankreich und Großbritannien. Mehr als 800 Artikel sollen in diesem und im kommenden Jahr günstiger werden, kündigte der Manager an, darunter Regale und Schränke. Küchen hat Ikea neu entdeckt als familiären Treffpunkt, beliebten Ort für Hausaufgaben und auch Umsatzbringer.

Welche Preise genau sinken sollen, um wie viel Prozent im Vergleich auf welcher Basis, das konnte oder wollte Kadnar trotz mehrmaliger Nachfragen auf einer Pressekonferenz jedoch nicht sagen. Aus Wettbewerbsgründen. Sollte vermutlich heißen: Andere Anbieter könnten die Preissenkungen dann vorwegnehmen. Insofern war das Nebulöse an dem Preissenkungsversprechen verständlich. Andererseits: Wer mal eine Küche gekauft hat, der fragte sich womöglich ohnehin, wie der Preis für das Gesamtkunstwerk sich nun genau gebildet hat.

Die Schere zwischen Nahrungsmittel- und Gesamtinflation schließt sich langsam

Es sind halt die Händler, die die Preise setzen und Spielräume nutzen können, in beide Richtungen. Derzeit unterbieten sich viele große Einzelhändler gegenseitig mit angeblich günstigen Preisen. Oder andersherum ausgedrückt: Sie überbieten sich mit Preissenkungsversprechen. Ob das Einkaufen für die Kunden dadurch faktisch günstiger wird oder die Preise auf das Niveau vor Pandemie und Ukraine-Krieg sinken, ist allerdings zu bezweifeln.

Ein Blick in die Statistik des Bundesamtes etwa bei Lebensmitteln zeigt: Im vergangenen Oktober stiegen die Verbraucherpreise für Nahrungsmittel um 6,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit lag die Preissteigerung weiterhin deutlich über der durchschnittlichen Teuerungsrate. Gleichzeitig sank sie aber auch stark im Vergleich zu den Vormonaten. Positiv gewendet: Die Schere zwischen Nahrungsmittel- und Gesamtinflation schließt sich langsam. Lebensmittel sind nicht mehr der Inflationstreiber Nummer eins. Aber es hat nur das Tempo der Teuerung abgenommen. Lebensmittel werden weiterhin im Durchschnitt teurer - trotz der lautstarken Werbung über "gesunkene Preise".

Wobei einzelne Artikel durchaus billiger sein können, als sie noch vor Kurzem waren. Andere werden dafür teurer. Händler nennen das Mischkalkulation. Wenn unterm Strich mehr Umsatz dabei rauskommt, passt die Sache. Bei Ikea ist die Logik eine etwas andere. Um sich Schränke oder Regale zu kaufen, kommen Kunden in der Regel ins Einrichtungshaus. Sinken für diese Produkte die Preise, stellt Ikea darauf ab, dass noch mehr Kunden kommen.

Damit will Ikea den stagnierenden Umsätzen in den Häusern entgegenwirken. Ikea-Kunden kaufen immer mehr online ein. Doch weil sie vermehrt online bestellen, tätigen sie weniger Impulskäufe. Mit denen hat Ikea jedoch einen wesentlichen Teil seines Umsatzes erzielt. Die Kunden liefen durch die Gänge und packten rechts und links Dinge ein. Diese Einnahmen fehlen nun. Der wesentliche Umsatztreiber ist nach den Worten Kadnars nun der Onlinehandel. Die Preissenkungen dienen insofern dazu, wieder mehr Menschen in die Einrichtungshäuser zu locken - unter anderem in der Hoffnung, dass sie dort wieder mehr Impulskäufe tätigen.

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