Galeria Karstadt Kaufhof:Dunkler Sog

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Zahlreiche Filialen von Kaufhof und Karstadt haben in den vergangenen Jahren bereits schließen müssen. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Ob Kaufhaus-Filialen wirklich Pulsgeber für Innenstädte sind, ist nicht bewiesen. Sicher ist: Wenn sie dichtmachen, kann das gravierende Folgen haben.

Von Michael Kläsgen

Sie geht wieder um, die Angst vor "schwarzen Löchern" in den Innenstädten, vor leeren Geschäften, die weitere leere Geschäfte nach sich ziehen. An diese Orte mag dann kaum mehr jemand gehen. Es sei denn, um die Flasche Bier in die Ecke zu werfen oder, sorry, sich sonst wie zu erleichtern.

"Schwarze Löcher sind das eigentlich Gefährliche für eine Innenstadt", sagt Gregor Heilmaier, der ehrenamtliche Vorsitzende des Handelsausschusses der IHK Mittelfranken. Sie haben die unschöne Eigenschaft, sich auszudehnen. So entstehen im schlimmsten Fall nicht nur Schmuddelecken, sondern so etwas wie No-go-Areas.

Zwar wollen die neuen, designierten Eigentümer von Galeria Karstadt Kaufhof gut 70 der noch verbliebenen 92 Filialen übernehmen. Aber erstens bedeutet das: Voraussichtlich werden weitere etwa 20 Kaufhäuser schließen. Was sich nach nicht viel anhört. Aber wenn man bedenkt, dass Karstadt und Kaufhof vor zehn Jahren insgesamt noch 290 Filialen zählten, wird klar, was viele Städte schon verkraften mussten.

Zweitens ist alles andere als ausgemacht, dass die Investoren Bernd Beetz und Richard Baker tatsächlich halten, was sie ankündigen. Es wäre nicht das erste Mal, dass sich die Versprechen von Galeria-Eigentümern in Luftschlösser auflösten. Erst 70 übernehmen, dann weitere Filialen verkaufen oder schließen, ist ein Schreckensszenario, das längst diskutiert wird in manchen Städten.

Die wechselnden Manager von Galeria haben sich in den vergangenen Jahren immer gut darauf verstanden, mit dieser Angst zu spielen. Sie bauschten die Bedeutung der Warenhäuser weit über die Maßen auf, gemessen an dem nur noch relativ geringen Umsatz von etwa zwei Milliarden Euro im Jahr.

Miguel Müllenbach etwa sprach vom "Herz der Innenstädte", wohl durchaus absichtsvoll. Der Warenhauskette gelang es so, Staatshilfen und Bürgschaften in dreistelliger Millionenhöhe zu bekommen. Den Beweis, der Pulsgeber für ein vitales Innenstadtleben zu sein, bleibt Galeria hingegen bis heute schuldig.

Umgekehrt ist vielerorts zu sehen, welch verheerende Folgen es haben kann, wenn eine Kaufhaus-Filiale dichtmacht. In Velbert, einer Stadt mit 85 000 Einwohnern südlich von Essen, wird es voraussichtlich 18 Jahre dauern, bis der Standort 2027 wieder genutzt wird. Im nahe gelegenen Ratingen währte der Leerstand 14 Jahre.

Laut der BBE Handelsberatung vergehen im Durchschnitt vier bis fünf Jahre, bis neues Leben in ein ehemaliges Warenhausgebäude einzieht. Gut läuft's in Kommunen, wo alle Akteure zusammenspielen. Ein einziges Rezept für alle Städte gibt es nicht. Jeder Standort ist anders. Meist funktioniert eine Mischung: etwa Lebensmittelhandel oder Gastronomie unten, oben Co-Working, Ärzte, ein Hotel, Pflegezentrum, eine Kita oder Wohnen.

Von Augsburg bis Recklinghausen haben viele Städte gezeigt, wie kreativ man gegen drohende schwarze Löcher angehen kann. "Wir müssen Räume schaffen, über die die Menschen sagen: Hier möchte ich gerne sein", sagt Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages. So einfach ist es, aber auch so schwierig.

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