Bosch:"Stoppt diesen wahnsinnigen Personalabbau"

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Vor der Bosch-Konzernzentrale in Gerlingen bei Stuttgart versammelten sich am Mittwoch 10 000 Beschäftigte, um gegen den geplanten Stellenabbau zu protestieren. (Foto: Thomas Kienzle/AFP)

25 000 Bosch-Beschäftigte protestieren am Mittwoch gegen die geplanten Jobkürzungen beim schwäbischen Autozulieferer. Der Konzern reagiert sofort.

Von Tobias Bug, Stuttgart

In ganz Deutschland haben am Mittwoch Tausende Bosch-Mitarbeiter gegen den geplanten Stellenabbau beim größten Automobilzulieferer der Welt protestiert. Allein vor der Konzernzentrale an der Gerlinger Schillerhöhe bei Stuttgart kamen laut Betriebsrat und der Gewerkschaft IG Metall mehr als 10 000 Menschen zusammen.

Dort sagte Frank Sell, Betriebsratschef der Automobilzuliefersparte: "Die Botschaft ist: Stopp, so geht es nicht weiter. So lassen wir mit uns nicht umgehen. Stoppt diesen wahnsinnigen Personalabbau." Man stehe hier, weil man über Chancen sprechen wolle. Solche Gespräche würden bislang von der Geschäftsführung abgelehnt: "Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: So ein Riesenunternehmen. Und dann wird uns mitgeteilt: Der Personalabbau soll Standort für Standort verhandelt werden. Nach dem Motto: Teile und herrsche."

Frank Sell, Betriebsratschef von Boschs Autozulieferersparte, spricht sich vor den Beschäftigten vor der Konzernzentrale in Gerlingen gegen den geplanten Personalabbau aus. (Foto: Bernd Weißbrod/dpa)

An jedem Standort handelt die Konzernführung den Personalabbau mit dem dortigen Betriebsrat aus, was es dem mächtigen Gesamtbetriebsrat unmöglich macht, überall mitzureden. An den Bosch-Standorten in Ansbach, Blaichach/Immenstadt, Bamberg, Eisenach, Hildesheim, Homburg, Nürnberg und Salzgitter protestierten am Mittwoch weitere rund 15 000 Beschäftigte.

Was war passiert? In den vergangenen Monaten hatte Bosch mehrmals angekündigt, weltweit Stellen zu streichen. Über alle Geschäftsbereiche hinweg stehen mehr als 7000 Stellen zur Disposition - davon bis zu 3200 in der Autozulieferung. Letzteres betrifft zu einem großen Teil Standorte im Raum Stuttgart in der Antriebssparte und in den Bereichen Steuergeräte, Fahrzeugelektronik und Software. Der Abbau soll sozialverträglich ablaufen, unter anderem durch Vorruhestandsregelungen und interne Vermittlungen in andere Jobs.

Die Konzernleitung um Geschäftsführer Stefan Hartung nennt den Personalabbau notwendig, um an einzelnen Standorten und bei bestimmten Technologien wettbewerbsfähig zu bleiben. Als Gründe nannte Bosch die schwierige Lage der Automobilbranche und die schlechte Kauflaune der Konsumenten. Und das, obwohl Bosch weiterhin gut verdient: Der Umsatz stieg im vergangenen Jahr wechselkursbereinigt um acht Prozent auf 91,6 Milliarden Euro. Betriebsratschef Frank Sell witterte einen Kulturbruch in dem Stiftungskonzern, der traditionell viel Wert darauf legt, sich als sozial und verantwortlich zu präsentieren.

Der Personalchef verteidigt die Stellenkürzungen

Mittlerweile hat das Unternehmen seine Pläne zum Abbau Tausender Arbeitsplätze in Deutschland gegen den bundesweiten Protest seiner Beschäftigten verteidigt. Bosch habe Verständnis für die Sorgen der Belegschaft und sei zum Dialog bereit, erklärte der Konzern am Mittwoch. "Wir gehen mit Augenmaß vor und wollen mit den Arbeitnehmervertretern sozialverträgliche Lösungen finden. An dem notwendigen Stellenabbau kommen wir jedoch nicht vorbei", sagte Personalchef Stefan Grosch. Der Konzern müsse seine Kosten schnell und dauerhaft senken, um wettbewerbsfähig zu bleiben. "Denn wir haben bereits an vielen Stellen Überkapazitäten und die Herausforderungen nehmen weiter deutlich zu." Der Wandel der Mobilität verändere die Industrie und mit ihr das Geschäft von Bosch, die schwache Weltwirtschaft belaste den Übergang zusätzlich.

Betriebsbedingte Kündigungen sind in der Zuliefersparte bis 2027 nach einer Vereinbarung mit dem Betriebsrat ausgeschlossen, was rund 80 000 Mitarbeitende betrifft. Betriebsrat und IG Metall forderten auf dem Aktionstag am Mittwoch Alternativen zum Stellenabbau und Investitionen in Zukunftstechnologien wie Elektromobilität und autonomes Fahren. "Diese Entscheidungen gefährden nicht nur unsere Lebensgrundlage, sondern auch die Innovationskraft und Zukunftssicherheit von Bosch", sagte Betriebsratschef Frank Sell. Schon in den vergangenen vier Jahren seien 4000 Stellen im Kerngeschäftsfeld gestrichen worden, in dem weltweit mehr als 230 000 Menschen arbeiten.

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