USA und China:Der Kampf um die Computerchips wird härter

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Sie sind winzig klein, doch ohne sie geht in vielen Branchen gar nichts: Computerchips. (Foto: xicefrontx/IMAGO/Pond5 Images)

Wer die schnellsten Chips hat, hat die Macht. Jetzt hat die US-Regierung zu einem neuen Schlag gegen China ausgeholt. Mittendrin: Eine Firma aus den Niederlanden.

Von Helmut Martin-Jung, München

Es war nur ein Smartphone, und doch: Als das Mate Pro 60 des chinesischen Herstellers Huawei im August 2023 auf den Markt kam, löste es in Washington Schockwellen aus. Denn es enthielt etwas, das viele Experten kaum für möglich gehalten hatten - einen Hauptchip mit sehr fortgeschrittener Technologie. Wie hatten es die Ingenieure von Huawei und dem chinesischen Chiphersteller SMIC bloß geschafft, einen derart avancierten Prozessor zu entwickeln und, vor allem zu produzieren?

Künstliche Intelligenz, schnelle Computer und moderne Waffen - wer hierbei vorne sein will, braucht die neuesten, die leistungsstärksten Chips. Die kleinen Siliziumplättchen sind längst zur kritischsten Technologie der Welt geworden. Der Kampf darum zwischen den USA und China hat gerade wieder eine neue Stufe erreicht. Die US-Regierung zog einen eigentlich für den Jahreswechsel geplanten Bann für bestimmte Maschinen zur Chipproduktion um einige Wochen vor, wie jetzt bekannt wurde.

Experten aus Politik, Wirtschaft und sicher auch den Geheimdiensten rätseln seit dem Huawei-Schock, wie das gehen konnte. Eine entscheidende Frage dabei betrifft die Maschinen des niederländischen Herstellers ASML. Die Herstellung von Hochleistungschips, wie sie etwa im iPhone stecken, ist derart kompliziert geworden, dass ASML als eine einzige Firma auf der ganzen Welt ein wichtiges Verfahren dafür beherrscht. Schon 2019 unter Präsident Trump hatten die USA ein Exportverbot für die avanciertesten ASML-Maschinen ausgesprochen. Die Biden-Regierung erweiterte das Exportverbot 2023 um die nächst schwächere Maschinengeneration, konnte aber kein sofortiges Verbot durchsetzen. Erst zum Jahreswechsel 2023/24 sollte der Export dieser Maschinen untersagt werden.

Druck aus Washington

Viele chinesische Unternehmen bestellten daher noch Maschinen auf Vorrat. Im dritten Quartal 2023 machte das China-Geschäft nahezu die Hälfte des Umsatzes bei ASML aus. Das gefielt wiederum Washington gar nicht, weshalb der nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan Druck auf die niederländische Regierung und auf ASML ausgeübt haben soll. Das berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf informierte Kreise. Das Ziel: Den Bann für die Maschinen quasi vorzuziehen. Was auch geschah. Wochen vor dem eigentlich angekündigten Lieferstopp wurde die Auslieferung einiger Maschinen verboten.

Aber warum so ein Bohei um diese Maschinen? Was macht ASML so einzigartig? Es geht darum, auf Siliziumscheiben Milliarden von Transistoren auf der Fläche eines Daumennagels zu erzeugen. Dazu wird sehr kurzwelliges ultraviolettes Licht verwendet. ASML ist mittlerweile die einzige Firma weltweit, die Lithografiemaschinen für die ultrakleinen Strukturen moderner Chips anbietet. Ihre bisher fortschrittlichste Technologie zum Laufen zu bringen, dauerte Jahrzehnte. Sie funktioniert mit extrem ultravioletten Licht, nahe an Röntgenstrahlung.

Wäre ASML nicht so hartnäckig gewesen, es gäbe heute nicht die Chips für die jüngsten iPhones oder die superflachen und doch leistungsstarken Laptops, die die meisten als Selbstverständlichkeit betrachten. Diese Ingenieursleistung, die auch gewaltige Investitionen erforderte, lässt sich nicht so einfach nachbauen. Wenn, würde es Jahre dauern.

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Auch andere Hersteller betroffen

Die US-Regierung nutzt das Exportverbot für ASML-Maschinen daher für ihre Bemühungen, China den Zugriff auf die fortschrittlichsten Chipgenerationen zumindest zu erschweren. ASML ist dabei nicht die einzige Firma, die von solchen Beschränkungen betroffen ist. Auch der amerikanische Hersteller Nvidia zum Beispiel darf einige seiner Beschleuniger für KI-Berechnungen nicht nach China exportieren. Erst im Oktober wurde der Kreis der Produkte, die unter das Verbot fallen, erneut erweitert.

Der Großteil der Hochleistungschips wird allerdings nach wie vor in Asien produziert. Der Samsung-Konzern aus Südkorea, TSMC in Taiwan und Intel sind die Einzigen, die die enorm komplexen Herstellungsprozesse beherrschen. Der langjährige Dominator Intel muss allerdings einen technologischen Rückstand aufholen. In Irland wurde im Herbst das erste große Werk des US-Konzerns in Betrieb genommen, das Chips mit extremem ultraviolettem (EUV) Licht produziert. Auch das in Magdeburg geplante Werk soll mit EUV-Technologie produzieren.

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